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03.09.2021 Wer ist der Markt?
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Plattformen sind Märkte

Wer kennt ihn nicht den Spruch: "Der Markt wird das schon richten" - die Weisheit aller Kapitalismus-Gläubigen. Aber was ist eigentlich der Markt?

  • eine ominöse Macht im Hintergund?
  • die Gemeinschaft der Handelnden?
  • nur eine Modellvorstellung der Wirtschaftswissenschaftler?

Bereits in unserer Publikation "Bitcoin und andere Geldsysteme" hatten wir versucht und dem Thema zu nähern und auch der Artikel "Kunden werden an Google- und Apple-Pay ausgeliefert - Selbstentmachtung der Banken" wollte sich mit dem Thema beschäftigen, geriet dann aber schnell in Googles Fallen beim Android installieren.

Ein gutes Stück voran gebracht hat uns nun ein lesenswertes Interview mit dem Kulturwissenschaftler Michael Seemann in dem kapitalismuskritischen Wirtschaftsmagazin brand eins unter dem Titel "Ich würde definitiv nicht in Kryptowährungen investieren".

Ausgangspunkt ist auch dort die Frage, welche Märkte gibt es und wer hat dort das Sagen oder sogar die alleinige Macht.

An den Beispielen eBay, Instagram, Twitter, airbnb, der EZB, Trading-Plattformen wie Etoro oder Naga u.v.a. werden die Möglichkeiten der Handelnden und auch die Macht der "Chefs" verglichen. Allen diesen Plattformen gemein ist, dass sie Märkte bereitstellen. Im Vergleich zur Plattform E-Mail stellt sich heraus, dass diese inzwischen 40 Jahre alte (genormte) Plattform als eine der wenigen als demokratisch bezeichnet werden kann. Jede/r kann sie ohne Einschränkungen nutzen und niemandem kann die Nutzung verwehrt werden. Im Gegensatz dazu sind die oben genannten Plattformen, wie WhatsApp, Twitter, Google, Instagram und Amazon stets auf sich selbst begrenzt und ihre Nutzung kann einzelnen Menschen oder Gruppen jederzeit gesperrt werden.*

*) Vielleicht erinnern sich einige noch an die Anfänge von WhatsApp, als es sehr schnell einen offenen Linux Client für diesen Messenger gab. Innerhalb weniger Monate hat Facebook die Nutzung von WhatsApp über diesen Client unmöglich gemacht. Die Souveränität über den "Marktplatz" durfte nicht angetastet werden.

Zurück zu den Märkten: Michael Seemann kommt entsprechend dem Titel seines Interviews auch auf Kryptowährungen, wie Bitcoin zurück und erläutert dazu, dass auch auf dieser durch die vielfach kopierte Blockchain demokratisch legitimiert erscheindenden Plattform, die Macht inzwischen in den Händen  von großen Serverfarmen liegt. Das dezentrale Prinzip von Bitcoin erlaubt jedem Teilnehmer eine Kopie der Blockchain zu besitzen. Dadurch kann sie offiziell von niemandem manipuliert werden. Wenn man jedoch mehr als 50 Prozent der Rechenleistung des Netzwerkes aufbringt, hat man plötzlich die Macht die Gültigkeit von Transaktionen als gültig oder ungültig zu erklären. Wegen der Größe der Blockchain belasten sich die meisten Handelnden nicht mehr mit einer Kopie und schon ist der "demokratische Ansatz" dahin. Mit zunehmender Konzentration in den Serverfarmen bilden sich auch hier Machtzentren.

Über die darüber hinaus gehende energieintensive und klimapolitisch unsinnige Schöpferei von Bitcoins hatten wir uns schon öfter ausgelassen. Dass die staatlichen Kryptowährungen, wie jetzt in China eingeführt und von der EU als "digitaler Euro" geplant, keinen Unterschied zum Papiergeld der Zentralbanken darstellen, ist aufgrund der Verfügungsgewalt durch diese selbstverständlich.

Zentral war für uns an Seemans Ausführungen das Verhältnis Markt und Plattform, sowie die Unterscheidung zwischen Schnittstellen- und Protokollplattformen. Wir streiten in jedem Fall für freie offen definierte Protokolle, deren Nutzung nicht durch Konzerninteressen oder Staaten beschränkt werden dürfen.

Mehr dazu bei https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2021/kapitalismus/ich-wuerde-definitiv-nicht-in-kryptowaehrungen-investieren
und zum Unterschied zwischen Debit- und Credit-Karte https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/kreditkarte-debitkarte-101.html
und alle Artikel zu PSD2 https://www.aktion-freiheitstattangst.org/cgi-bin/searchartl.pl?suche=psd2&sel=meta


Kommentar: RE: 20210903 Wer ist der Markt?

Gute Gesundheitsversorgung kriegt der Markt nicht geregelt.
Bezahlbaren Wohnraum kriegt der Markt nicht geregelt.
Lebensmittel und Wasser für alle kriegt der Markt nicht geregelt.
Flächendeckendes Internet kriegt der Markt nicht geregelt.
Was kann der eigentlich, dieser Markt?
Julia Schramm

Me., 01.10.21 17:31


RE: 20210903 Wer ist der Markt?

Nix "freier Markt" sondern Marktmacht:
3 Konzerne – Unilever, der indische Konzern Tata und Associated British Foods – kontrollieren 80% des globalen Tee-Handels.
3 Konzerne beherrschen weltweit mehr als 60% des Markts für kommerzielles Saatgut und Agrarchemikalien, Bayer/Monsanto,
4 Hersteller produzieren 60% der Babynahrung weltweit, in Westeuropa 74%, in Australien sind es 92%
85% des Lebensmittelmarktes in Deutschland beherrschen Aldi, Edeka, Rewe und die Schwarzgruppe mit Lidl und Kaufland
90% aller angebotenen „Kinderlebensmittel“ sind nach den Maßgaben der Weltgesundheitsorganisation zu fett, zu salzig oder zu süß.
schreibt foodwatch e.V., Brunnenstr. 181, 10119 Berlin, Deutschland

Wa., 04.09.2021 14:22


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Created: 2021-09-03 08:17:14
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