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21.03.2016 Türkei Deal widerspricht Menschenrechten
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 Gutachten zur Obergrenze für Flüchtlinge

Flüchtlinge werden in "Kontigenten getauscht" - das widerspricht dem Menschenrecht auf Asyl, wie es in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist. Jeder Mensch hat das Recht, dass seine Asylgründe individuell erfasst und geprüft werden.

Jegliche gesetzliche Obergrenzenregelung  wäre ein eindeutiger Rechtsschutzverstoß. Das wissen eigentlich auch alle bayerischen Politiker und trotzdem tönen sie damit (leider auch zur Unterstützung von rechten Stammtischparolen).

Deshalb will Pro Asyl Schutzbedürftige in Griechenland bei Klagen gegen eine zwangsweise Rückführung in die Türkei unterstützen.

Mehr dazu bei http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4948198/Obergrenze-fur-Fluchtlinge_Gutachten-wird-heute-vorgelegt?_vl_backlink=/home/index.do
und http://www.boerse.de/nachrichten/ROUNDUP-Pro-Asyl-will-Klagen-gegen-Fluechtlingspakt-unterstuetzen/7650434

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Kommentar: RE: 20160321 Türkei Deal widerspricht Menschenrechten

DER EINZELFALL ZÄHLT - FAKTEN von PRO ASYL ZUR AKTUELLEN ASYLDEBATTE

Wir erleben die größte Flüchtlingskatastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch anstatt Schutz zu gewähren, macht Europa die Grenzen dicht. Auch die Bundesregierung setzt auf Abwehr.

In Syrien tobt seit sechs Jahren ein blutiger Konflikt; im Irak verbreitet der IS Terror und Schrecken und in Afghanistan starben 2015 bei Anschlägen und Gefechten zwischen den Taliban und den Regierungskräften im Durchschnitt neun Zivilisten am Tag. Mehr als 80 % der Asylsuchenden kommen aus diesen drei Krisenstaaten. Die Türkei ist zurzeit das wichtigste Transitland für Schutzsuchende auf ihrem Weg nach Europa. Europa versucht daher alles, das Land am Bosporus als Türsteher zu gewinnen -Menschenrechte bleiben dabei außen vor. Diskutiert wird sogar, die Türkei als „sicheren Drittstaat" einzustufen und demzufolge Flüchtlinge dorthin zurückzuweisen.

Die Türkei hat bereits 2,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Zugang zu einem Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention haben sie dort nicht. Die Genfer Flüchtlingskonvention gilt in der Türkei nämlich nur unter Vorbehalt: Nur Flüchtlinge, die aus Europa kommen, können einen Schutzstatus erhalten. Die Türkei schiebt nachweislich immer wieder Schutzsuchende nach Syrien und in den Irak ab. Inzwischen versucht sie sogar ihrerseits, ihre Grenzen zu den Kriegsgebieten im Nahen Osten abzuriegeln. Dennoch soll die Türkei als „sicher" eingestuft werden. Abschiebungen von Asylsuchenden in die Türkei würden die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen.

Und dabei ist offensichtlich: Die Menschenrechtslage in der Türkei verschlechtert sich unter dem autoritären Präsidenten Erdogan stetig.

Appell an die EU: Mehr Solidarität mit Flüchtlingen!

Von Griechenland fliehen viele Schutzsuchende weiter über die sogenannte Balkanroute. Sie wollen weiter nach Deutschland, Skandinavien, in die Niederlande, nach Belgien - vor allem dahin, wo bereits Familienangehörige und Communities leben. Aber Deutschland als Land am Ende der Balkanroute verhindert die Weiterreise derjenigen, die Deutschland nur durchqueren und in anderen Ländern Asyl beantragen wollen. So wird Deutschland zum Türschließer für alle west- und nordeuropäischen Länder. Doch auch Frankreich, Großbritannien und andere müssen Flüchtlingen Schutz gewähren.

Menschenrechte kennen keine Obergrenze

Wer eine Obergrenze will, muss Schutzsuchende an der deutschen Grenze zurückweisen. Doch sie dürfen nicht einfach in den Nachbarstaat, sondern allenfalls in den nach der Dublin-Verordnung zuständigen EU-Staat überstellt werden. Vorausgesetzt, die Menschenrechte werden dort gewahrt.

PRO ASYL sieht die Gefahr, dass dem Ruf nach Grenzschließung am Ende völkerrechtswidrige Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen folgen. Ein Staat nach dem nächsten schließt die Grenzen. Wer Grenzen dicht machen will, muss Zäune bauen. Und was passiert mit den Menschen an den Grenzen, die es dennoch versuchen? Die AfD bringt schon den Schießbefehl in die Debatte.

Immer schärfere Gesetze

Derzeit jagt auf Bundesebene eine gesetzliche Asylrechtsverschärfung die nächste. Flüchtlingsrechte werden beschnitten und Integration verhindert. Was nun im Eiltempoauf den Weg gebracht wird, wird dramatische Folgen haben:

Verhinderung des Familiennachzugs

Kriegsflüchtlinge aus Syrien, die keine individuelle Verfolgung vorweisen können, sollen künftig nur noch„subsidiären" Schutz erhalten. Damit können sie zwar bleiben. Aber ihre Familienangehörigen dürfen nicht nachkommen. Zwei Jahre wird ihr Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung ausgesetzt. Rechnet man die Dauer der Asylverfahren und die Dauer des bürokratischen Antragsverfahrens für den Familiennachzug hinzu, werden die Familien vier Jahre und länger getrennt sein.

Allein die Ankündigung dieser Regelung hat Frauen und Kinder hier lebender Flüchtlinge in die Boote getrieben. Laut UNHCR sind knapp 60% der Ankommenden auf den griechischen Inseln mittlerweile Frauen und Kinder. Der Anteil von Kleinkindern unter vier Jahren ist deutlich gestiegen - auf bis zu zehn Prozent. Immer mehr Schutzsuchende sterben in der Ägäis. Im Januar 2016 waren es über 200 Menschen.

Schnellverfahren im rechtsfreien Raum

Im Hau-Ruck-Verfahren sollen innerhalb von einer Woche Asylanträge in besonderen Aufnahmeeinrichtungen entschieden werden. Unter einem solchen Zeitdruck wird es viele Fehlentscheidungen geben. Die kurzen Fristen verhindern, dass diese durch Gerichte korrigiert werden. Die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes wird ausgehebelt.

Anders als die Bundesregierung behauptet, betreffen die geplanten Schnellverfahren nicht nur einen kleinen Teil der Asylsuchenden. Aufgrund der Bestimmung, dass Flüchtlinge ohne Pass Schnellverfahren unterzogen werden können, ist ein Großteil der Schutzsuchenden von den unfairen Eilverfahren bedroht. Ohne Pass zu sein, ist eher die Regel als die Ausnahme für Menschen auf der Flucht!

Verhinderte Integration per Wohnsitzauflage

Die Politik fordert von Flüchtlingen, sich zu integrieren - gleichzeitig wird dies verhindert durch den Zwang, bis zu sechs Monaten in Erstaufnahmeeinrichtungen zu leben. Nun soll eine Wohnsitzauflage selbst anerkannte Flüchtlinge an einen Wohnort fesseln. Die Folge: Ihre Chancen, die Unterstützung von anderswo lebenden Verwandten zu erhalten, strukturschwache Gebiete zu verlassen, Arbeit zu finden und auf eigenen Füßen zu stehen, werden geringer. Flüchtlinge werden länger als nötig von Sozialleistungen des Staates abhängig gemacht.

Kranke in den Flieger

Bei Abschiebungen macht die Bundesregierung selbst vor Kranken nicht halt: Künftig sollen die Behörden grundsätzlich davon ausgehen, dass der Abschiebung „gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen". Wird ein ärztliches Attest nicht unverzüglich eingereicht, bleibt es unberücksichtigt. Atteste von Psychotherapeuten sollen gar keine Beachtung finden, obwohl gerade sie eine besondere Expertise in der Trauma-Behandlung und -Diagnose haben. Die Regierung gefährdet so das Leben und die Gesundheit der Betroffenen. In der Vergangenheit kam es bei Abschiebungen immer wieder zu Zusammenbrüchen, Herzattacken und Suizidversuchen.

Abschiebungen nach Afghanistan?

Die Bundesregierung will abschieben - trotz extrem kritischer Sicherheitslage in Afghanistan. Dabei wurde die Bundeswehr-Mission in Afghanistan erst kürzlich verlängert und personell aufgestockt. Noch nie gab es so viele zivile Tote und Verletzte wie im Jahr 2015. Laut den Vereinten Nationen sind in Afghanistan allein im ersten Halbjahr 2015 1592 Zivilisten getötet und 3329 verletzt worden. Von den 34 afghanischen Provinzen bezeichnet der afghanische Flüchtlingsminister 31 als unsicher. Doch auch die anderen Landesteile sind keinesfalls sicher. Die Taliban schaffen landesweit ein Klima der Angst durch Anschläge, Einschüchterung und Drohungen und die Eroberung von Regionen.

Algerien, Marokko, Tunesien sind keine „sicheren Herkunftsstaaten"

Der Gesetzgeber will Algerien, Marokko und Tunesien für sicher erklären. In der Debatte geht vollkommen verloren, dass die Einstufung eines Staates als „sicher" im Sinne des Asylrechts das Ergebnis eines aufwendigen rechtsstaatlichen Verfahrens sein muss und von menschenrechtsrelevanten Faktoren abhängt. Nun ignoriert die Bundesregierung die Vorgaben des Verfassungsgerichts. Schon ein kurzer Blick in die Berichte verschiedener Menschenrechtsorganisationen offenbart: In Algerien, Marokko und Tunesien sind Menschenrechtsverletzungen an derTagesordnung. Immer wieder berichten Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch von unfairen Gerichtsverfahren und Folter. Im März 2015 hat das Europaparlament sogar die algerische Regierung aufgefordert, die Inhaftierung von Menschenrechtsaktivisten zu beenden. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ist eingeschränkt. In Marokko sieht es nicht besser aus. Und auch in Tunesien gibt es trotz des Ringens um die Früchte des Arabischen Frühlings weder eine gesicherte Demokratie noch menschenrechtliche Sicherheit. In Marokko und Tunesien wurden Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt.

Übrigens: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat 2015 rund 5% der Asylsuchenden aus Algerien einen Schutzstatus (bereinigte Schutzquote) verliehen, jenen aus Marokko sogar 8%, bei Tunesien sind es 0,4%. Das mögen, im Vergleich betrachtet, nicht viele sein, aber es sind Menschen, die Schutz brauchen. Das muss in einem rechtstaatlichen Asylverfahren festgestellt werden - die Einstufung als„sicheres Herkunftsland" verhindert dies.

Mitteilung des Förderverein PRO ASYL e. V., www.proasyl.de,  März 2016


 


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Created: 2016-03-21 09:46:19
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