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Freihandel kann tödlich sein: Was sich die Tabakindustrie von TTIP verspricht

Beginn: Di, 07. Jul 18:18 CEST 2015
Ende:   Di, 07. Jul 19:19 CEST 2015
Ort:   Berlin-Kreuzberg, taz Café, Rudi-Dutschke-Straße 23
Geodaten: (N52.5067),(E13.3916)
Kartenausschnitt anzeigen:

Kontakt: http://www.unfairtobacco.org
Tags: USA, EU, TTIP, TISA, CETA, Freihandel, fairhandel, Tabakindustrie, soziale Standards,

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Tabakkonzerne wie Philip Morris benutzen internationale Handelsabkommen, um neue
Märkte zu erschließen und gesetzliche Regulierungen auszuhebeln. Für diese
Strategie bietet TTIP völlig neue Möglichkeiten. Was können wir dagegen tun?

Es informieren:
Laura Graen, freie Autorin (For
Changemakers[http://www.forchangemakers.com/de/about])
Dietmar Jazbinsek, freier Journalist

Moderation:
Anja Krüger, taz-Redakteurin


Dienstag, 7.7.2015, von 18.18 Uhr bis 19.19 Uhr
taz Café, Rudi-Dutschke-Straße 23
Berlin-Kreuzberg / Eintritt frei

Die Kampagne für die Einführung eines transatlantischen Freihandelsabkommens hat
ein neues Stadium erreicht: Zu Beginn wurden die Verhandlungen über TTIP so
geräuschlos wie möglich geführt, um die Öffentlichkeit gar nicht erst hellhörig
zu machen. Nachdem erste kritische Stimmen laut wurden, hat man
Hochglanzbroschüren gedruckt, in denen Millionen neuer Arbeitsplätze und
Wohlstand für alle in Aussicht gestellt wurden. An diese Modellrechnungen
glauben heute nicht einmal mehr diejenigen, die sie in Auftrag gegeben haben.
Die Befürworter von TTIP haben deshalb die Marschrichtung geändert und
konzentrieren sich heute auf die persönliche Diffamierung ihrer Kritiker, auf
den Spott über Chlorhühnchen-Choleriker und Hormonfleisch-Hysteriker. Es sei die
typisch deutsche Angst vor Veränderungen, so heißt es in Kreisen der
EU-Kommission und des Wirtschaftsministeriums, die die wunderbare Welt des
Freihandels in Misskredit bringe. Im Übrigen könne man kein Abkommen
kritisieren, das noch gar nicht ausverhandelt worden sei.

Was die Kampagne für TTIP ausblendet, sind die konkreten Erfahrungen, die mit
den bislang abgeschlossenen bilateralen und multilateralen Handelsabkommen
gemacht wurden. Es gibt historische Dokumente, die belegen, dass solche Abkommen
vor allem den Interessen großer Unternehmen dienen und dass der Freihandel
durchaus tödliche Folgen haben kann. Es handelt sich dabei um interne Dokumente
der Tabakindustrie, die aus Gerichtsverfahren in den USA hervorgegangen sind und
die heute im Internet abgerufen werden können.

Die Tabakindustrie-Dokumente geben Aufschluss darüber, wie westliche
Zigarettenkonzerne in den 1990er Jahren internationale Handelsabkommen genutzt
haben, um sich Zutritt zu den Märkten in Südostasien zu verschaffen. Als
Zielgruppen der Tabakwerbung wurden vor allem Jugendliche und Frauen ins Visier
genommen. Der freie Handel mit Tabakprodukten führt in Staaten wie Südkorea oder
Thailand tatsächlich zu mehr Wachstum - und zwar zu einem Anwachsen der Zahlen
von chronisch Kranken und Tabaktoten.

2010 ging der Marlboro-Hersteller Philip Morris noch einen Schritt weiter und
verklagte Uruguay auf der Basis eines bilateralen Handelsabkommens mit der
Schweiz. Anlass für die Klage war die Entscheidung der uruguayischen Regierung,
die Produktpalette bei Zigaretten einzuschränken und die Warnhinweise auf
Zigarettenpackungen zu vergrößern, um die Bevölkerung besser vor den Gefahren
des Rauchens zu schützen. Ende 2011 legte Philip Morris eine ähnliche Klage
gegen Australien ein, nachdem dort die Einführung von Einheitspackungen für
Zigaretten beschlossen worden war. Unter Berufung auf bestehende Handelsabkommen
unternimmt der Zigarettenkonzern derzeit den Versuch, die Entscheidungen der
Parlamente und Verfassungsgerichte beider Länder auszuhebeln.

Auch wenn noch offen ist, wie die Schiedsgerichtsverfahren gegen Uruguay und
Australien ausgehen, haben sie heute schon praktische Konsequenzen: Andere
Länder werden davon abgehalten, vergleichbare Gesundheitsgesetze auf den Weg zu
bringen, weil ihnen die Ressourcen für einen langwierigen Rechtsstreit mit
multinationalen Großunternehmen fehlen. Das gilt vor allem für afrikanische
Staaten, die in letzter Zeit entsprechende Drohbriefe von Tabakkonzernen
erhalten haben.

Vor dem Hintergrund der Lobbyerfolge, die die Tabakindustrie den bestehenden
Handelsabkommen zu verdanken hat, wird verständlich, warum sie sich mit
Nachdruck für den Abschluss des transpazifischen und des transatlantischen
Freihandelsabkommens einsetzt. Weil Zigarettenkonzerne in der Öffentlichkeit
keinen sonderlich guten Ruf haben, betreiben sie ihre Freihandelspolitik nicht
auf offener Bühne, sondern unterstützen hinter den Kulissen die Kampagnen von
Lobbyorganisationen wie dem "Emergency Committee for American Trade".

In der Informationsveranstaltung soll es darum gehen, welche Schlussfolgerungen
aus dem Fallbeispiel der Tabaklobby zu ziehen sind:

Genügt es, den Handel mit Tabakprodukten aus Handelsabkommen explizit
auszuklammern, wie es Malaysia im Kontext der Verhandlungen zum transpazifischen
Handelsabkommen gefordert hat?

Die Tabakfirmen setzen sich insbesondere für die Festschreibung des
Schiedsgerichtsverfahrens, die Ausweitung von Markenrechten und die frühzeitige
Information der Konzerne im Rahmen der "regulatorischen Kooperation" ein. Muss
und kann man diese Regelungen abändern?

Oder führt jede Nachbesserung dazu, einem Abkommen den Anschein von Legitimität
zu verleihen, das letztlich darauf hinausläuft, die Fundamente unserer
Demokratie zu untergraben?

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