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05.07.2017 Erneut Bundeswehrkritiker verurteilt
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Bonner Amtsgericht verurteilt erneut einen Antimilitaristen

Wie uns das Grundrechtekomitee mitteilt, hat das Amtsgericht in Bonn erneut einen Bürger wegen seiner Ablehnung deutscher Militäreinsätze im Ausland verurteilt.

Aber nein, so steht es natürlich nicht in dem Urteil - wir haben ja Meinungsfreiheit, aber verurteilt wurde der Tatbestand des Betretens eines gesperrten militärischen Geländes.

Das ganze Verfahren lief dann so ab:

Bonner Amtsgericht verurteilt erneut einen Antimilitaristen

Am 30. Juni 2017 verurteilte das Amtsgericht Bonn den Friedensaktivisten Malte Fröhlich, der im Rahmen des War-starts-here-Camps 2015 auf dem Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide bei Magdeburg gegen die dortigen Kriegsvorbereitungen protestiert hatte. Richterin Gleesner verhängte eine Geldbuße von 400,- Euro. Hinzu kommen Verfahrenskosten und Auslagen.

Der Beschuldigte Malte Fröhlich hat in seiner Verteidigungsrede schlüssig dargelegt, dass sich die Bundeswehr - zusammen mit der NATO - vom völkerrechtlich verbindlichen Gewaltverbot der UN-Charta verabschiedet hat. Der permanenten Verletzung des Völkerrechts durch die aktuellen Kriege der Bundeswehr müsse Widerstand entgegengesetzt werden. Dies folge aus Grundgesetz-Artikel 25, der unmittelbare Pflichten für die BürgerInnen der Bundesrepublik im Falle von Völkerrechtsbruch fordert: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ Ebenfalls führte der Beschuldigte Artikel 26 GG an, der die Führung und Vorbereitung von Angriffskriegen unter Strafe zu stellen fordert. Die Vorbereitung von Angriffskriegen könne keinesfalls zu den dienstlichen Aufgaben der Bundeswehr gehören. Nur für solche dienstlichen Aufgaben könnte das GÜZ-Gelände überhaupt gesperrt werden. Laut § 114 Ordnungswidrigkeiten-Gesetz (OWiG) handelt nur der rechtswidrig, der ein Gelände betritt, das „zur Erfüllung dienstlicher Aufgaben der Bundeswehr“ gesperrt ist.

Da die Bundeswehr auf dem Gefechtsübungszentrum alle Truppen trainiert, die in völkerrechtswidrige Auslandseinsätze geschickt werden, entstehe aus dem Grundgesetz heraus die Pflicht zum Widerstand gegen diese Kriegspolitik. Zumindest könne der „Rechtfertigende Notstand“ gemäß § 16 OWiG reklamiert werden, so der Beschuldigte. Statt die Bundesregierung juristisch zu verfolgen, würden diejenigen angeklagt, die verfassungskonform handeln. Die Justiz betreibe somit Strafvereitelung im Amt. Deshalb müsse das untätige Zuschauen der BürgerInnen durchbrochen werden. „Solange die Bundeswehr weiter Verbrechen begeht, so lange werde ich ihr, so gut es mir möglich ist, dabei im Wege stehen“, so Malte Fröhlich am Schluss seines Plädoyers.
 
Die Richterin war nicht bereit, sich mit den Argumenten auseinanderzusetzen. Sie sah in der Tat des Beschuldigten eine formal erfüllte Rechtsverletzung durch das Betreten des durch Hinweisschilder gekennzeichneten militärischen Sperrbezirkes, ohne die Aktion verfassungssystematisch einzuordnen und ohne die vorgetragenen Rechtfertigungsgründe zu prüfen. Pauschal verwies sie darauf, dass die Aktion nicht geeignet gewesen sei, das Übel dauerhaft zu beseitigen. Ob auf dem Gelände Angriffskriege vorbereitet würden, sei eine streng juristische Frage, die in diesem Verfahren nicht geprüft werden könne. Diese Aussage von einer Richterin, sie könne streng juristische Fragen nicht prüfen, führte zu Unmutsäußerungen im Publikum, woraufhin mit Saalverweisungen im Wiederholungsfall gedroht wurde.

Der Verteidiger des Beschuldigten, Holger-Isabelle Jänicke, machte auf das juristisch fehlerhafte Vorgehen der Richterin aufmerksam. Die Rechtfertigungsgründe würden nicht geprüft, obwohl nach Zeugenaussagen der Bundeswehr in parallelen Prozessen geklärt wurde, dass der Kriegsvorbereitungsbetrieb auf dem Gelände für die Dauer der Woche des antimilitaristischen Camps 2015 unterbrochen worden war. Dass es das Gericht unterlasse, die Verfassungswidrigkeit der Bundeswehr-Kriege zu überprüfen, sei nicht hinnehmbar. Die Ablehnung seiner diesbezüglichen konkreten Beweisanträge bedeute eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht den Bundeswehrmajor Florian Pfaff nach dessen Verweigerung der Mitwirkung im Irak-Krieg nachträglich rehabilitiert. Auch könne ein Freispruch unter Gesichtspunkten der Gewissensfreiheit und des Versammlungsrechtes geboten sein. Im Falle einer Verurteilung des hier Beschuldigten würden vom Gericht sowohl Völker- als auch Verfassungsrecht gebrochen, die allen anderen Gesetzen übergeordnet sind.

Unbeeindruckt von all den vorgetragenen Argumenten verhängte Richterin Gleesner schließlich nach dreistündiger Verhandlung eine Geldbuße von 400,- Euro. Formalrechtlich sei der Tatbestand des Betretens eines gesperrten militärischen Geländes gegeben. Alles Andere spiele hier keine Rolle und bedürfe keiner Berücksichtigung. Damit ging der inzwischen zehnte Prozess in der Serie der GÜZ-Verfahren zu Ende. Ein weiterer Termin steht am 27. Juli 2017 an.

Die AktivistInnen lassen sich von der Justizmaschinerie nicht abschrecken.

Unter dem Motto „Krieg. Macht. Flucht – Ohn.Macht durchbrechen“ wird vom 31.7. bis zum 6.8.2017 erneut ein War-starts-here-Camp in der Colbitz-Letzlinger Heide stattfinden.

Komitee für Grundrechte und Demokratie
Aquinostraße 7-11
50670 Köln

Mehr dazu bei http://www.grundrechtekomitee.de/node/872
und die Verteidigungsrede von Malte Fröhlich http://offeneheide.de/dokumente/2017/17_0630MalteFroehlich_Verteidigungsrede
_Bonn.pdf

und www.offeneheide.de
und http://www.war-starts-here.camp/

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