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12.11.2012 Gefahren des "elektronischen Klassenbuchs"
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"Berlin will Schulnoten ins Internet stellen"

oder

"Per SMS geht es Schulschwänzern an den Kragen"

... mit solchen Überschriften kündigt sich für die Berliner SchülerInnen das "Elektronische Klassenbuch" an.
Darin sollen künftig alle Daten, wie Adressen der Schüler, Telefonnummern der Eltern, Stundenplan, Noten, entschuldigte und unentschuldigte Fehlzeiten, auffälliges Verhalten von den Lehrern auf einem zentralen Server eingetragen werden. Zusätzlich und bislang noch freiwillig können die Eltern bei Fehlen ihres Kindes automatisch eine SMS erhalten.

Uns scheint das ganze wie ein DejaVu - hatten wir doch von Januar 2009 bis 2010 im Berliner Bündnis gegen die Schülerdatei gegen einen sehr ähnlichen Datenkraken gekämpft.

  • Wieder stellen sich die Fragen nach der Sicherheit der Daten, die bei dem gewaltigen Heißhunger der Privatwirtschaft nirgends sicher sein können.
  • Wieder einmal wird jede/r SchülerIn zu einer Nummer in einer zentralen Datenbank.
  • Wieder ermöglichen die Daten  die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen (Staatsangehörigkeit, Geburtsland, Geschlecht, Wohnort, Geburtstag, wiederholte Klassen, Abschlüsse, Muttersprache, Zuzug nach Deutschland, angestrebter Beruf, psychologische Kriterien, soziale Entwicklung)

Was ist genau geplant?

Zur Zeit wird an einer Schule mit einer Software geübt damit ab dem Halbjahreswechsel im Februar 2013 für 10 Schulen ein Pilotprojekt starten kann. Dazu muss ein zentraler Server mit einer Datenbanksoftware aufgestellt werden und für die beteiligten Lehrer und SchülerInnen müssen die Lizenzen für die noch zu wählende Software gekauft werden. Ein Pappenstil ist das nicht.

Erinnern wir uns an die Idee der Schüler-ID vor 3 Jahren. 22 Mio. Euro der knappen Bildungsmittel in Berlin wurden für das Projekt vorgesehen. Nachdem das Geld alle war, stellte sich heraus - das wird nichts, weil die Software-Landschaft an den Berliner Schulen viel zu heterogen war. Für die Privatsphäre  der SchülerInnen war das gut, für die Bildungssituation in der Stadt nicht.

 Allein der jetzt geplante Pilot wird nach einer Antwort der Bildungssenatorin für Programmentwicklung und Beratung 24.000 Euro, für Software-Lizenzen 16.400 Euro und für Tablet-PCs der Lehrer (80 Stück) 30.000 Euro kosten. Wir können für Personal- und Supportkosten noch einmal soviel annehmen und dann muss Berlin noch die Datenbanksoftware mit entsprechend vielen Userlizenzen kaufen.

Das waren dann aber nur 10 von 298 Berliner Schulen. Wir stehen also vor einem neuen gefährlichen Millionengrab.

Wo liegen die Gefahren?

Nun wollen wir die Gefahren dieses neuen Projekts gemeinsam mit den Betroffenen analysieren.  Also bilden wir wieder den legendären Runden Tisch diesmal zum Elektronischen Klassenbuch und untersuchen mindestens folgende Punkte:

  • Zugriffs-, Berechtigungs- und Anonymisierungskonzept
  • Risiken einer möglichen Pseudonymisierung
  • Revisions- und Fälschungssicherheit im Vergleich zum Klassenbuch
  • Daten der LehrerInnen, Leistungskontrolle (dazu Einbeziehung der Personalräte)
    • so schreibt der Hersteller Magellan z.B. "Aktuelle und jederzeit verfügbare Übersichten für die Schulleitung"
    • Elektronische Landesstatistik
    • Skalierbarkeit für die Integration in vorhandene E-Government-Konzepte
    • Magellan Datawarehouse
    • Magellan Crystal Reports als umfassendes Werkzeug
  • Schulungen für alle Nutzer (Kosten? Zeitaufwand führt zu Stundenausfall!)
  • Der Satz "Neben Lehrern können nur der Schüler selber und seine Erziehungsberechtigten persönliche Daten abrufen" macht uns ebenfalls nachdenklich. Sollen Schüler und Eltern über das Internet auf den Server zugreifen? Wie sehen hier die über "https" hinaus gehenden Sicherheitskonzepte aus?
  • Wer trägt die Verantwortung, wenn plötzlich sehr persönliche Daten (Fehlzeiten, schlechte Noten) Schüler an den Internet-Pranger stellen?
  • ...

Glauben die Verantwortlichen beim Schulsenat dass diese "Software von der Stange" sicherer ist als die Hochsicherheitsserver bei Internetprovidern und anderen Firmen bei denen Datensicherheit zum Geschäft gehört (Telekom, Siemens, ...) und die immer wieder gehackt wurden. Die Spielwiese "elektronisches Klassenbuch" wird von einem überalterten Lehrkörper und tausenden erfindungsreichen Jugendlichen bevölkert. Im besten Fall bleiben die Daten 2-3 Monate sicher ..

Die obige Erwähnung von "Datawarehouse" für solche lebenswichtigen personenbezogenen Daten kann uns nur erschauern. Haben doch die Datenschutzbeauftragten aller Bundesländer bereits im März 2000 einstimmig dagegen votiert jemals personenbeziehbare Daten in einem Data Mining Programm zu verarbeiten.

Auf geht's! Wir suchen SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern, um uns gemeinsam über das Projekt schlau zu machen ...

Bitte schreibt uns eure Ideen (als Kommentar für alle oder privat nur für uns an kontakt@aktion-fsa.de)

To be continued ...


Mehr dazu gibt es in der Presse bei

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2012/11/04/glaeserner-schueler-berlin-will-schulnoten-ins-internet-stellen/
und http://www.tagesspiegel.de/berlin/kampf-gegen-schulschwaenzer-elektronisches-klassenbuch-im-test/6304500.html
sowie bei beim Berliner Piraten_Abgeordneten Martin Delius http://martindelius.de/2012/05/das-elektronische-klassenbuch-komm-mit-sicherheit/
die Antwort der Bildungssenatorin auf eine kleine Anfrage zum Thema http://martindelius.de/wp-content/uploads/2012/05/ka17-10325.pdf
und natürlich bei den Herstellern entsprechender Software wie
http://www.schulsoftwareprogramme.de/Klassenbuch.htm
und http://www.schul-webportal.de/informationen/elektronisches_klassenbuch.html
und http://www.grupet.at/de/produkte/webuntis/uebersicht_webuntis.php
und http://www.stueber.de/index.php/de/produkte/magellan.html
Die Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten gegen Data Mining personenbezogener Daten http://www.datenschutz-mv.de/dschutz/beschlue/ent59.html

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Created: 2012-11-11 14:24:49
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