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Koalition setzt Änderungen bei Internet-Sperrungen durch
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat am
Mittwochmorgen mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen Union und SPD
umfangreiche Änderungen am Gesetzentwurf zur Bekämpfung der
Kinderpornographie im Internet beschlossen. Die FDP-Fraktion, Bündnis
90/Die Grünen und die Linksfraktion lehnten die Änderungen und den
Entwurf insgesamt ab.
So soll aus dem ursprünglich als Änderung des Telemediengesetzes (
16/12850 <http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/128/1612850.pdf> ,
16/13125 <http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/131/1613125.pdf> )
eingebrachtem Entwurf jetzt ein eigenständiges "Gesetz zur Erschwerung
des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen"
werden. Das "Zugangserschwerungsgesetz" (ZugErschwG) sieht vor, dass
Internet-Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gesperrt werden
können. Die Sperrliste wird vom Bundeskriminalamt (BKA) geführt. Die
Koalition änderte gegenüber dem Ursprungsentwurf, dass die Aufnahme in
die Sperrliste nur erfolgen darf, wenn Maßnahmen zur Löschung der
Inhalte nicht möglich oder nicht erfolgversprechend sind. Nutzer, die zu
den gesperrten Seiten wollen, werden auf eine Seite mit einem
"Stopp"-Schild umgeleitet. Verkehrs- und Nutzerdaten dürfen jedoch nicht
zu Zwecken der Strafverfolgung genutzt werden. Neu ist auch der
Ausschluss von zivilrechtlichen Ansprüchen gegen
Internet-Diensteanbieter, die aufgrund der Sperrliste Seiten sperren.
Die Sperrliste soll darüber hinaus von einem unabhängigen
Expertengremium, das beim Bundesbeauftragten für Datenschutz
eingerichtet werden wird, regelmäßig kontrolliert werden. Wenn das
Gremium mehrheitlich gegen eine Sperrung votiert, muss diese Seite aus
der Sperrliste genommen werden. Darüber hinaus wird das Gesetz befristet
und soll am 31. Dezember 2012 wieder außer Kraft treten.
Nicht durchsetzen konnte sich die FDP-Fraktion mit ihrem Antrag auf
Durchführung einer öffentlichen Anhörung zum Zugangserschwerungsgesetz.
Die Fraktion hatte argumentiert, der Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD beinhalte keine Änderung des
Telemediengesetzes mehr, sondern die Schaffung eines Spezialgesetzes zur
Zugangserschwerung zu kinderpornographischen Inhalten in
Kommunikationsnetzen. Es gebe zahlreiche Fragen dazu. Neben der
FDP-Fraktion stimmten auch die Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen
für den Antrag. CDU/CSU und SPD lehnten den Antrag mit dem Hinweis ab,
es sei bereits eine Anhörung durchgeführt worden, und damit sei das
Recht auf Durchführung einer Anhörung, das von einem Viertel der
Ausschussmitglieder eigentlich durchgesetzt werden könne, verbraucht.
Die FDP-Fraktion bestand dagegen auf Durchführung einer Anhörung und
kündigte an, die Mehrheitsentscheidung des Ausschusses prüfen lassen zu
wollen.
Quelle: hib - heute im bundestag Nr. 184
Pressemitteilung der FDP:
STADLER / PILTZ: Symbolpolitik mit rechtsstaatlichen Nebenwirkungen
(17.06.2009)
BERLIN. Anlässlich der heutigen Beratung des Gesetzes über
Internet-Sperren in den Ausschüssen des Deutschen Bundestags erklären
der Vorsitzende des Arbeitskreises Innen und Recht der
FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Max STADLER, und die innenpolitische
Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela PILTZ:
Das Gesetz zur Internet-Sperrung, auf das sich CDU/CSU und SPD geeinigt
haben, ist nicht geeignet, tatsächlich gegen das widerliche und
schreckliche Verbrechen der Kinderpornographie vorzugehen. Die
Koalitionsfraktionen streuen den Menschen Sand in die Augen und gaukeln
ihnen vor, entschieden gegen die entsetzliche Zurschaustellung von
Kindesmissbrauch vorzugehen. Tatsächlich aber sind Internet-Sperrungen
kein taugliches Mittel.
Für einen untauglichen Ansatz nimmt die Bundesregierung aber erhebliche
rechtsstaatliche Nebenwirkungen in Kauf. Die von der SPD durchgesetzten
Änderungen im Gesetzentwurf sind weiße Salbe auf der Verletzung
rechtsstaatlicher Grundsätze. So gibt es nach wie vor keine
rechtsstaatliche einwandfreie Kontrolle der geheimen Sperrlisten des
BKA.
Die Instrumentalisierung des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar,
um dem Verfahren einen rechtsstaatlichen Anstrich zu geben, ist
unerträglich. Peter Schaar ist darin zuzustimmen, dass es nicht seine
Aufgabe sein kann, die Einschränkung der Informationsfreiheit zu
legitimieren.
Die Koalition verweigert sich beharrlich der verfassungsrechtlichen
Realität und ignoriert die fehlende Bundeszuständigkeit für
Gefahrenabwehr und inhaltliche Medienkontrolle.
Völlig unklar bleibt auch der mit der heißen Nadel gestrickte Versuch,
die Zugangsprovider vor zivilrechtlicher Haftung zu schützen. Ein
solcher Eingriff in das Haftungsregime des Telemedienrechts kann nicht
einfach en passant mitbeschlossen werden.
Die Koalition beweist wieder einmal, dass sie von parlamentarischen
Rechten nichts hält – und drückt jetzt ein Spezialgesetz ohne
ausreichende Beratung schnell durch. Besonders schlimm ist dabei, dass
sie die inzwischen 135.000 Menschen ignoriert, die eine E-Petition
unterstützen und deren Anhörungsrecht nach der Geschäftsordnung des
Petitionsausschusses nunmehr völlig ins Leere laufen muss.
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Dazu ein langes Schreiben von Frau Piltz vom 07.05.09 an uns anläßlich unserer wiederholten Proteste:
"vielen Dank für Ihre E-Mail zu Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Kinderpornographie, zu der ich gerne - auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen der FDP-Bundestagsfraktion - Stellung nehme.
Kinderpornographie muss effektiv bekämpft werden. Kinderpornographie, bei der der Missbrauch von Kindern in Bild oder Film wiedergegeben wird, ist ein widerliches und schreckliches Verbrechen, denn der vorangegangene Missbrauch hinterlässt unheilbare Wunden an Seele und Körper der missbrauchten Kinder.
Notwendig ist die konsequente Verfolgung von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie. Die Erfolge der Ermittlungsbehörden in Bund und Ländern in diesem Bereich müssen fortgesetzt werden. Insbesondere ist für ausreichende personelle und sächliche Mittel, gerade bei der IT-Ausstattung, bei Polizei und Staatsanwaltschaften, die richtigerweise sehr sensibel auf Anzeigen und Erkenntnisse in diesem Bereich reagieren, zu sorgen. Zudem muss die Prävention des Kindesmissbrauchs verbessert werden. Hier sind Eltern, Schulen, Kindergärten, Ärzte und Jugendämter ebenso gefordert wie die Gesellschaft insgesamt. Eine Kultur des Wegschauens darf es nicht geben, sondern jeder, der Hinweise auf Kindesmissbrauch hat, muss ermutigt werden, dies auch regelmäßig zur Anzeige zu bringen.
Den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes, nach dem die Zugangsprovider dazu verpflichtet werden sollen, Internetseiten nach Vorgabe einer Sperrliste des Bundeskriminalamts durch Umleitung auf eine Stopp-Seite zu sperren, lehnt die FDP-Bundestagsfraktion ab.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Straftaten, die im oder mittels des Internets begangen werden, müssen konsequent verfolgt werden. Zugleich müssen sich staatliche Maßnahmen an den geltenden rechtsstaatlichen Vorgaben messen lassen.
Schon die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich der Gefahrenabwehr bei der Verbreitung von Kinderpornographie ist zweifelhaft. Gefahrenabwehr obliegt den Ländern, die in diesem Bereich hervorragende Arbeit leisten. Auch die Regulierung von Medieninhalten liegt in der Zuständigkeit der Länder, wohingegen der Bund nur für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Telemedien zuständig ist. Insoweit stellt sich die Frage, ob der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf verfassungsgemäß ist.
Der Gesetzentwurf wirft darüber hinaus verfassungsrechtliche Fragen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit auf. Von den geplanten Sperrungen können auch legale Internetseiten erfasst sein, wie die Bundesregierung selbst darlegt. Daher muss sehr sorgfältig geprüft werden, ob die vorgeschlagene Maßnahme verhältnismäßig ist.
Betroffen von der Sperrung von Internetseiten sind die Telekommunikationsfreiheit, die Informations- und Meinungsfreiheit sowie die allgemeine Handlungsfreiheit. Selbstverständlich schützen die Grundrechte nicht rechtswidriges Verhalten. Das Verbreiten und das Sich-Beschaffen wie auch schon der Besitz von Kinderpornographie sind strafbar.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit den geplanten Sperrungen durch die Manipulation in den sog. Domain-Name-Servern (DNS), die dazu dienen, eine vom Nutzer eingegebene Internetadresse in die zugehörigen numerischen IP-Adressen aufzulösen, die gesperrten Seiten nach wie vor zugänglich sind, wenn z.B. ein anderer DNS verwendet oder aber die IP-Adresse direkt eingegeben wird. Wenngleich die Umgehbarkeit die Geeignetheit nicht grundsätzlich in Abrede stellt, muss jedoch bedacht werden, dass die Nutzung anderer DNS, z.B. einer Universität, gang und gäbe ist und so eine nicht unerhebliche Zahl der Nutzer gar nicht erfasst wird. Ebenfalls nicht erfasst werden sog. Peer-to-Peer-Netzwerke, da diese nicht in den Domain-Name-Servern verzeichnet sind. Insoweit wird ein für die Begehung von Straftaten im Bereich der Kinderpornographie wesentlicher Verbreitungsweg schon von vornherein nicht erfasst. Schließlich wechseln die Server nach Angabe des BKA häufig, teilweise nach nur wenigen Stunden. Sperrlisten, die binnen sechs Stunden wirksam werden müssen, verfehlen dann aber ihr Ziel.
Von der Bundesregierung wird vorgetragen, dass die Maßnahme aber deshalb erforderlich sei, weil ein strafrechtliches Vorgehen gegen die Betreiber ausländischer Server schwierig bis unmöglich sei. Nach Erkenntnissen aus anderen Ländern befindet sich die weit überwiegende Zahl der Server in den Vereinigten Staaten, die übrigen sogar vielfach in Europa. Hier ist Rechtshilfe regelmäßig möglich und auch Erfolg versprechend.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat das Vorgehen der Bundesregierung kritisiert, die Provider durch Verträge mit dem BKA zu Sperrungen zu verpflichten, da Grundrechtseingriffe stets einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird aber unter keinem Gesichtspunkt den Anforderungen an eine verfassungsmäßige Rechtsgrundlage gerecht. So fehlen in dem Gesetzentwurf Vorgaben für ein rechtsstaatliches Verfahren oder für klare Haftungsregelungen der Provider. Auch die Ausweitung der Befugnisse des BKA im Bereich der Gefahrenabwehr ist abzulehnen.
Die FDP-Bundestagsfraktion wird das nun anstehende parlamentarische Verfahren dazu nutzen, ihre Bedenken sachlich und kritisch vorzutragen, um eine ernsthafte Debatte anzustoßen. Es verbietet sich nach Ansicht der FDP-Bundestagsfraktion, das Thema in die eine oder andere Richtung zu instrumentalisieren.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Piltz MdB
Pressemitteilung der Grünen:
Aktuelle PM steht noch aus. Gestrige PM:
PM 129/09 vom 16.06.2009 - Zum Gesetzesentwurf der Großen Koalition zu den Internetsperren erklären Claudia Roth, Bundesvorsitzende, und Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Kinderpornographie muss konsequent und intensiv bekämpft werden – auch im Internet. Der jetzige Gesetzesentwurf der Große Koalition dient aber nicht diesem Ziel, sondern führt zu einem Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur. Auch wenn dies aktuell vor allem mit dem Kampf gegen Kinderpornographie begründet wird, haben verschiedene Politiker der Union schon angedeutet, dass sie sich eine Ausweitung der Sperrung auf andere Bereiche wünschen würden. Damit wird ein höchst gefährlicher Weg eingeschlagen, der die Offenheit und Freiheit des Internets massiv bedroht und die rechtsstaatliche Verfolgung von Straftaten untergräbt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen den vorliegenden Gesetzentwurf ab und fordern die Große Koalition auf, den Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur zu beenden.
Im Kampf gegen die Kinderpornographie sind die vorgesehenen Internetsperren nicht zielführend. Zu einfach können sie umgangen werden, zu schwer wiegen die rechtsstaatlichen Bedenken. Wenn Sperrlisten ohne richterliche Kontrolle in Behörden erstellt werden und die Privatwirtschaft für grundlegende staatliche Aufgaben wie die Bekämpfung von Kinderpornographie als Hilfssheriff herangezogen wird, gerät der Rechtsstaat in eine Schieflage.
Statt die entsprechenden Internetseiten zu sperren, sollten die Strafverfolgungsbehörden kinderpornographische Inhalte im Netz löschen lassen. Außerdem müssen die Personal- und Sachmittel der Strafverfolgungsbehörden erhöht werden, um Kinderpornographie an ihrer Quelle zu bekämpfen und die Verfolgung von Tätern zu fördern."
Pressemitteilung von Die Linke.
Aktuelle PM steht noch aus. Gestrige PM:
Maßnahmen der Regierung gegen Kinderpornografie schon im Ansatz falsch
"Dass die Bundesregierung den Kampf gegen die Schändung von Kindern aufnehmen will, ist gut. Bedenklich ist, dass sie in dieser Frage jahrelang geschlafen hat. Schlicht falsch aber ist der Ansatz, den die Regierung verfolgt, auch wenn sie jetzt zumindest die offensichtlichsten Mängel ausräumt", erklärt Jörn Wunderlich zur weitgehenden Einigung der Koalition, an den Maßnahmen gegen Kinderpornografie im Internet festzuhalten. Der Familienpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE weiter:
"Die von den meisten Sachverständigen angeführten grundsätzlichen Zweifel am Sinn der vorgesehenen Maßnahmen bleiben. Die Bundesregierung versäumt es, gegen die Täter und den Missbrauch der Kinder selbst vorzugehen. DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, Gewalt gegen Kinder in Deutschland zu bekämpfen, statt mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen. Beispielsweise könnte die Bundesregierung die von ihr beschlossenen Kürzungen in der Kinder- und Jugendhilfe zurücknehmen. Stattdessen simuliert die Bundesregierung und allen voran Bundesfamilienministerin von Ursula von der Leyen den Kampf gegen Kinderpornografie."
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Created: 2009-06-17 15:45:11
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