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"Und so zerbröselt der Keks ..."
Vor 2 Wochen hatten wir uns mit den rechtlichen Verhältnissen von Sanktionen zwischen Staaten beschäftigt. Nun bringt uns eine Reihe von Artikeln bei Telepolis zu der Frage, welche wirtschaftliche Wirkung sollen Sanktionen erzeugen, zum einen beim sanktionierten Staat aber auch im Hinblick auf die Haltung der eigenen Bevölkerung zum "Gegner".
Eine Messlatte dafür ist der inzwischen mehrfach wiederholte Spruch des Bundeskanzlers, dass "die Sanktionen Russland mehr schaden müssen als uns selbst". Eine andere Messaltte ist die Feststellung, dass selbst zu tiefsten "Kalten Kriegszeiten" peinlichst vermieden wurde, dass der "Eiserne Vorhang" die für den Westen vorteilhaften wirtschaftlichen Beziehungen mit den Ostblockstaaten einschränken dürfte. Russisches Öl und die vielen Erzeugnisse für die Versandhäuser Quelle und Neckermann kamen ungehindert im Westen an.
Stand nach 4 Monaten
Natürlich ist die Feststellung der Tageszeitung "Die Welt" keine Wirtschaftsanalyse Russlands, beschreibt aber einen Eindruck des alltäglichen Lebens:
Die Regale in den Supermärkten sind weitgehend voll, Restaurant und Cafés arbeiten im Normalbetrieb. Und auf den Straßen stauen sich die Autos wie eh und je. Aber nicht nur im Alltag herrscht Business as usual. Auch wirtschaftliche Kennziffern kommen besser daher als noch vor zwei, drei Monaten und sehen nicht mehr danach aus, dass das Land Krieg gegen die Ukraine führt und dafür mit beispiellosen Sanktionen von Westen belegt wurde. Die Welt (23.06.2022)
Zweifellos sind jedoch die Beschränkungen des Exports von Hochtechnologie nach Russland für die dortige Industrie ein großes Problem. In der umgekehrten Richtung, den Beschränkungen von Importen aus Russland, hier an erster Stelle Öl und Gas aber auch andere profanere Wirtschaftsgüter, wie z.B. die berühmten Nägel für unsere Europaletten zeigen, dass man den obigen Satz von Herr Scholz beherzigen sollte, bevor man politisch Hand an die "freie Wirtschaft" legt.
Vor wenigen Tagen am Rande des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs meinte ein hochrangiger Berater des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban laut Telepolis: "Im Moment erleben wir, dass wir umso schlechter dran sind, je mehr Sanktionen wir akzeptieren. Und die Russen? Ja, es tut ihnen auch weh, aber sie überleben."
Spätestens, wenn man Schiffe sanktionieren will, die Getreide aus russischen Häfen abholen, werden in Afrika Menschen in Hunger gestoßen, die mit dem Konflikt absolut nichts zu tun haben. Die Weizenexporte Russland sind um ein Drittel größer als die der Ukraine, dessen Weizen auf dem Weltmarkt genauso gebraucht wird
Die Top Ten des Scheiterns
Telepolis hat sich 10 Punkte genauer angesehen, um die Wirkung der Sanktionen zu beurteilen.
- TOP 1: Kohlehandel über die Schweiz
- TOP 2: Indien liefert Öl nach Europa
- TOP 3: Abwertung des Rubels
- TOP 4: Gasversorgung Deutschlands
- TOP 5: Rohstoffe für die Autoindustrie
- TOP 6: Holz, Paletten und Kabeltrommeln
- TOP 7: Düngemittel
- TOP 8: Die griechischen Reeder
- TOP 9: Indien zertifiziert russische Tanker, Versicherer versichern
- TOP 10: Russische Oligarchen
Vielleicht wird es Zeit vor dem nächsten Winter die deutsche Außenministerin - also die Chefdiplomatin Deutschlands - darauf hinzuweisen, dass es ihre Aufgabe wäre diplomatische Lösungen zu erarbeiten, anstatt Waffenlieferungen zu fordern und der eigenen Bevölkerung "Kriegsmüdigkeit" vorzuwerfen.
Mehr dazu bei https://www.heise.de/tp/features/Sanktionen-gegen-Russland-Die-Top-Ten-des-Scheiterns-7153896.html
Kommentar: RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
ob das mit den gladio-listen (internierungslager-kandidaten) wohl jemals aufgegeben wurde?
hmm, ansonsten müssen die ja mal aktualisiert werden
hausdurchsuchungen bei linken (nein, nicht die partei-schwätzer) und deren projekten sind doch sehr beliebt, derweil hunderte rechte unbehelligt, trotz offener haftbefehle, weiter handlanger-dienste verrichten können (um wen kümmert sich temme eigentlich gerade?)
Ac., 27.06.22 22:59
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
ich machs wie Habeck, ich sanktioniere jetzt die deutsche Wirtschaft...ich kaufe nichts mehr und ich esse nichts mehr...hahahaha
Mi., 28.06.22 19:10
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
"Eine andere Messlatte ist die Feststellung, dass selbst zu tiefsten “Kalten Kriegszeiten” peinlichst vermieden wurde, dass der “Eiserne Vorhang” die für den Westen vorteilhaften wirtschaftlichen Beziehungen mit den Ostblockstaaten einschränken dürfte. "
Peinlichst wurde vermieden, sich in Abhängigkeit zu dem Ostblock zu begeben. Vorteilhafte Beziehungen - ja. Abhängigkeit - nein.
Beispielsweise wurden in den 1980er Jahren Erdgaslieferungen von der SU nach Westdeutschland und Westberlin aufgenommen (vorteilhaft). Zumindestens in Westberlin wurde aber sichergestellt, daß durch einen neuen unterirdischen Erdgasspeicher keine zu große Abhängigkeit entsteht.
Westeuropa und Westdeutschland vor der Wende sind dementsprechend eher nicht der Vergleichsmaßstab. Eher ist es die Beziehung der DDR zur Sowjetunion. Existentielle Abhängigkeit von den Rohstofflieferungen der SU und politische / militärische Kontrolle.
M. Gorbatschow bezeichnete die Breschnew-Ära als die Ära der Stagnation. Das war auch die Zeit, als A. Merkel sozialisiert wurde. Im Rückblick auf die Regierungszeit von Merkel wird immer mehr klar, daß ihre Rußlandpolitik auf eine Renaissance der Ära der Stagnation hinausläuft.
Be., 28.06.22 22:22
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Das man darauf geachtet hat, wenn möglich nicht abhängig zu werdem kann man den Russen nicht vorwerfen und geliefert haben sie wie vereinbart, wie auch Putin bisher lieferte. Das Problem liegt heute weitestgehend auf unserer Seite. Mit Ideologie gegen die Realität löst man keine Probleme.
Fe., 28.06.22 23:25
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Ein für die Dauer von 10 - 20 Jahren beschlossenes Wirtschaftskartell der G7 gegen Russland mit Preisdiktat und hohen Reparationzöllen auf den Russlandhandel zugunsten der Ukraine würde die russische Bevölkerung eher wachrütteln als die Zerstörungen und Toten in der Ukraine.
Er., 29.06.22 00:43
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
"Das man darauf geachtet hat, wenn möglich nicht abhängig zu werdem kann man den Russen nicht vorwerfen und geliefert haben sie wie vereinbart, ... "
Die SU war vor der Wende möglicherweise in einer schwächeren Situation als Rußland heute.
Beispielsweise gab es seit Anfang der 1970er Jahren Getreideimporte aus dem Westen. Damit konnte die Ernährungsweise der Russen an den westlichen Standard hinsichtlich Fleisch, Milch, Eier ... angenähert werden. Jedoch konnten die eigenen Ernteerträge der SU dieses Niveau nicht garantieren. So war die SU bis zum Schluß von der Zusammenarbeit mit den USA und Canada abhängig.
Die Versorgung mit Brotgetreide aus der eigenen Produktion war in diesem Zeitraum niemals gefährdet. Jedoch wären größere Einschränkungen bei der Viehwirtschaft von der Bevölkerung ohne große Proteste nicht hingenommen worden.
Die Situation hat sich geändert. Wie jetzt überdeutlich sichtbar wird, sind die beiden SU-Republiken Rußland und Ukraine wichtige Getreidelieferanten für die übrige Menschheit. Das nur als Beispiel.
Be., 29.06.22 00:45
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
"Ein für die Dauer von 10 - 20 Jahren beschlossenes Wirtschaftskartell der G7 gegen Russland mit Preisdiktat und hohen Reparationzöllen auf den Russlandhandel zugunsten der Ukraine würde die russische Bevölkerung eher wachrütteln ..."
Wäre das nicht eine Situation vergleichbar zu dem Vertrag von Versailles und Deutschland in den 1920 / 30er Jahren?
Viel aufgerüttelt! Viel Schandfrieden. Viel Krieg im Anschluß.
Be., 29.06.22 00:50
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Hierzu eine Übersicht über die Länder mit Getreideexport:
Bild/Foto https://www.wochenblatt-dlv.de/media/styles/lightbox/public/2022-04/Weizen-Export_2020_3-2.jpg?itok=4bYjVb9N
Gerade mal 9,1% kommt aus der Ukraine. UNd wer nicht von RU kaufen will, hat eben Pech gehabt. Selbt Deutschland exportiert Weizen.
Mi., 29.06.22 04:11
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Als Nicht-Landwirtschaftsexperte fällt es mir schwer, diese Daten einzuordnen. Allerdings meine ich mal gehört zu haben, daß auf dem Getreidesektor die Menschheit quasi mit dem Löffel im Mund lebt. Die Weltgetreide-Reserven reichen nur für wenige Monate - vielleicht 3 Monate. Diese Zahl könnte ich aber auch falsch erinnern.
Damit wäre es erklärlich, daß bei Ausfall von ca. 10% der Erntemengen die Preise nach oben schießen. Zusammen mit Wechselkurseffekten ist das für manche Länder ein großes Problem.
Für die EU ist das vielleicht nicht das größte Problem. Hier ist es eher die Abhängigkeit von Düngemittellieferungen aus Weißrußland. Vor der Wende war auch das anders. Damals wurde das als Beispiel für "nichtfunktionierende Planwirtschaft" angeführt, daß die teuer bezahlten Düngemittelfabriken aus dem Westen für die sowjetische Landwirtschaft keinen rechten Nutzen bringen. Noch ein Beispiel, wie die Verhältnisse sich geändert haben - und die gegenseitigen Abhängigkeiten auch.
Be., 29.06.22 11:24
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Selenski "Vermögen angehäuft"? Meinst du das hier? So viel ist das ja nun wirklich nicht. https://www.youtube.com/watch?v=U3YUBfL85M0
Hy., 29.06.22 11:46
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Sicherlich ist die Politik der Fr. Merkel, die zehn Jahre lang die Energiewende verschleppt hat, und deren Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine 2014 mehr als lahm war nicht ganz unschuldig an der jetzigen Situation. Auch eine bedeutende Politikerin wie die Fr. Merkel kann sich irren.
Hy., 01.07.22 09:35
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
Das wir nun gerade in den Krieg im Jemen groß verwickelt sind, ist eine gewagte Behauptung. https://de.wikipedia.org/wiki/Jemen-Krise
Hy., 01.07.22 13:52
RE: 20220627 Wirkung von Sanktionen nach 4 Monaten
"Raushalten aus Kriegen, können wir ja woanders auch (bspw. Jemen). ...." Wenn du die Forderung stellst sich rauszuhalen, bedeutet das ja wohl im Umkehrschluss, daß wir daran beteiligt sind.
Dr., 01.07.22 14:09
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Created: 2022-06-27 08:12:20
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