Kunduz - EIN KRIEGSVERBRECHEN ERINNERN
Beginn: Di, 03. Sep 18:00 CEST 2013Ende: Di, 03. Sep 20:00 CEST 2013
Ort: Berlin, Platz des 18. März/ Brandenburger Tor
Geodaten: (N52.5162),(E13.3765)
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Kontakt: https://www.friko-berlin.de
Tags: Überwachung, Menschenrechte, Krieg, Militär, Drohnen, Kunduz, Bomben
Kunduz - EIN KRIEGSVERBRECHEN ERINNERN
Videokundgebung am 3.09.2013 um 18°°Platz des 18. März/ Brandenburger Tor
Auf den Monitoren der Militärs sind nur kleine Punkte zu erkennen. Die Punkte
bewegen sich. Eine „geheimen Quelle“ spricht von einer Ansammlung von Taliban.
Mit der Begründung, dass diese eine Gefahr für das wenige Kilometer entfernt
liegende Bundeswehrlager sind, wird der Befehl zur Bombardierung gegeben. Zwei
500 Pfund Bomben werden von Piloten der F-15 Jets abgeworfen. Die Wucht der
Explosion zerfetzt alle, die sich in unmittelbarer Nähe aufhalten. Leichenteile,
Hände und Köpfe regnen vom Himmel.
Das Bombardement am 4. September 2009 in der Nähe von Kunduz/ Afghanistan ist
das bislang größte Kriegsverbrechen seit Bestehen der Bundeswehr. Die Punkte
waren Schüler, Bauern, Taxifahrer, Schäfer. Menschen aus den umliegenden
Dörfern, die in jener Nacht zu den stecken gebliebenen Tanklastern aufgebrochen
waren, um etwas Benzin in ihre mitgebrachten Kanister zu füllen. Sie wurden jäh
aus ihrem Leben gerissen. Familien verloren ihre Söhne, ihre Väter, ihre Brüder.
Über hundert Menschen wurden getötet und zahlreiche verletzt.
Den Befehl zur Bombardierung hatte der Bundeswehroberst Georg Klein gegeben.
Psychologische Kriegsführung
In den darauf folgenden Tagen wird von deutschen Stellen verkündet, dass es sich
um einen erfolgreichen Angriff gegen Taliban bzw. Aufständische gehandelt habe.
Der neu eingewechselte Kriegsminister Guttenberg spricht zunächst von
/militärisch angemessen/.
Doch mit der Zeit dringen Informationen an die Öffentlichkeit, die der
Kriegspropaganda widersprechen. Die hohe Zahl der getöteten und verletzten
Zivilisten kann nicht mehr geleugnet, die Version eines erfolgreichen Angriffs
nicht mehr aufrecht gehalten werden.
Guttenberg bleibt zwar im Kabinett, feuert dafür aber zwei Führungskräfte und
bezeichnete den Angriff nun als /militärisch nicht angemessen/.
Der Öffentlichkeit musste vermittelt werden, dass Kriegseinsätze keine
Aufbauhilfe, sondern blutiges Handwerk sind.
Du sollst (nicht) töten
Es bedarf der psychologischen Kriegsführung, um das Töten, das im zivilen Leben
unter Strafe gestellt wird, in einem anderen Kontext als angemessen, ja
notwendig darzustellen.
Propaganda, Manipulation und rassistische Diskurse bewirken, dass das Leiden und
Leben der nicht zur Gemeinschaft gehörenden Menschen, als nicht so bedeutsam
wahrgenommen werden, die Entrechtung als gerechtfertigt, das Auslöschen der
Leben als legitim erscheint.
Während über jeden toten Bundeswehrsoldaten ausführlich berichtet wird, Namen
und Familiengeschichten erzählt werden, finden die Toten von Kunduz, sowie die
tausenden Zivilisten, die in Folge des NATO-Kriegseinsatzes in Afghanistan zu
Tode gekommen sind, keine Erwähnung. Durch diese inszenierte Gedenkkultur und
die Medienberichterstattung wird ein (nationales) WIR konstruiert und die
Bevölkerung fühlt sich den Toten des eigenen Landes, des eigenen Kulturkreises
verbunden.
Die Raster, mittels welcher wir das Leben anderer als zerstört oder beschädigt
wahrnehmen oder eben nicht wahrnehmen, sind politisch mitbestimmt.
Krieg ist Frieden – das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit
Die Geschichte ist voll von Beispielen, bei denen Kriegsgründe erfunden oder gar
inszeniert wurden. 1999 hielt Kriegsminister Scharping in Vorfeld des Krieges
gegen Jugoslawien Bilder von Leichen in die Fernsehkameras und redete von einem
Massaker an Zivilisten, das sich später als ein Gefecht zwischen Milizen entpuppte.
2003 sprach US-Außenminister Powell im Vorfeld des Irak-Krieges vor dem
UN-Sicherheitsrat von mobilen Biowaffenlabors und einer Bedrohung der Welt durch Sadam Hussein.
Mit ausgeklügelten Propagandatricks wird um die Akzeptanz der Öffentlichkeit zu
den jeweiligen Kriegseinsätzen gekämpft. Ein geleakter CIA-Bericht offenbarte,
wie die Kriegsbegründungen auf die jeweiligen gesellschaftlichen Stimmungen
abgestimmt werden. Um die Bereitschaft für den Krieg in Afghanistan in der
französischen Gesellschaft zu fördern, wurde empfohlen, die Situation der Frauen
und der Flüchtlinge zu thematisieren. Im Falle der deutschen Gesellschaft sollte
die Angst vor einer Niederlage (Drogen, Terrorismus, Flüchtlinge) angesprochen
werden.
Ziel und Zweck der Kriegspropaganda ist es, die wahren Geschehnisse und
tatsächlichen Kriegsgründe des „Friedenseinsatzes“ vor der Öffentlichkeit geheim
zu gehalten. Denn die blutigen Details entsprechen nicht dem Bild der
westlichen, demokratischen Rechtsstaaten.
Frieden ist Krieg – die grausame Realität des Krieges
Die Zivilbevölkerung Afghanistans wird zwischen den Auseinandersetzungen von
bewaffneten Gruppen, Warlords, Islamisten, afghanischen Regierungstruppen und
den NATO-Soldaten zerrieben. Auch im ersten Halbjahr 2013 ist die Zahl der
zivilen Opfer im Vergleich zum Vorjahr weiter angestiegen.
Die Intensität der Kampfhandlungen hält an, von Stabilität keine Spur.
Allerdings sind zunehmend die von den NATO-Truppen ausgebildeten afghanischen
Regierungstruppen in die bewaffneten Auseinandersetzungen involviert.
Der Kriegsalltag bedeutet Zerstörung, Nahrungsmittelknappheit, Verlust der
Wohnung, Angst, Verzweiflung, Körper verstümmelnde Minen, fehlende
Zukunftsperspektive, Leben als Flüchtling, Erniedrigung, der Tot von FreundInnen
und Verwandten.
Seit Einmarsch der Nato-Truppen in Afghanistan hat sich der Flächenverbrauch für
die Produktion von Opium mehr als verzwanzigfacht. Die Drogenindustrie
durchdringt Politik und Wirtschaft.
Kriegsverbrechen erinnern
Am 4. September jährt sich das Massaker von Kunduz. Mit einer Videokundgebung
möchten wir an das Verbrechen erinnern und die Sichtweise der vom Krieg
Betroffenen der einseitigen Kriegsberichterstattung und nationalen Gedenkkultur
entgegen setzen.
Krieg beginnt hier
Als Kundgebungsort wählen wir bewusst die Gegend am Brandenburger Tor, weil
viele deutsche und europäische Rüstungsfirmen, deren Drohnen Targets ausspähen,
die sich später als Rückzugsorte von Zivilisten entpuppen, dort ihren
repräsentativen Sitz haben. Zwischen einem Latte Machiatto /Unter den Linden/
und Sushi am /Potsdamer Platz/ gehen Geschäftsführer und MitarbeiterInnen ihren
mörderischen und profitablen Geschäften nach. Es ist weniger der repräsentative
Glanz, sondern die Nähe zum Regierungsviertel, die für diese Firmen wichtig ist.
Videokundgebung am 3.09.2013 Platz des 18. März 18°°
AK Kunduz erinnern
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