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Berlin: entsichern - Veranstaltungen zum Polizeikongress 2011
Beginn: Sa 29. Jan 10:00:00 CET 2011
Ende: So 30. Jan 23:59:59 CET 2011
Ort: Berlin, SFE (Schule für Erwachsenenbildung) im Mehringhof
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Kontakt: http://outofcontrol.blogsport.de/kongress
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*entsichern kongress* *Die Europäische Union: Analysieren, kritisieren, demontieren*
Workshops, Diskussionen, Podiumsveranstaltung und Filme zur staatskritischen Perspektive auf die Europäische Union: Analyse von Seilschaften, Verträgen, Institutionen und Auswirkungen ihrer Politik angesichts von Finanzkrisen, Rechtsruck, zivil-militärischen „Sicherheitsarchitekturen“ und erstarkendem „Heimatschutz“
29. – 30.01.2011 in Berlin SFE (Schule für Erwachsenenbildung) im Mehringhof www.mehringhof.de/anfahrt.html
Aufruf, Hintergrund, Schlafplätze etc.: http://outofcontrol.blogsport.de/kongress
*Programm/Zeitplan*
Samstag 29.1.2011
Ab 10.00 Uhr Frühstück
10.30-12.00 Uhr
Änderungen der Innen- und Justizpolitik durch den Vertrag von Lissabon und das Stockholmer Programm
Das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon brachte bedeutende Änderungen für die Innen- und Justizpolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten: Der Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen wurde „vergemeinschaftet“ und gehört nun zu den „normalen“ Politikbereichen der EU. Einerseits sind nunmehr Mehrheitsentscheidungen möglich, andererseits hat das Europäische Parlament ein Mitentscheidungsrecht. Die Veränderungen gehen einher mit der Aufwertung von EU-Agenturen und der Gründung neuer Institutionen, darunter Europol, Frontex, der zivil-militärische Auswärtige Dienst oder das Geheimdienstzentrum SitCen. In der Einführung wird das gegenwärtige rechtliche und politische Gefüge der EU erklärt und ihre Entwicklung in Szenarien skizziert.
Adeline Otto
12-14.30 Uhr
Workshop 1
Staatsprojekt Europa
Der Staat bildet noch immer die fundamentale Voraussetzung für die Stabilisierung der grundsätzlich widersprüchlichen und krisenhaften kapitalistischen Produktionsweise. Dabei ist dieser jedoch längst nicht mehr auf den Nationalstaat beschränkt. Gesellschaftliche und politische Akteure beziehen sich heute auf einen wesentlich breiter gefächerten Raum, dessen verschiedene Dimensionen von der globalen und supranationalen über die nationale, regionale und lokale bis hinunter zur Stadtteilebene reichen. Ebenso wie die Ökonomie hat auch die Ordnung des politischen Raums eine Differenzierung und Flexibilisierung erfahren, die durch sich überschneidende und überlagernde räumliche Dimensionen gekennzeichnet ist. In dieser „postnationalen“ bzw. „multiskalaren“ Konstellation kommt der europäischen Ebene von Staatlichkeit ein zunehmendes Gewicht in der Regulation der gesellschaftlichen Widersprüche zu.
Jörg Kronauer und Sebastian Wolff
Workshop 2
Erscheinungsformen Vernetzter Sicherheit: Gendarmerien und Katastrophenhilfe
In verschiedenen Initiativen bemüht sich die Europäische Union um die fortschreitende Militarisierung klassischer Bereiche „Innerer Sicherheit“. Zivile Komponenten werden in die mit dem Lissabon Vertrag erstarkende Außen- und Militärpolitik eingebettet. Die Mitgliedsstaaten bauen Polizeiverbände auf, die auch unter militärischem Kommando operieren können. Formal zwar in Polizei- und Gendarmerieformationen getrennt, begegnen sich die Strukturen in gemeinsamen Trainings oder Militärmissionen. Gleichzeitig werden zivil-militärische Strukturen auch in der europäischen Katastrophenhilfe geschaffen. Die Herrschaft in der Katastrophe wird mit Satelliten und Drohnen, verschlüsselten Lagebildern und einer monopolisierten Krisenkommunikation in geheimdienstlichen „Situation Centers“ gesichert. Aufstandsbekämpfung und „Katastrophenhilfe“ werden das zukünftige Konfliktgeschehen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU prägen.
Christoph Marischka, Matthias Monroy
14.30-15:30 Uhr
Pause
15.30-18.00 Uhr
Workshop 1
Überwachung von oben: Satelliten und Drohnen als Instrumente europäischer „Sicherheitspolitik“
Die Akteure einer neuen „Sicherheitsarchitektur“ der EU kämpfen an vielen selbst gewählten Fronten: Vor Somalia gegen die vermeintliche Piraterie, im Mittelmeer gegen illegalisierte Migration und innerhalb der eigenen Grenzen gegen „Terrorismus“ und politischen Aufruhr.
Erdbeobachtungssatelliten und Drohnen gehören zu den neuen, hochkomplexen Werkzeugen für dieses nationalstaatlich wie global grenzenlose sogenannte „Krisenmanagement“, das zurzeit entwickelt und erprobt wird. Die jüngst intensivierte, vor allem „zivile“ europäische Sicherheitsforschung, aber auch die Militarisierung der Weltraumpolitik sind zwei Bereiche, in denen dafür Milliarden von Euro investiert werden. Anhand dieser Beispiele wollen wir einigen grundlegenden Fragen zu den Implikationen europäischer „Sicherheitspolitik“ nachgehen.
Malte Lühmann, Volker Eick
Workshop 2
Der Blick in die Zukunft: „Früherkennung“ und „Radikalisierung“
„Extremismus“ heißt auf EU-Ebene „Radikalisierung“: Empfehlungen, Handbücher, ein Comic und eine Datensammlung sollen die Kontrolle von abweichendem Verhalten befördern. Im Focus stehen „Extreme Rechte/Linke, Islamismus, Nationalismus, Globalisierungskritiker usw.“. Wie im Diskurs um „Extremismus“ werden ganze Communities unter Generalverdacht gestellt. Wieder mit im Boot: das Innenministerium NRW.
Zu den euphemistisch als „Prävention“ bezeichneten Maßnahmen gesellt sich ein Trend, mittels Software in Personen- und Sachdaten zu suchen („Data Mining“). Die permanente Rasterfahndung in Polizeidatenbanken will nichts geringeres als Straftaten vorhersehen und interpretiert gefundene Verknüpfungen als „Risiken“. Im Workshop stellen wir die „Früherkennungs“-Konzepte und Sozialtechniken von EU-Polizeien vor und diskutieren Interventionsmöglichkeiten.
Albrecht Maurer, Matthias Monroy
18-19.00 Uhr
Pause
19.00 Uhr
Risse in der Festung Europa
Strategien grenzüberschreitenden Widerstands: Erfahrungen, Analysen und Perspektiven verschiedener Spektren und AkteurInnen
Podiumsdiskussion
Es scheint schlecht bestellt um den Widerstand gegen die Europäische Union, die nach dem Vertrag von Lissabon einen beträchtlichen Zuwachs an Kompetenzen erfahren hat. Die zunehmende Kontrolle und Sanktionierung wird gerade im Bereich polizeilicher und justizieller Zusammenarbeit und ihren Agenturen Frontex, Europol oder Eurojust, aber auch der Regelementierung des Internet deutlich. Es gibt wenig grenzüberschreitende Netzwerke und Strukturen, die sich der fortschreitenden Militarisierung sozialer Konflikte in den Weg stellen. Eine radikale Ablehnung des quasi-staatlichen, neo-liberalen Projekts muss sich indes zu schwierigen Fragen positionieren: Wie Kritik artikulieren, ohne nationale Muster zu bedienen? Wie stehen wir zur populären Forderung nach einer „anderen”, demokratischeren EU, wie sie von liberalen Strömungen vorgetragen wird? Wie grenzüberschreitend vernetzen, ohne den Bezug zu widerständiger Praxis zu verlieren? Wieso gibt es keine wahrnehmbare Bewegung gegen die maßlose Überwachung und Kontrolle der EU? Wo bleibt die radikale Linke, die sich ansonsten gern in radikaler Staatskritik übt? Wohin Protest und Widerstand adressieren?
Alle sozialen Bewegungen müssen angesichts der fortschreitenden Machtfülle der EU Antworten hierzu finden. Dabei haben linke, anarchistische und linksradikale Strukturen durchaus einen Vorsprung in grenzüberschreitender Organisierung und Mobilisierung: Zur Kritik der EU-Migrationspolitik kommen AktivistInnen seit Jahrzehnten europaweit in No Border-Camps zusammen, Kampagnen und Aktionen bleiben nicht nur symbolisch. Auch rund um Gipfelproteste gegen G8, G20, WTO, NATO und EU sind Netzwerke und Freundschaften entstanden, die zu neuen Protesten scheinbar mühelos aktiviert werden können. Gute Voraussetzungen für eine widerständige, grenzüberschreitende Organisierung gegen die europäische Sicherheitsarchitektur.
In der Podiumsdiskussion analysieren wir verschiedene Perspektiven grenzüberschreitender Bewegungen. Nach einer Bestandsaufnahme von erfolglosen und vielversprechenden Politiken gegen die EU wollen wir ausloten, wie wir unseren radikalen Dissens praktisch werden lassen.
Wir diskutieren mit:
Adeline Otto
Kriss Scholl
Detlef Hartmann
René Paulokat
Sonntag 30.1.2011
11-13:00 Uhr
Workshop 1
Europas Rechte greifen nach der Macht
Informationen über Aktivitäten, Strategien und Netzwerke der extremen Rechten in Europa. Innerhalb der EU und darüber hinaus sind verschiedene rechte Strömungen aktiv. Einige von Ihnen haben beträchtlichen Einfluss auf die politischen Entscheidungsprozesse in ihren Heimatländern. Darüber hinaus hat die extreme Rechte aber auch in den Institutionen und Gremien der EU eine Bedeutung. Welches sind die stärksten rechten Strömungen Europas und welche Bedeutung haben sie für uns? Wie weit reicht ihr Einfluss? Der Workshop will eine Zusammenfassung der Lage sowie eine Analyse selbiger bieten.
Carsten Hübner
Workshop 2
Two sides of a barricade
Ein Blick auf die internationalen Strategiewechsel von Verfolgungsbehörden bei Gipfelprotesten der letzten zehn Jahre zeigt ihre immer bessere Anpassung an neue Taktiken des Widerstands. Der Workshop versucht ausgehend von der Geschichte der Repression seit dem „Summer of Resistance“ 2001 eine Analyse der biopolitischen Dimension europäischer Konfliktbeherrschung. Dabei sollen auch Parallelen zu anderen Bereichen, wie die Repression gegen Fußballfans untersucht werden.
Ausgehend von der These, dass es den Polizeien immer besser gelingt, unerwartete Überraschungen vorhersehbar und vorausschauend unmöglich zu machen, wollen wir im Workshop ausloten, unter welchen Bedingungen kreativer Widerstand erfolgreich bleibt.
Angela Furmaniak, Kriss Scholl
13-14.00 Uhr
Pause
14-16.00Uhr
Workshop 1
Finanzmärkte, Kämpfe und die Neuordnung Europas?
„Krisenlabor Griechenland“, so lautet der Titel der von J. Malamatinas und mir verfassten Analyse der Schuldenkrise (AssoziationA, Januar 2011). Wir verstehen sie als umfassenden Angriff auf die Lebensverhältnisse in Europa und darüber hinaus mit dem Ziel der Herstellung eines historisch neuen kapitalistischen Kommandos über die lebendigen Quellen des Werts. Darüber möchte ich berichten und mit Euch die daraus folgenden Fragen des Widerstands erörtern.
Detlef Hartmann
Workshop 2
EU-Polizei-Datenbanken und eine Kampagne: „Wider die DNA-Sammelwut“
Seit sich die EU in Maastricht Geld und in Schengen Grenzen gegeben hat, weitet sie inflationär Mechanismen der Repression und Kontrolle aus. Unser Vortrag widmet sich einem wesentlichen Faktor für diese Entwicklung: Den Datenbanken im Polizeibereich von SIS bis zu den Analysedateien von Europol. Wir werden zunächst einen Überblick über die Architektur der einschlägigen EU-Datenverarbeitung geben. Genauer wollen wir dann auf einen zurzeit eher vernachlässigten Aspekt staatlicher Überwachung eingehen: DNA-Datenbanken der Polizei, die auf europäischer Ebene laut Planung am 26. August 2011 mit dem Ende des Prüm-Prozesses voll vernetzt sein sollen; zudem ist der Austausch von DNA-Profilen mit den USA in Planung.
Die Kampagne „Finger weg von meiner DNA – Wider die DNA-Sammelwut!“ plant für Frühjahr/Sommer 2011 Protestaktionen – sie sollen vorgestellt und diskutiert werden.
Markus Murmelstein, Susanne Schultz
16.30 Uhr
Abschlußdiskussion
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