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13.10.2017 Die Polizei, dein Freund und Hellseher
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Predictive Policing soll die Menschen in Gut und Böse sortieren

Justitia, so wie hier auf dem Portal des Baptisterium San Giovanni in Florenz, trägt keine Augenbinde mehr. Im Gegenteil, nach Vorstellungen des Innenministerium soll sogar sehr genau darauf geschaut werden

  • wie ein Mensch ausschaut,
  • wie und wohin er oder sie sich bewegt,
  • welche (gefährlichen) Gegenstände er bei sich trägt,
  • mit wem er spricht oder sich trifft,
  • und wie oft er dies tut.

Alle diese und noch viel mehr Angaben werden zu einem Cocktail zusammen gemixt und daraus wird mit Predictive Policing ein Score berechnet, mit welcher "Sicherheit" dieser Mensch etwas "Böses" vorhat. Solche Hintergedanken haben auch zum Projekt "Verhaltenserkennung durch intelligente Videoüberwachung" am Bahnhof Südkreuz geführt.

Wir alle kennen die Geschichte Minority Report vom allwissenden Überwachungsstaat und dem Ende der Unschuldsvermutung, die Steven Spielberg 2002 nach der Kurzgeschichte von Philip K. Dick aus dem Jahr 1956 auf die Leinwand gebracht hat.

Predictive Policing wird mittlerweile in mindestens der Hälfte der deutschen Bundesländer untersucht, getestet oder schon eingesetzt. Aber mit welchem Erfolg? Der Evaluierungsbericht über ein Pilotprojekt in Baden-Württemberg stellt fest, "dass kriminalitätsmindernde Effekte von Predictive Policing (...) wahrscheinlich nur in einem moderaten Bereich liegen und allein durch dieses Instrument die Fallzahlen nicht deutlich reduziert werden können".

Was soll es dann? Alle Verteidiger des Datenschutzes sind sich einig, dass jede personenbezogene Berechnung des "Bösen" mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung kollidiert. Allerdings müssen wir feststellen, dass Artikel 11 der EU-Richtlinie über den Datenschutz in der Strafjustiz die automatisierte Einzelfallentscheidung grundsätzlich untersagt aber "Ausnahmen nur in engen Grenzen zulässt." Damit wird der Grundsatz der Unschuldsvermutung bereits angekratzt.

Weitaus schlimmer ist diese Aushöhlung der Grundrechte bereits in den USA fortgeschritten, wie die Zeit berichtet: In Chicago etwa wird anhand polizeilicher Daten eine sogenannte Strategic Subject List erstellt – eine Liste von "Personen, die dem höchsten Risiko ausgesetzt sind, sich in einem gewaltbereiten Umfeld zu bewegen".  In der englischen Grafschaft Kent kommt ein US-System namens Predpol zum Einsatz. ... Was heute zur Abschreckung von Einbrechern dient, soll künftig auch eingesetzt werden können gegen organisiertes Verbrechen, Menschenhandel, Sexualverbrechen sowie zur Grenzsicherung.

Wie oben bereits festgestellt, werden damit die Aufklärungsraten nicht sichtbar verbessert, dagegen werden ganze Bevölkerungsgruppen, wie Nicht-Weiße, Obdachlose, "ausländisch" Aussehende und andere Randgruppen gerastert und als "gefährlich" gelistet. Wer einmal gelistet ist, kommt auch nicht wieder von der Liste.

Also: Minority Report noch einmal kritisch anschauen oder den neuen Film über Predictive Policing von Hielscher und Heeder
PS. Auch Kulturzeit auf 3sat hat am 12.10. über das Thema berichtet - ist noch in der Mediathek.

Ein Gedanke am Schluss: Seltsamerweise nutzt die Polizei bei den Ressorts für Wirtschaftskriminalität solche Software nicht, um die immer wiederkehrenden großen Verbrechen "vorherzusagen". Bei den berüchtigten CumEx-Geschäften gab es tausende gleichartige Verbrechen, eingefädelt von einigen wenigen Banken mit einem Schaden von über 10 Milliarden Euro. Der "Schaden" war ein Raub von Volksvermögen und wird nicht rückholbar sein. Banker gehören wohl nicht zu den "Risikogruppen".

Mehr dazu bei http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2017-10/pre-crime-film-predictive-policing
und http://www.3sat.de/kulturzeit/index.html


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Created: 2017-10-13 09:02:35
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