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05.03.2018 Forderungen der "Agentur für Grundrechte" an die EU Kommission
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10 Jahre Grundrechte in der EU 

Als Mitglied der Fundamental Rights Platform (FRA) dokumentiert Aktion Freiheit statt Angst regelmäßig deren Veröffentlichungen, wenn sie unsere Themen betreffen. In den letzten Tagen erreichte uns die Publikation der FRA zum 10-jährigen Jubiläum der Verabschiedung der Grundrechte in der EU. Das Dokument steht in alle Sprachen der EU zum Download bereit.

Wir möchten hier auf einige wichtige Passagen in dem Dokument hinweisen. Die Hervorhebungen sind von uns in den Text eingebracht worden und weisen auf wichtige Feststellungen hin. Viele davon sind für uns selbstverständlich - von einigen Staaten in der EU und leider auch manchmal von der Kommission wird dies jedoch anders gesehen.

Insbesondere bei der Beurteilung der Vorratsdatenspeicherung hätten wir uns nach den eindeutigen Urteilen des EuGH eine klarere Haltung der FRA gewünscht. An statt des Aufrufs nach Privatsphäre-schonender Speicherung wäre eine Ver(!)-urteilung aller Versuche von Staaten eine anlasslose Überwachung der Kommunikation aller Menschen beizubehalten oder sogar wieder einzuführen angemessen gewesen.

Vorwort

Offenbar zeichnen sich zwei Tendenzen ab: Auf der institutionellen Seite hat die EU Instrumente eingeführt, um die Grundrechte besser zu fördern und zu schützen. Bei der Umsetzung von Grundrechten vor Ort hingegen gibt es nach wie vor große Defizite, die sich in manchen Bereichen sogar noch vergrößern

Zwei Meilensteine zeigen diesen Wandel:

  • das Inkrafttreten der EU-Charta der Grundrechte und
  • die Errichtung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. 

Ein weiterer Meilenstein wäre der Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention, wie dies im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist. 

1. Die EU-Grundrechtecharta und ihre Anwendung durch die Mitgliedstaaten 

Nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) ist die EU-Grundrechtecharta für die EU-Mitgliedstaaten bindend, wenn sie im Anwendungsbereich des EU-Rechts tätig werden. Die Rechtsvorschriften der EU wirken sich unmittelbar oder mittelbar auf das Leben der Menschen in der EU aus. 

2.    Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung 

Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Ende 2016 keine Einigung über den Vorschlag für eine EU Gleichbehandlungsrichtlinie erzielt. 

Dazu eine FRA-Stellungnahme: 2.1 Der EU-Gesetzgeber sollte alle Hebel in Bewegung setzen, um dafür zu sorgen, dass die vorgeschlagene Gleichbehandlungsrichtlinie zügig verabschiedet wird, um einen einheitlichen Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. 

3.    Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und damit einhergehende Intoleranz 

Auch 2016 waren Flüchtlinge, Asylsuchende und MigrantInnen in der gesamten Europäischen Union rassistischen und fremdenfeindlichen Anfeindungen ausgesetzt. MuslimInnen erlebten zunehmend Feindseligkeit und Intoleranz und viele Roma waren nach wie vor mit Diskriminierung und Romafeindlichkeit konfrontiert. 

Dazu eine FRA-Stellungnahme: 3.1 Die EU-Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass jeder Fall mutmaßlicher Hasskriminalität oder Hassreden  – einschließlich jener, die speziell gegen Asylsuchende, Flüchtlinge und MigrantInnen gerichtet sind  – wirksam untersucht, verfolgt und geahndet wird. 

Nur in einigen wenigen EU-Mitgliedstaaten gab es 2016 spezielle nationale Aktionspläne zur Bekämpfung der Rassendiskriminierung sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, obwohl die Verantwortung für die Bekämpfung von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz in erster Linie bei den Staaten liegt. 

5.    Asyl, Visa, Migration, Grenzen und Integration 

Über 5000 Menschen sind 2016 bei dem Versuch, Europa mit dem Schiff zu erreichen, ums Leben gekommen, obwohl die Zahl der auf dem Seeweg irregulär eingewanderten Menschen gegenüber 2015 um 60 % auf insgesamt 350.000 im Jahr 2016 zurückging. 

Eine legale Einreise nach Europa blieb für die meisten schutzbedürftigen MigrantInnen illusorisch: Es gab zwar kleinere Fortschritte in Bezug auf eine Aufnahme aus humanitären Gründen. ... Diese wurden jedoch durch Rückschritte bei der Familienzusammenführung zunichte gemacht, da mehrere EU-Mitgliedstaaten diesbezüglich Einschränkungen in ihre nationalen Rechtsvorschriften aufgenommen haben. 

Dazu eine FRA-Stellungnahme: 5.3 Die EU-Mitgliedstaaten sollten eine Kombination aus asylrechtlichen Regelungen und generellen aber flüchtlingsfreundlicheren Mobilitätsmechanismen in Erwägung ziehen, um den Menschen legale Wege in die EU zu eröffnen. In diesem Zusammenhang sollten sie Abstand von Rechtsvorschriften nehmen, die letztlich die Familienzusammenführung bei Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, erschweren, verhindern oder erheblich verzögern. 

FRA-Stellungnahme: 5.4 Die EU-Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Migranten- und Flüchtlingskinder eine effektive Sprachförderung und eine wirksame soziale und psychologische Betreuung erhalten, die basierend auf einer individuellen Bewertung ihrer Bedürfnisse angeboten wird. Auf diese Weise werden sie auf den Schulbesuch und ihre erfolgreiche Integration in das Bildungswesen und die lokalen Gemeinschaften vorbereitet. Es sollten Strategien und Maßnahmen eingeführt werden, um Isolation und Segregation an den Schulen zu vermeiden und den Zugang von Migranten- und Flüchtlingskindern zu Regelklassen sowie zum allgemeinen Bildungssystem zu erleichtern. 

FRA-Stellungnahme: 5.5 Die EU-Mitgliedstaaten sollten angemessen auf diskriminierende oder gewalttätige Proteste gegen den Schulbesuch von Migranten- und Flüchtlingskindern reagieren. Dabei sollten sie sowohl auf Strafverfolgungsmaßnahmen als auch auf die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und des sozialen Zusammenhalts setzen. Sie sollten positive Maßnahmen ergreifen, um Vorurteile zu bekämpfen und unbegründete Bedenken auszuräumen. Darüber hinaus sollten die nationalen Behörden die in allen EU-Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften und Bestimmungen durchsetzen, die Diskriminierung und hassmotivierte Straftaten aus einem der Diskriminierungsgründe  – einschließlich der ethnischen Herkunft, der Rasse oder der Religion – verbieten

6. Informationsgesellschaft, Privatsphäre und Datenschutz 

Um dieser Herausforderung [verschlüsselter Daten] zu begegnen, ziehen einige Mitgliedstaaten nun Rechtsvorschriften in Erwägung – oder haben diese bereits verabschiedet –, mit denen die Dienstanbieter verpflichtet werden, Verschlüsselungs-Backdoors einzubauen, über die Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste auf Antrag auf alle verschlüsselten Daten zugreifen können. Allerdings wurde bereits vielfach zu Bedenken gegeben geäußert, dass diese eingebauten Backdoors eine allgemeine Aufweichung der Verschlüsselung bewirken können, da sie von jeder Person, die über hinreichendes technisches Fachwissen verfügt, gefunden und missbraucht werden können. Dies könnte den Anforderungen des Datenschutzes zuwiderlaufen und gleichermaßen die Sicherheit der Kommunikation und die Sicherheit der über Staaten, Unternehmen und Einzelpersonen gespeicherten Daten beeinträchtigen

Dazu eine FRA-Stellungnahme: 6.2 Die EU-Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass Maßnahmen zur Bewältigung der Probleme, die mit der Verschlüsselung verbundenen sind, dem legitimen Ziel der Bekämpfung von Straftaten angemessen sind. Solche Maßnahmen dürfen keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten darstellen

[Zum Privacy Shield] erließ die EU im Jahr 2016 eine Angemessenheitsentscheidung zum EU-US-Datenschutzschild für internationale Datentransfers. Diese Entscheidung besagt ausdrücklich, dass die Europäische Kommission regelmäßig überprüfen wird, ob die Voraussetzungen für die Angemessenheit des Datenschutzes noch gegeben sind. Sollte eine solche Prüfung nach dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, kann die Kommission den Datenschutzschild aussetzen

Dazu eine FRA-Stellungnahme: 6.4 Die EU-Mitgliedstaaten sollten in ihren nationalen Rechtsrahmen zur Vorratsdatenspeicherung generelle und willkürliche Speicherung von Daten durch Telekommunikationsanbieter vermeiden. Die nationalen Rechtsvorschriften sollten strenge Prüfungen auf Verhältnismäßigkeit und geeignete Verfahrensgarantien einschließen, sodass das Recht auf den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten effizient geschützt wird. 

8. Zugang zur Justiz, einschließlich der Rechte der Opfer von Straftaten

Die letzten drei EU-Mitgliedstaaten – Bulgarien, die Tschechische Republik und Lettland – haben 2016 das Übereinkommen von Istanbul zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt unterzeichnet. Damit erkennen alle EU-Staaten das Übereinkommen von Istanbul als grundlegenden europäischen Standard an

Mehr dazu im Originaltext bei http://fra.europa.eu/de/publication/2017/grundrechte-bericht-2017-fra-stellungnahmen
und das FRA Handbuch zur Datenschutzgrundverordnung http://fra.europa.eu/de/publication/2014/handbuch-zum-europischen-datenschutzrecht


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