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29.01.2021 "Profilbildung" von allen ist nun möglich
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Wie 2007 vorausgesagt: Steuer-ID wird Personenkennziffer

"Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren [..] und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist."

Das Bundesverfassungsgericht im Mikrozensus-Urteil 1969

 

Wieder einmal hat sich die SPD am Nasenring durch den Bundestag ziehen lassen: Der Bundestag beschließt die "einheitliche Bürger-Identifikationsnummer" – trotz der eindeutigen Aussagen des BVerfG zu "Personenkennziffern". Die Opposition hat gestern geschlossen gegen dieses Gesetz gestimmt.

Was sollte uns die Geschichte gelehrt haben?

Die Bundesrepublik Deutschland plante die Einführung eines Personenkennzeichens (PKZ) ab 1973, aber der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages stellte 1976 fest, dass „die Entwicklung, Einführung und Verwendung von Nummerierungssystemen, die eine einheitliche Nummerierung der Bevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzes ermöglicht, unzulässig ist“. Dabei stützte er sich auf das Mikrozensusurteil des BVerfG, BverfGE 27,1 – Mikrozensus. vom 16. Juli 1969.

Im Rückblick auf das 3. Reich, deren Einführung einer Reichspersonalnummer und die Volkszählung zur Erfassung aller Juden in Deutschland, hatte sich das Bundesverfassungsgericht damals gegen einen allumfassenden Identifier für die Bürger ausgesprochen. Bereits die Alliierten hatten nach Kriegsende verboten eine ähnliche Personenkennziffer wieder einzuführen.

Die Rolle rückwärts

Steuer-Identifikationsnummer wird zum 1. Juli 2007 eingeführt : "Ihr seid gegen Steuergerechtigkeit und gegen den internen Abgleich von Steuerdaten" - und steckt also mit den Reichen und Steuerbetrügern unter einer Decke, so der Vorwurf des damaligen Finanzministers an die Warner vor einer Personenkennziffer. Als erster Nebenschauplatz wurde über die Weitergabe der Steuer-ID an die Kirchen gestritten, denn eine Kirchensteuerhebung durch den Staat und seine Finanzämter war und ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Befürchtet wurde jedoch bereits damals, dass die Steuer-ID nicht auf Finanzdaten beschränkt bleiben würde - eine Vermutung, die durch die Zuordnung einer Steuer-ID bereits an Neugeborene nicht unbegründet war.

Anfang letzten Jahres nun das Gesetz zur "Registermodernisierung" - verschiedenste Datenbanken des Bundes und der Länder sollen die Steuer-ID am Primärschlüssel verwenden. Der Bundesdatenschutzbeaftragte Kelber lehnt diese "Gesamtkonzeption eines verwaltungsübergreifenden, unveränderlichen Ordnungsmerkmals zur Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger, wie sie der in den Eckpunkten des Konjunkturpakets skizzierten Registermodernisierung zugrunde liegt" aus verfassungsrechtlichen und aus datenschutzrechtlichen Gründen ab. Er sieht in dem geplanten Gesetz eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots der Zweckbindung.

Was soll jetzt kommen?

Der Innenminister  sagt das recht eindeutig: " ... Eine eindeutige Zuordnung der Personalienidentität über alle Register hinweg ist herzustellen. ... Der hierfür verwendete Identifier muss so verlässlich und robust sein, dass medienbruchfreie Prozessketten auch in komplexen Situationen stets auf der Grundlage eindeutiger Personenidentitäten operieren."

  • Die Steueridentifikationsnummer soll als zentrale Personenkennziffer künftig für 51 zusätzliche, sehr unterschiedliche Register genutzt werden.
  • Möglich sind Zweckänderungen bei (einigen) dieser/n Datenbanken im Laufe der Zeit, was der DSGVO widersprechen würde oder zumindest eine nachträgliche Einwilligung der Bürger erfordern würde.
  • Die technischen Schutzvorkehrungen der verschiedenen Datenbanken sind entsprechend ihrem Zweck durchaus verschieden.
  • Die Bildung von Persönlichkeitsprofilen ist mit dieser gigantischen Datenbank möglich. Es gibt keine technischen Vorkehrungen dagegen und auch ein Verbot solcher Profilerstellung steht nicht im Gesetz.
  • Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnt, dass es dabei auch zu Fehleinschätzungen und Missbrauch kommen kann.
  • Damit weist er auch "vorsichtig" auf die Möglichkeiten hin, die dieses Datenmonster für kriminelle Hacker bieten würde.
  • Einer "Weiterentwicklung" zur EU-Identität steht nichts mehr im Wege. ("Personennkenziffer" wird zur "EU-Identität" )

Wenn man nun die Datenbanken alle ensprechend umbaut und das BVerfG in ca. 6-8 Jahren feststellt, dass es so etwas schon 1969 und auch danach mehrfach für verfassungswidrig erklärt hatte, dann, so der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz "dann haben wir ein Kosten- und Zeitproblem biblischen Ausmaßes".

Das (wahrscheinlich vorübergehende) Geschenk an die Bürger: "Erlaubt ist die gegenseitige Datenabfrage allerdings nur mit Zustimmung." Also erstens wahrscheinlich vorübergehend bis sich die Aufregung gelegt hat und zweitens wird sich die "freiwillige Einwilligung" des Bürgers irgendwo im Erläuterungs- und Zustimmungstext verbergen, so dass es niemand bemerkt. Drittens: Meist hat man mit Behörden zu tun, wenn man etwas von ihnen möchte - und  wer will in einem solchen Fall dann noch NEIN sagen ...

Mehr dazu bei https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/digitalisierung-transformation/einheitliche-buergernummenr-fuer-datenaustausch-zwischen-behoerden_524786_526168.html
und https://www.tagesschau.de/inland/buergernummer-gutachten-101.html
und https://www.rnd.de/politik/bundestag-beschliesst-einheitliche-burger-identifikationsnummer-trotz-bedenken-SQ4VKIH5T64DONR4ABPLDSABH4.html

Kommentar: RE:20210129 "Profilbildung" von allen ist nun möglich
Entgegen massiver Kritik hat der Deutsche Bundestag am 28. Januar 2021 das Registermodernisierungsgesetz verabschiedet. Zentraler Bestandteil des Gesetzes ist eine Regelung, nach der die Steuer-ID nunmehr zu einer allgemeinen Identifikationsnummer wird. „Damit kommen wir dem `Gläsernen Bürger` einen großen Schritt näher“, sagt Heinz Müller, Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit. „Aussagekräftige Informationen, wie Gesundheitsdaten, Daten aus dem Schuldnerverzeichnis, Daten zu Hartz-IV-Ansprüchen, Informationen über Vorstrafen und Informationen zu Verwandtschaftsverhältnissen können auf diese Weise zu einem Profil zusammengefasst werden.“
Die Konferenz der Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hatte wiederholt vor der Einführung eines solchen einheitlichen Personenkennzeichens gewarnt, weil die dem Gesetz zugrundeliegende Architektur dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zuwiderläuft. Stattdessen hatte die DSK „sektorspezifische“ Personenkennziffern gefordert. Damit könnte eine natürliche Person eindeutig identifiziert, der einseitige und umfassende staatliche Abgleich jedoch deutlich erschwert werden.
Auch nach einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages ist das Gesetz verfassungswidrig. Müller: „Es steht zu befürchten, dass der Staat jederzeit auf alle verfügbaren persönlichen Daten zugreift und sie miteinander verknüpft. Genau dies wollte das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil von 1983 mit dem dort eingeführten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verhindern. Das Gericht hat deshalb ausdrücklich die Einführung eines einheitlichen Personenkennzeichens verboten.“
Das Registermodernisierungsgesetz muss vor dem Inkrafttreten noch die Länderkammer passieren. Müller: „Ich fordere die Landesregierung auf, dem Registermodernisierungsgesetz im Bundesrat ihre Zustimmung zu verweigern.“
___________________________________________________
Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Mecklenburg-Vorpommern
Lennéstraße 1 (Schloss)
19053 Schwerin
Telefon: 0385/59494-0
LfDI, 29.01.21 12:46


RE: 20210129 "Profilbildung" von allen ist nun möglich

Der Bundestag hat einen entscheidenden Schritt bei der Umsetzung des ID2020-Projekts von Microsoft, Accenture und Rockefeller Stiftung getan, indem er die Steuer-Identifikationsnummer zur einheitlichen Bürgernummer für alle Behörden gemacht hat. Damit ist der Weg zur gläsernen Bürgerin vorgezeichnet.
Siehe: https://norberthaering.de/die-regenten-der-welt/bundestag-buergernummer/

Si., 31.01.21 21:41


RE: 20210129 "Profilbildung" von allen ist nun möglich

Welche Daten der Person werden zusammengefasst und einer verwaltungsübergreifenden persönlichen Kennzeichnungsnummer zugeordnet? Sind doch scheinbar erstmal „nur“ die Basisdaten. Siehe Drucksache 563/20 Seite 4 http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2020/0563-20.pdf
Problem sehe ich in erster Linie im Zwang zur Digitalisierung, im DIGITALISMUS(S) mit wohl weitreichenden fatalen Folgen auf den verschiedensten Gebieten, die aber im Einzelnen differenziert zu analysieren sind /wären.
Folgen auf den ersten Blick, d.h. derzeit offensichtlich sind: Geschäftsstellenabbau, Personalabbau, Zunahme von Arbeitslosigkeit, prekärer Beschäftigung, Sozialabbau, Zunahme von marktwirtschaftlichen Interessen zugunsten Weniger, und, und...

Da., 01.02.21 14:17


RE: 20210129 "Profilbildung" von allen ist nun möglich

Ein Lied über die SPD https://youtu.be/8vFL0QWxugI?t=67

Ti., 29.01.21 12:05



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Created: 2021-01-29 09:55:45
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