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09.05.2019 Eine Politik für die Menschen durchsetzen
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Früher war's - der Großvater erzählt

Haben wir uns gestern über das bewusste Täuschen durch Fake News in der Klimapolitik ausgelassen, so geht es heute um den mehr oder weniger versteckten Einfluss, um notwendige politische Entscheidungen zu verhindern.

Die Grenzen des Wachstums

Der Club of Rome  hatte 1971 das Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit einer Untersuchung zu den Auswirkungen der Industrialisierung auf globale Entwicklungen beauftragt, 1972 wurden die Ergebnisse unter dem Titel „Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“ veröffentlicht.

Das Fazit dieser Studien vor fast 50 Jahren war:

„Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“

Das Erreichen der Wachstumsgrenzen könnte zu einem ziemlich raschen und nicht aufhaltbaren Absinken der Bevölkerungszahl und der industriellen Kapazität führen, wenn dadurch die Umwelt irreparabel zerstört oder die Rohstoffe weitgehend verbraucht würden. Es zeige sich, dass – gemäß der verwendeten Modellvorstellungen – auch maximale Technologie keinen Systemzusammenbruch verhindert, sofern das Produktionskapital unbegrenzt weiter wachsen würde, weil selbst eine maximale Technologie die negativen Folgen nicht mehr kompensieren könne:

„Aus diesem teuflischen Regelkreis können uns technische Lösungen allein nicht herausführen.“

Diese Ergebnisse waren die erste weltweit wahrgenommene Warnung, dass Wachstum nicht das Ziel der Menschheit und der Staaten sein sollte.

Und das Klima?

Die Autoren der "Grenzen des Wachstums" erwähnten 1972 die Klimawirkung durch Treibhausgase zwar, die damals erstmals verwendeten Computersimulationen steckten jedoch, auch mangels exakter Daten aus der Vergangenheit, noch in den Kinderschuhen. Recht genau waren dagegen die Beschreibungen des Einflusses des sauren Regens durch Industrieabgase und der durch FCKW verursachte lebensbedrohende Abbau der Ozonschicht. Letzteres kann als Lichtblick für die Handlungsfähigkeit der Menschheit gelten, denn innerhalb weniger Jahrzehnte konnte deren Herstellung weltweit verboten werden.

In dem im Jahr 2004 veröffentlichten 30-Jahre-Update des Club of Rome wird ein Überschreiten der Wachstumsgrenzen und ein anschließender Kollaps („overshoot and collapse“) bis spätestens 2100 und bei Fortführung des „business as usual“ der letzten 30 Jahre bereits ein Kollaps ab dem Jahr 2030 vorhergesagt.

1980 - Der Bericht an den Präsidenten

Immerhin hatte der Club of Rome Bericht den US Präsidenten soweit beunruhigt, dass er 1977 eine Studie über die Entwicklung bis zum jahr 2000 in Auftrag gab. Die 1500 Seiten wurden 1980 dem Kongress übergeben und sind im gleichen Jahr in Deutschland unter dem Titel "Global 2000 - Bericht an den Präsidenten" erschienen. Die Ergebnisse waren (auch Dank der aufgewendeten Mittel) viel konkreter (S. 85, deutsche Ausgabe):

  • Ein weiteres Umweltproblem, das im Zusammenhang mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe (und vielleicht auch im Zusammenhang mit dem weltweiten Verlust an Wäldern und Humusböden) steht, ist die zunehmende Konzentration von Kohlendioxyd in der Erdatmosphäre.
  • Wenn die prognostizierten Steigerungsraten bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe (jährlich etwa 2%) fortbestehen sollten, wird es voraussichtlich zu einer Verdoppelung des CÜ2-Gehalts der Atmosphäre nach der Mitte des nächsten Jahrhunderts kommen; und wenn die Abholzung die tropischen Wälder stark reduziert (wie es die Prognosen vorsehen), könnte es noch früher zu einer solchen Verdoppelung kommen.
  • Es könnten eine entscheidende Veränderung in der Struktur der Niederschläge auf der ganzen Erde und ein Temperaturanstieg um 2-3° in den mittleren Breiten der Erde eintreten.
  • Schon eine Steigerung der durchschnittlichen Temperaturen auf der Erde um 1° C würde das Erdklima wärmer machen, als es jemals in den letzten 1000 Jahren gewesen ist.

Ein stärkerer Schwerpunkt war in der Studie das bereits erwähnte drängende Problem der Zerstörung der Ozonschicht. Neben der Kritik an der fortscheitenden Industrialisierung und des damit einhergehenden Verbrauchs von endlichen Ressourcen wurden auch die (heute immer noch aktuellen) Bedrohungen der Biodiversität bereits eindeutig benannt (S. 612 f):

  • Es werden die Schädlingsvertilger sowohl direkt durch die Wirkung der Insektizide als auch indirekt, indem man ihnen den Nährboden entzieht, ausgerottet.
  • Sehr oft werden räuberische Insekten durch die Pestizidanwendungen lokal ausgelöscht. Wenn diese räuberischen Insekten ausgerottet sind, vermehren sich die Pflanzenschädlinge rapide, was zu schwerem Schädlingsbefall führt. Die Farmer reagieren auf einen solchen Befall oft mit noch stärkeren Pestizidgaben und reduzieren damit die Möglichkeit, daß sich die Schädlingsvertilger wieder etablieren, noch weiter.
  • Der vermehrte Gebrauch von Pestiziden wird, so kann man erwarten, den Schädlingsbestand weiterhin vermindern, aber mit abnehmendem Erfolg, denn Resistenz der Insekten gegenüber Pestiziden wird sich weiterhin entwickeln, die räuberischen Arten werden sich, wie oben erwähnt, weiterhin erschöpfen.
  • Der erste geht auf die weitere genetische Verbesserung von Schlüsselpflanzen und Tierarten, um die Erträge zu steigern. Entwicklungen auf diesem Gebiet werden eine größere Abhängigkeit von durch Inzucht gezogenen Arten zur Folge haben, was sich in einem höheren Grad genetischer Uniformität äußert.
  • Der zweite Trend ist die Verlagerung auf die Monokultur weniger Hauptnahrungspflanzen mit relativ hohen Erträgen und geringen Kosten. Diese beiden Trends zusammen führen zu weiterer Überzüchtung und verdrängen den Anbau von Feldfrüchten mit niedrigeren Erträgen oder großer genetischer Vielfalt.
  • Es wurde geschätzt, daß in den frühen 70er Jahren mehr als vier Fünftel der Nahrungsmittel auf der Welt von weniger als zwei Dutzend Pflanzen und Tierarten gewonnen wurde. ... schmaler werdenden genetischen Fundus und ausgedehntere Monokultur der Hauptnahrungsmittel könnten zu plötzlichen nicht voraussehbaren starken Verlusten in der Weltnahrungsmittelproduktion führen. Wie wahrscheinlich und wie ernst ist eine solche Katastrophe?

Der Bericht verweist dann auf Hungersnöte mit Millionen Toten im Gefolge der Kartoffelfäule in Irland und dem Kaffeerost-Befall in Ceylon (Sri Lanka), aber auch aktuellen Fällen, wie die Vernichtung der bengalischen Reisernte, ebenfalls mit zehntausenden von Toten und des Ausfalls eines großen Teils der US-Weizenernte 1946.

Wir sollten beachten, dass es sich bei den Studien von vor 50 und vor 15 Jahren nicht (nur) um Entwicklungen der Umwelt handelt, sondern um unser aller Einfluss auf diese Entwicklungen und alle Studien ein aktives Handeln durch die Menschen und ihre Regierungen anmahnen!

Was ist nun in den letzten 50 Jahren passiert?

Spätestens nach der ersten weltweiten Klimakonferenz in 1979 Genf (WCC1) und dem oben beschriebenen Bericht "Global 2000" sollte das Thema bei allen Regierungen und auch bei allen Menschen angekommen sein. Schwerpunkt und wichtiges Ergebnis war die hier ausgesprochene Warnung, dass die weitere Konzentration auf fossile Brennstoffe im Zusammenhang mit der fortschreitenden Vernichtung von Waldbeständen auf der Erde „zu einem massiven Anstieg der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration führen“ wird.

Bei einer Fortsetzungkonferenz 1988 in Toronto war man sich schon in der "Forderung" nach einer Minderung der Treibhausgasemissionen um 20 % bis 2005 und 50 % bis zum Jahr 2050, gegenüber den Werten von 1988 einig. Es folgten viele weitere Konferenzen ...

1972: Bericht des Club of Rome "Die Grenzen des Wachstums"
1979: Genf (WCC-1)
1988: Toronto (World Conference on the Changing Atmosphere)
1990: Genf (WCC-2)
1992: Rio de Janeiro
1995: Berlin (COP 1)
1996: Genf (COP 2)
1997: Kyoto (COP 3)
1998: Buenos Aires (COP 4)
1999: Bonn (COP 5)
2000: Den Haag (COP 6) und Bonn (COP 6-2)
2001: Marrakesch (COP 7)
2002: Neu-Delhi (COP 8)
2003: Mailand (COP 9)
2004: Buenos Aires (COP 10)
2004: Das 30-Jahre-Update zum Club-of-Rome-Bericht
2005: Montreal (COP 11/CMP 1)
2006: Nairobi (COP 12/CMP 2)
2007: Bali (COP 13/CMP 3)
2008: Posen (COP 14/CMP 4)
2009: Kopenhagen (COP 15/CMP 5)
2010: Cancún (COP 16/CMP 6)
2011: Durban (COP 17/CMP 7)
2012: Doha (COP 18/CMP 8)
2013: Warschau (COP 19/CMP 9)
2014: Lima (COP 20/CMP 10)
2015: Paris (COP 21/CMP 11)
2016: Marrakesch (COP 22/CMP 12)
2017: Bonn (COP 23/CMP 13)
2018: Katowice (COP 24/CMP 14)
2019: Santiago de Chile (COP 25/CMP 15)

Kritiker sagen oft, dass bei diesen Konferenzen viel Geld vergeudet wird und nichts dabei herauskommt. Wer trifft sich denn dort?

Das sind Regierungsvertreter und NGOs und von den letzteren gibt es viele

  • BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations), also Wirtschaftslobbyisten
  • TUNGOs (Trade Union Non-Governmental Organizations), Gewerkschaften
  • RINGOs (Research and Independent Organisations), Wissenschaftler
  • ENGOs (Environmental Non-Governmental Organizations), Umweltverbände
  • YOUNGOs, Jugendorganisationen

Man kann sich sicher sein, dass Politiker und Wirtschaftsvertreter den beherrschenden Einfluss auf den (schleppenden) Fortgang und die Entscheidungen haben. Das muss sich ändern!

Fazit

Mindestens seit 15 Jahren ist die Notwendigkeit einer drastischen Verminderung des CO2 Ausstoßes festes Wissen und trotzdem wird fast nichts getan. Und dieses "fast nichts" wird auch noch durch die Lobby der Wirtschaft zurückgedreht, wie in Deutschland die Energiewende.

  • Installationen von Solaranlagen werden seit 2 Jahren praktisch nicht mehr gefördert sondern durch sogar durch Steuer und EEG-Umlage auf selbstgenutzten Strom verteuert.
  • Der Bau von Windkraftanlagen wird in den Händen der großen Energiekonzerne konzentriert.
  • Die begonnene Dezentralisierung der Energieerzeugung wird durch dicke Stromtrassen ohne Einspeisepunkte unmöglich gemacht.

Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen - das wollen wir Umweltverbänden überlassen, die sich auf diese Themen spezialisiert haben. Angesichts der in 2 Wochen bevorstehenden Wahlen zum EU Parlament und weiterer Landatgswahlen im Sommer und Herbst fragen wir uns nur

  • Warum bekommt eine Partei wie die AfD auch nur eine Stimme, wenn sie die Klimaveränderungen zum Schaden aller leugnet?
  • Warum wählt jemand Parteien wie CDU/CSU und FDP, die sich gegen eine CO2 Steuer aussprechen, obwohl eine solche Abgabe doch genau ihrem egoistischem Selbstverständnis von "alles hat seinen Preis", "Jede/r bekommt nur das, was man sich leisten kann" entsprechen müsste?

Bereits im "Bericht an den Präsidenten" wurde vor 40 Jahren ganz klar formuliert: Umsteuernde Maßnahmen sind nur in einem begrenzten Zeitraum möglich und werden mit jedem Jahr teurer. Die Entwicklungen verlaufen exponentiell - das heißt dann auch exponentiell teurer. Eine Politik des "Abwartens" dürfen wir 99% ohne einen hohen Kontostand in einem Steuerparadie uns nicht weiter gefallen lassen.

Ideen für eine solidarische Gesellschaft und eine Begrenzung des ungezügelten Wachstums sind vorhanden und müssen dringend umgesetzt werden.

Mehr dazu bei https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Grenzen_des_Wachstums
und https://de.wikipedia.org/wiki/Global_2000_(Studie)
und https://www.co2online.de/klima-schuetzen/klimagipfel/die-wichtigsten-klimagipfel-seit-1992/


Kommentar: RE: 20190509 Eine Politik für die Menschen durchsetzen

So wie es sich gegenwärtig darstellt wird das gegenwärtige erst mal gehörig gegen die Wand bzw. in den Abgrund fahren. Vielleicht sind wir Menschen so wir es überleben dann ein wenig schlauer. Die Neustartbedingungen werden auf jeden Fall um einiges härter sein. Passen dazu dieses Lied (https://www.youtube.com/watch?v=XTPGpBBwt1w).

Ra., 22.05.2019 19:59


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Created: 2019-05-09 09:52:47
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