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Gegen eine verdachtslose Aufzeichnung des Surfverhaltens im Internet und gegen InhaltssperrenDer Gesetzentwurf zur Aufzeichnung des SurfverhaltensEin Gesetzentwurf "zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes" vom 14.01.2009 soll Internet-Anbietern die verdachtslose Aufzeichnung Ihres Surfverhaltens im Internet erlauben. Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder StudiVZ soll er das Recht geben, das Lese-, Schreib- und Suchverhalten seiner Besucher ohne Anlass aufzuzeichnen – vorgeblich zum "Erkennen" von "Störungen". Mit Hilfe der über alle Internetnutzer gespeicherten Daten würden Rückschlüsse auf unsere persönlichen Interessen, Lebenssituation und Schwächen möglich. Anbieter von Internetdiensten dürfen bisher nur die zur Abrechnung erforderlichen Nutzungsdaten speichern. "Angesichts des international wachsenden Bewusstseins für die Gefahren von immer mehr Datensammlungen stellen die bisher starken Datenschutz-Regelungen in Deutschland einen Standort-Vorteil dar", erklärt Ralf Bendrath vom Netzwerk Neue Medien. "Gegen die erklärte Absicht der Bundesregierung, den Schutz der Privatsphäre zum Exportschlager' zu machen, würde das Gesetz für Webseiten-Betreiber eine beliebige und anlasslose Vollüberwachung erlauben. Damit fiele Deutschland auf das Niveau von Datenschutz-Verlierern, zum Beispiel die USA, zurück." Der Gesetzentwurf wurde am 14.01.2009 von der Bundesregierung beschlossen und am 06.03.2009 im Bundesrat beraten.
Auch die deutschen Datenschutzbeauftragten haben auf ihrer Konferenz am 19.02.2009 dagegen protestiert. Trotzdem hat es Bundespräsident Horst Köhler am 17.02.2010 unterzeichnet. Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag sieht allerdings vor, dass es im 1. Koalitionsjahr nicht angewendet wird. Das EU Telcom PackageDas Telecom-Package soll einen vollkommen neuen Rahmen für die europäische Telekommunikationsrahmengesetzgebung schaffen. Wie z.B. auch bei der Vorratsdatenspeicherung wird es später auch den Rahmen für nationale Gesetzgebungen bereiten. Das Telekom-Paket steht kurz vor der Abstimmung. Einflussreiche Lobbyisten habe über nahe Abgeordnete einige gefährliche Änderungseinträge eingebracht, die vor allem die Freiheit und Offenheit des Internets gefährden (Netzneutralität) und Ideen wie Internetsperrungen und mehr Überwachung des Internets über die Hintertür einbauen.
Die Kampagne für Internetsperren von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU)Bisher wollte vor allem die die Musikindustrie ihre Verbreitungskanäle durch Sperren im Internet schützen. Jetzt versucht Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit Sperren von Internetseiten gegen Kinderpronographie vorzugehen. Auf der Jagd nach Kinderpornos das Internet zu sperren, ist weder aus technischer noch aus rechtlicher Sicht eine gute Idee. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, die der SPD-Abgeordnete und frühere medienpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, in Auftrag gegeben hat. Ähnlich urteilen auch Juristen, die das gleiche Problem im Auftrag des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) prüften.
Ein Kommentar zum Thema InternetsperrenInternetsperren – Zensur im Internet ? Am 6.5. hat der Bundestag in 1. Lesung das umstrittene Gesetz zu Internetsperren beschlossen. Um im Wahlkampf zu punkten, hat die Familienministerin, Ursula von der Leyen, innerhalb von 4 Wochen eine Änderung des Telemediengesetzes (TMG) eingebracht, nachdem ihr erster Vorstoß wegen Rechtsunwirksamkeit (Vertrag zu Lasten Dritter) misslang, mittels eines Vertrages zwischen Providern und Regierung die Sperrung von Internetseiten zu verwirklichen. Nach dieser Gesetzesänderung soll das Bundeskriminalamt (BKA), welches nach BKA-Gesetz nur bei Terrorverdacht u.ä. Straftaten von sich aus tätig werden darf, eine Liste mit zu sperrenden Web-Seiten an die deutschen Internetprovider schicken. Ruft ein Nutzer eine Adresse aus dieser Liste auf, so erhält er von seinem Provider eine „Stoppseite“ und seine Internetadresse wird für das BKA gespeichert, unabhängig davon ob er diese Seite willentlich aufgerufen hat oder dies durch Werbeeinblendungen auf ungewünschten Pop-Up Fenstern geschah. Man kann der Familienministerin zugute halten, dass sie das wirklich wichtige Thema des Kindesmissbrauchs bei der Herstellung kinderpornographischer Fotos und Filme im Fokus hatte. Bei der Realisierung der Gesetzesänderung ist sie jedoch handwerklich und inhaltlich völlig am Problem vorbei gegangen. Für jeden deutlich wurde dies bereits live im Fernsehen bei den Auseinandersetzungen zwischen der Familien- und der Justizministerin in der Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung des Gesetzes1) am 22.4.09. Durch die Einführung von Internetsperren wird leider kein einziger Fall von Kindesmissbrauch verhindert. Wie auch die Opferverbände betonen, findet der Missbrauch nicht im Internet sondern im Kinderzimmer statt. Sie fordern stattdessen ein stärkeres Vorgehen gegen die Anbieter dieser Seiten, die zu über 96% in EU-Staaten oder den USA beheimatet2) sind wo ein rechtsstaatliches Vorgehen möglich wäre, denn das Internet ist bereits jetzt richtigerweise kein rechtsfreier Raum. Zugleich verurteilen die Opferverbände die ständig stattfindenden Kürzungen bei sozialen Präventionsmaßnahmen in den letzten Jahren3). Eine Verbreitung kinderpornographischen Materials wird durch das Gesetz nicht verhindert, sondern im besten Falle erschwert. Dabei basieren die Sperren, die einen Eingriff in die Informationsfreiheit darstellen, auf unveröffentlichten Listen, die nie von einem Richter geprüft werden. Bekannt gewordene Sperrlisten aus Skandinavien und Australien haben auch gezeigt, dass sie einen nicht zu vernachlässigen Anteil an versehentlich unrichtig gesperrten Adressen enthielten. Ein endloser Rechtsstreit dieser betroffenen Seitenanbieter gegen die deutschen Internetprovider ist damit vorprogrammiert4). Auch die Sperrlisten des BKA sind geheim. Es gibt keine Kontrolle durch eine unabhängige Instanz, die die Richtigkeit dieser Sperren garantiert. Wer verhindert also, dass diese Listen nicht auch zur Zensur ganz anderer Inhalte eingesetzt werden? Dieses Problem hat auch der Branchenverband der Internetprovider5) am 9.5. benannt und die Bundesregierung aufgefordert dieses Gesetz nicht als allgemein gültige Änderung des TMG zu behandeln sondern mindestens als Sondergesetz gegen Kinderpornographie, um eine Erweiterung des Sperrkatalogs auf andere Themen zu begrenzen. Auch eine große Zahl der Internetnutzer hat auf die Gefahr einer Zensur des Internets mit einer Petition beim Deutschen Bundestag hingewiesen. Fünf Tage nach Veröffentlichung der Petition hatten bereits mehr als die für eine Anhörung notwendigen 50.000 Bürger diese mitgezeichnet, Ende Mai wurde die 100.000 erreicht6). Bis zum 16.6.09 können noch weitere Unterschriften online7) oder auf Papier beim Deutschen Bundestag eingereicht werden. Die durch die Petition erzwungene Anhörung wird wohl nicht mehr vor der Bundestagswahl stattfinden. Kurzfristig hat die SPD jedoch für den 27.5. eine Anhörung zu dem Gesetz auf die Tagesordnung gesetzt. Dort gab es bereits massive Kritik an Grundrechtsverstößen durch den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, sowie von Prof. Dr. Ulrich Sieber vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht und auch der Verband der Deutschen Internetwirtschaft (ECO) sah die Gefahr, dass unbescholtene Nutzer einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt werden. Nur das BKA begrüßte seine eigene Kompetenzausweitung.8) Fraglich ist weiter ob die Bundesregierung die 2. und 3. Lesung des umstrittenen Gesetzes noch vor der Wahl im September beabsichtigt. Dass dieses Gesetz den Einstieg in ein chinesisches Internet in Deutschland bedeuten kann, wird glücklicherweise in verschiedensten Artikeln in den Medien sichtbar. Es muss garantiert werden, dass die geplanten Internetsperren nicht auf Glücksspiele, gewalttätige Computerspiele, privates Filesharing ausgeweitet und im nächsten Schritt gegen unliebsame politische Meinungsäußerungen eingesetzt werden. Verweise: 1) "Zickenkrieg im Kabinett": www.sueddeutsche.de/politik/348/465933/text/ 2) Heimat der Server: http://scusiblog.org/?p=330 3) Ausführliche Stellungnahme zum Thema: aktion-freiheitstattangst.org/themen/staat/109-stellungnahme-zu-netzfiltern-im-kampf-gegen-kinderpornographie-12022009 4) Aktionismus hilft nicht: www.zeit.de/online/2009/08/internetsperren-leyen 5) www.heise.de/newsticker/IT-Branchenverband-fordert-massive-Aenderungen-bei-Kinderporno-Sperren--/meldung/137558 6) Stand der Unterschriftenliste: twitter.com/Mitzeichner 7) Petition: https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=3860 8) Anhörung www.bundestag.de/aktuell/archiv/2009/24487981_kw22_wirtschaft/index.html Quelle: Rainer Hammerschmidt in Computer und Arbeit, Heft 06/09 Zu unserer Stellungnahme zu Netzfilter
Projekte zu Internetsperren
Pressemeldungen zu Internetsperren (National):
Pressemeldungen zu Internetsperren (EU / International):
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