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Wieder musste die Mehrzahl der Prozessbeobachter vor verschlossener Tür wartenWie bei den vorangegangenen Prozessterminen fand auch der heutige wieder in dem gleichen zu kleinen Raum statt. Nur 11 Beobachter durften der Verhandlung beiwohnen, obwohl viel mehr sich vorher schriftlich beim Amtsgericht Moabit angemeldet hatten und auch der Rechtsanwalt der Beklagten um einen größeren Raum gebeten hatte. Aber heute fand nach dreieinhalb Jahren und etlichen Vertagungen die endgültige Verhandlung wegen eines Zwischenrufes in einer Bundestagsdebatte zur Anschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen statt. Die Verhandlung heute dauerte mit einer "Lüftungspause", die die Richterin für einen anderen Termin im gleichen Raum nutzte (- nicht alle brauchen scheinbar frische Luft?), etwa 2 Stunden. Durch die Verschiebung infolge der "Lüftungspause" konnte eine Bundestagsabgeordnete, die als Zeugin der Verteidigung geladen war, nicht angehört werden. Das Ergebnis zeigt aber trotzdem, dass sowohl Staatsanwalt als auch die Richterin die friedensbewegten Ziele der Aktion würdigten. Das führte aber leider nicht zu einem Freispruch sondern nur zur Minderung des Bußgeldes von 250€, nach Meinung des Staatsanwaltes auf 175€ und nach der im Ergebnis maßgeblichen Meinung der Richterin auf 100€. Deshalb wollen wir Laura von Wimmersperg, der Beschuldigten, hier nochmal den Raum geben, den politischen Zusammenhang darzustellen, in dem sie die "Ordnungswidrigkeit" im Bundestag für notwendig gehalten hat: Die Erklärung der BeschuldigtenWorum geht es überhaupt? - Um einen Zwischenruf, oder mehr? Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen die Hausordnung des BundestagesVorweg kurz zu mir persönlich: Wie für die meisten Menschen nach dem zweiten Weltkrieg, war auch für mich Krieg nicht mehr denkbar. Aber eine bewusste aktive Haltung gegen Krieg bildete sich bei mir erst heraus als ich Lehrerin war und ich junge Menschen unterrichtete und ich nicht wollte, weil sie nicht ähnliches wie ich erleben sollten. Als dann am 12. Dezember 1979 von der NATO die Stationierung von Atomraketen für Europa und damit auch in Deutschland beschlossen wurde, wollte ich etwas dagegen tun. Ich gehörte zu einem Kreis, der die erste Friedensinitiative in Westberlin, die FI Wilmersdorf, gründete. Seitdem arbeite ich in der Friedensbewegung, also seit 36 Jahren. Ich vertrat die FIW in der Berliner Friedenskoordination, einem Netzwerk sagen wir heute, zu dem sich viele weltanschaulich verschiedene Gruppen und Organisationen zusammenschlossen und deren Moderatorin ich nun mehr als 12 Jahre bin. Erklärung zum Tatvorwurf Anders als in den 80iger Jahren, wo die FB nur die Atomraketen im Fokus hatte, häufen sich seit den 90iger Jahren unsere Aufgabenfelder. Seit 2012 gehört die Arbeit gegen Kampfdrohnen auch dazu. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass die Bundesregierung Drohnen, unbemannte Waffensysteme, für das Arsenal der Bundeswehr anschaffen will. Einiger der wichtigsten Argumente, die für eine solche Ablehnung sprechen und die - davon gehe ich aus - allen hier im Saal bekannt sein dürften:
Die schwerwiegenden rechtlichen Ablehnungsgründe vermitteln uns aber nicht das übergroße Leid der Bevölkerung, die in solchen Gegenden, wo Drohnen eingesetzt werden, lebt. Folgen der ständigen Todesangst, vermittelt durch das ständige Surren über ihren Köpfen, sind schwere Traumatisierungen Schilderungen von Drohnenangriffen sind selbst beim bloßen Lesen schwer zu ertragen. Die Entwicklung der Drohnen zu autonomen unbenannten Waffensystemen, die sich ihre Ziele selbst suchen, um sie auszuschalten, setzt einen weiteren Rüstungswettlauf in Gang. Experten befürchten außerdem, dass anders als bei Atomwaffen nicht-staatlich Akteure autonome Waffensysteme in absehbarer Zeit einfach und günstig herstellen und sprechen von Drohnen als Kalaschnikows der Zukunft. Der Physiker Marcel Dickow von der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) warnt, dass für unbemannte bewaffnete Luftfahrzeuge "der Pfad in die Autonomie nicht mehr zu stoppen sei". Dickow rät darum, dringend von der Bewaffnung unbemannter Systeme abzusehen. In Fachkreisen gilt die Drohnenentwicklung als die dritte militärtechnische Revolution nach der Erfindung des Schießpulvers und der Atomwaffen. Nachdem wir diese Informationen zur Kenntnis genommen hatten, richteten wir in der Friedenskoordination eine ständige Arbeitsgruppe dazu ein. Diese Arbeitsgruppe
Im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 erstellten wir Wahlprüfsteine zum Thema "Anschaffung von Drohnen für die Bundeswehr". Wir richteten die Anfragen an die in Berlin aufgestellten Kandidaten und an die im Verteidigungsausschuss arbeitenden Bundestagsabgeordneten der verschiedenen Fraktionen. Von den Befragten antworteten uns mehr als die Hälfte von ihnen nicht. Als wir erfuhren, dass im April 2013 das Thema "Anschaffung von Drohnen für die Bundeswehr" zum ersten Mal im Bundestag zur Diskussion stand, und damit auch vor der Bundestagswahl berieten wir, was wir tun könnten, um unserer Besorgnis Ausdruck zu geben. Wir überlegten eine Aktion des zivilen Ungehorsams, in der Hoffnung, dem Thema damit mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, denn die Medien schwiegen beharrlich. Diese Szene soll nach Roger Willemsen 20 Sekunden gedauert haben, sie ist in seinem Buch "Das hohe Haus" auf Seite 221 genau dokumentiert. Er hat in seinem Buch wie auch in mehreren Interviews immer wieder wohlwollend darauf hingewiesen, dass dieser Protest der einzige während des ganzen Jahres, in dem er die Sitzungen des Bundestag beobachtete, war, der nicht vor der Haustür des Parlaments geblieben ist. Florian Hahn, der nächste Redner am Pult, ermahnte uns oberlehrerhaft: Hier wollte ich eigentlich übergehen zum Schluß dieser Erklärung. Aber nun muß ich doch noch etwas ganz Aktuelles aus dem Spiegel dieser Woche erwähnen, das hierher gehört, weil es ein ganz besonderes Licht auf die Entscheidungen von Politikern wirft. *) Nicht, dass ich denke das träfe auf alle Politiker zu, aber ich denke auch nicht, dass es sich um einen Einzelfall handelt. Der Spiegel schreibt, Florian Hahn, CSU/CDU-Verteidigungspolitiker, ist in seiner Nebentätigkeit Aufsichtsratsmitglied des Technologiekonzerns IABG. Dieser Konzern macht seine Geschäfte neben anderen Rüstungsgütern vor allem mit Kampfdrohnen. Hahn erhält für diese Nebentätigkeit im Jahr bis zu 30.000 €. . laut Spiegel wird die Firma bei der Entwicklung der europäischen Kampfdrohne dabei sein, die 2025 einsatzbereit sein soll. Nun hat sich die Bundesregierung allen Bedenken zum Trotz, dafür entschieden, bewaffnungsfähige Drohnen in Israel zu leasen. Sie sind gedacht als Überbrückung für die Zeit, bis 2025 die geplante Eurodrohne einsatzfähig sein soll. Das Versprechen der Regierung im Koalitionsvertrag vor Anschaffung qualitativer neuer Waffensysteme ethische, sicherheitspolitische, völker- und verfassungsrechtliche Fragen sorgfältig zu prüfen, ist nicht eingehalten worden. Wir hätten es uns gewünscht, aber aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Friedensarbeit haben wir es auch ernsthaft nicht erwartet. Die Friedensbewegung ist eine von vielen außerparlamentarischen Bewegungen in unserem Land. Außerparlamentarische und parlamentarische Arbeit sind unserer Ansicht nach zwei sich unverzichtbar ergänzende Seiten funktionierender, lebendiger Demokratie. Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass wir uns informiert, kritisch und verantwortungsvoll mit der parlamentarischen Arbeit zu Drohnen auseinander gesetzt haben bzw. noch auseinandersetzen. Und es ist hoffentlich auch deutlich geworden, dass das Parlament diesen kritischen Blick von außen dringend braucht. Ja, wir haben uns bewusst entschieden, uns über die Regeln der Hausordnung des Deutschen Bundestages hinwegzusetzen. Verstehen sie vielmehr diese regelwidrige Handlung als Notschrei - als Notschrei in einer brandgefährlichen Entscheidungssituation. Wir haben die Abgeordneten nicht beleidigt, wir haben ihnen unser Anliegen zugerufen, und wir können ohne zu übertreiben behaupten, wir haben es nicht nur für uns, sondern auch stellvertretend für die 60 - 80 % unserer Mitbürger getan, die immer wieder in den Umfragen Krieg und Rüstungsgeschäfte ablehnen. Wir sind alle vier für unser Handeln mit einem Bußgeld von 250,00 € belegt worden. Setzen Sie bitte unser Vergehen ins Verhältnis zu der Tatsache, dass Abgeordnete ein neues Waffensystem befürworten, über das EU-Rat und EU-Parlament gesagt haben, dass es geächtet werden müsse. Ich möchte meine Erklärung mit der bereits 1952 von Bertold Brecht ausgesprochenen Warnung an uns alle abschließen.: Laura v. Wimmersperg, Moderatorin der Berliner Friedenskoordintion *) Über die erwähnte "Nebentätigkeit" des Abgeordneten Florian Hahn berichtete auch das Magazin Panorama in der letzten Woche, der Bericht ist noch(!) in der Mediathek der ARD zu sehen. Beim letzten Verhandlungstag hatten wir die Hoffnung geäußert, dass die Hauptstadtpresse sich zu einem solchen Ereignis sehen lässt und dann auch darüber berichtet. Dies war leider wieder nicht der Fall. Wir hoffen, dass wir mit diesem Bericht wenigstens die friedensbewegten Menschen in der Stadt erreichen ...
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