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12.09.2015 TTIP und CETA: So arbeiten Schiedsgerichte
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TTIP und CETA machen Staaten zu Geiseln der Märkte

Wir dokumentieren hier einen interessanten Artikel aus der Wanderfreundin, Magazin der Naturfreunde Berlin, der sehr eindringlich beschreibt warum TTIP und CETA gefährlich sind.

Es gibt bereits einige für die betroffenen Menschen furchtbare Beispiele, wo Schiedsgerichte soziale und Umwelt-Standards abgeschafft haben und die verurteilten Staaten auch noch horrende Strafzahlungen leisten mussten. Wir danken für die Genehmigung den Text verwenden zu können.




Wenn vor zwanzig Jahren fortschrittliche Kommentatoren behauptet hätten, dass Staaten durch Unternehmen verklagt werden können, wenn demokratisch gewählte Parlamente sozialen oder ökologischen Fortschritt ermöglichen, wären diese als „linke Provokateure" beschimpft worden. Heute stehen wir kurz davor. Mit den Freihandelsabkommen TTIP und CETA sollen für ausländische Investoren privilegierte Rechte festgeschrieben werden, die soziale, ökologische und kulturelle Standards gefährden. Solche Investor-Staats-Schiedsverfahren scharfen schon heute eine Paralleljustiz, die internationalen Investoren Sonderrechte gegenüber Staaten einräumt.

Ziel von TTIP und CETA ist, dass die schon heute gängigen Verfahren auch auf die Länder der EU ausgedehnt werden können. Umweltschutzvorschriften und höhere Sozialstandards werden zu „enteignungsgleichen Tatbeständen" erklärt. Internationale Schiedsgerichte können dann, an ordentlichen Gerichten vorbei, den Konzernen Erstattungen von entgangenen Gewinnen zusprechen, wenn Parlamente beispielsweise höhere Umwelt- und Sozialstandards beschließen.

Solche Schiedsverfahren sind heute schon an der Tagesordnung. Laut UNCTAD gab es bis Ende 2013 insgesamt 568 Investor-Staats-Schiedsverfah-rens-Klagen. Diese Klagen werden bisher meistens von großen transnationalen Konzernen aus den USA oder der EU gegen Länderdes globalen Südens durchgeführt. Von den angestrengten Investor-Staats-Schiedsverfahren haben die Konzerne 31 Prozent gewonnen und bei 26 Prozent wurden die Verfahren mit einem Vergleich abgeschlossen. Diese Vergleiche führen jedoch in der Regel dazu, dass der beklagte Staat hohe Zahlungen leisten muss oder eine beschlossene Maßnahme bzw. ein beschlossenen Gesetz wieder aufheben oder zumindest verändern muss.

In 43 Prozent der Investor-Staats-Schiedsverfahren hat der beklagte Staat gewonnen, musste jedoch hierfür sehr hohe Anwalts- und Verfahrungskosten tragen. Sollte z. B. die Bundesregierung bei der Klage des Atomkonzerns Vattenfall gewinnen, werden trotzdem Kosten für Anwälte und Gutachten von mindestens 20 Millionen Euro entstanden sein, die aus den öffentlichen Haushalten bezahlt werden müssen.

Einige   Beispiele  von   Investor-Staats-Schiedsverfahren:

  • Die Bundesregierung hatte nach der Atomkatastrophe von Fukushima die Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke beschlossen. Der Energiekonzern Vattenfall klagt als ausländischer Investor gegen diese Entscheidung und fordert vor einer internationalen Schiedsstelle von der Bundesrepublik 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz. Basis dieser Klage sind die Bestimmungen zu Investitionen in der „Europäischen Energiecharta".
  • Der US-Konzern Occidental verklagte den Staat Ecuador, weil das Land die Ölförderverträge mit dem Unternehmen einseitig aufgekündigt hatte. In dem Fördergebiet wurde die Umwelt massiv zerstört, Olteppiche zerstörten die Region und verschmutzten das Trinkwasser. Ein internationales Schiedsgericht verurteilte Ecuador zur Zahlung einer Strafe von l,76Mrd. US-Dollar.
  • Philip Morris verklagt den Staat Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Schadenersatz, weil er im Rahmen einer Gesundheitskampagne den Zigarettenkonsum einschränken möchte.
  • Die Firma Lone Pine Resources verklagte Kanada auf 250 Mio. Dollar Schadenersatz, weil die Region Quebeck ein Fracking-Moratorium verhängt hatte, nachdem es zu massiven Vergiftungen des Trinkwassers gekommen war.
  • Der Konzern Pacific Rim verklagt El Savador auf 301 Mio. Dollar Schadenersatz, weil die Regierung aus ökologischen und sozialen Gründen ein Moratorium für Goldbergbau verhängt hatte. In der Goldabbauregion waren riesige Landstriche durch den Goldabbau verseucht, das Trinkwasser vergiftet und viele Menschen erkrankt.
  • Der französische Konzern Veolia verklagte Ägypten, da die Gewerkschaften im Land eine Erhöhung des monatlichen Mindestlohns von 400 auf 700 ägyptische Pfund erstritten hatten. Die Erhöhung bedeutete, dass der monatliche Mindestlohn von 41 Euro auf 72 Euro angehoben wurde. Veolia fand dies nicht akzeptabel und verklagte Ägypten vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID).

Diese Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Durch die Investor-Staats-Schiedsverfahren werden die Hoheitsrechte der beteiligten Staaten massiv eingeschränkt und die Staaten geraten noch tiefer in die Geiselhaft der Märkte.

Die ausgehandelten Vertragstexte für das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada zeigen, dass mit diesen Verträgen die transnationalen Konzerne die Gewinner sind.

Verlierer sind die Umwelt, die Arbeitnehmer*innen und die Verbraucherinnen. Durch das geplante „Freihandelsabkommen über Gemeinsame Standards für Dienstleistungen" (TiSA) werden in Zukunft die Leistungen der Daseinsvorsorge bedroht und kommunale Einrichtungen noch mehr als bisher den profitorientierten Märkten unterworfen.

Quelle: Wanderfreundin, Magazin der Naturfreunde Berlin, Ausgabe 3-2015, ISSN-Nr. 0949-3255, S.1-2

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