12.01.2010 Keine weitere "Vorratsdatenspeicherung" mit ELENA

Keine weitere "Vorratsdatenspeicherung" mit ELENA (12.01.2010)

Aktion Freiheit statt Angst e.V., 12. Januar 2010

Nach dem am 28.3.2009 auch im Bundesrat widerstrebend [1] verab­schiedeten Gesetz zum ELENA-Verfahren (Elek­tronischer Entgeltnachweis) [2] muss ab dem 1.1.2010 jeder Arbeitgeber für jeden seiner An­gestellten einmal monatlich einen Datensatz mit einer Unmenge von persönlichen und teilweise höchst sensiblen Angaben an eine zentrale Da­tenbank bei der Rentenversicherung Bund in Würzbug übermitteln. Das sind in Deutschland die Daten von ca. 40 Millionen Menschen.

Neben Gehalt und Sozialabgaben werden auch sehr sensible und persönliche Daten übertragen und gespeichert, wie


Bisher wurde diese Informationen nur bei einer Beantragung von Sozialleistungen abgefragt, jetzt werden sie grundsätzlich für jeden Beschäftigten übertragen und gespeichert.

Rainer Hammerschmidt, Sprecher der "Arbeitsgruppe Arbeitnehmerdatenschutz" [3] im Aktionsbündnis Freiheit statt Angst, meint: "Dies ist eine weitere Vorratsdatenspeicherung. Erneut werden unnötigerweise die Daten von 40 Millionen Arbeitnehmern gespeichert, von denen vielleicht 5% irgendwann bei einer der beteiligten Leistungsstellen vorsprechen."

Die Speicherung der Daten begann am 01.01.2010. Nun wird 2 Jahre lang ein riesiger Datenfriedhof angelegt. Ab dem 1.1.2012 kann man/frau nur noch Sozial­leistungen mit der Job-Card (einer Chipkarte mit persönlicher Signatur) beantragen, die für etwa 60 Euro zu bekommen sein wird. Diese neue "elektronische Identität" wird in der zentralen Speicherstelle mit allen Daten und natürlich mit der Rentenversicherungsnummer und der Steuer-ID der betreffenden Person verknüpft.

Ist dieser Aufwand überhaupt wirtschaftlich sinnvoll?

Die vom Bundesministerium angegebenen Einsparungen von jährlich 85 Mio. € sind geschätzt. Der Schaden durch wegen vergessener PIN un­brauchbarer Chipkarten, verloren gegangene, bzw. in falsche Hände geratene persönliche Daten lässt sich gar nicht mit einem Geldwert beziffern.

Darüber hinaus entstehen hohe Kosten für neue Software und elektronische Geräte zur Datenübertragung für die Arbeitgeber, die vor allem mittelständische Unternehmen belasten. Auch der Bundesrat hatte im Februar 2009 im Vermittlungsausschuss eine starke finanzielle Belastung in ELENA gesehen.

Bei über 80 Millionen Einwohnern werden heute von der Privatwirtschaft jährlich ca. 60 Millionen Bescheinigungen ausgestellt. Das sind weniger als eine pro Einwohner und Jahr.
... und dafür dieser Aufwand und das Risiko weiterer Datenskandale.

Datenschützer und Gewerkschaften gegen ELENA

Die Gewerkschaften [4], der Bundesdatenschutzbeauftragte, sowie die Datenschutzbeauftragten verschiedener Bundesländer (Schleswig-Holstein, Berlin [5]) haben bereits ihre Bedenken gegen das Verfahren geäußert.

Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter Schleswig-Holsteins: "Da werden zentral sensible Daten auf Vorrat gespeichert, die zu über 90 Prozent nicht benötigt werden." Und "es steht zu befürchten, dass bald auch andere Stellen versuchen werden, an diese Informationen zu gelangen." [6]

Zur Speicherung der Teilnahme an rechtmäßigen oder illegalen Streiks oder ob Fehlzeiten am Arbeitsplatz berechtigt oder unberechtigt waren, meint der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar: "Damit habe ich doch größte Probleme. Bisher tauchen solche Informationen auf Gehaltsbescheinigungen nicht auf und ihre generelle Speicherung in einer zentralen Datei ist weder gesetzlich geboten noch wäre sie verfassungsrechtlich zulässig". Auch die Speicherung von Abmahnungen im Falle von Kündigungen hält er für höchst bedenklich. [7],[8]

Aktion Freiheit statt Angst e.V. stellt fest:


Das ELENA Verfahren ist gefährlich und völlig unnötig, weil Aufwand und mögliche Einsparung in keinem Verhältnis stehen

Verweise:

[1] Bundesrat ruft Vermittlungsausschuss an http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-schickt-ELENA-in-den-Vermittlungsausschuss-195828.html und
Bundesrat bemängelt Datenschutz bei ELENA http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-fordert-mehr-Datenschutz-beim-elektronischen-Einkommensnachweis-207122.html
[2] Das ELENA Verfahren http://www.das-elena-verfahren.de/front-page
[3] Arbeitsgruppe Verbraucher- & ArbeitnehmerInnen-Datenschutz /themen/verbraucher-a-arbeitnehmerinnen-datenschutz
[4] Verdi schlägt wegen "Elena" Alarm http://www.stern.de/politik/deutschland/arbeitnehmer-daten-verdi-schlaegt-wegen-elena-alarm-1527733.html
[5] Alexander Dix zu ELENA /presse/unsere-themen-in-der-presse/953-20100105-berlins-datenschuetzer-ist-strikt-gegen-qelenaq
[6] Thilo Weichert zu ELENA http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/zu-90-prozent-nicht-benoetigt/
[7] Peter Schaar kritisiert ELENA /ds/articles/861-20091213-kritik-an-speicherung-von-arbeitnehmerdaten.htm
[8] Peter Schaar kritisiert ELENA http://futurezone.orf.at/stories/1633876/ und http://futurezone.orf.at/stories/1501901/
[9] Entschließung der 59. Konferenz 14./15. März 2000 Datenschutzbeauftragten Bund / Länder, http://www.datenschutz-mv.de/dschutz/beschlue/ent59.html



Update:

Petition

In den nächsten 6 Wochen kann bis zum 2.3.10 eine Petition gegen die neue "Vorratsdatenspeicherung" der Daten aller 40 Mio. Arbeitnehmer in Deutschland unterschrieben werden

Text der Petition gegen ELENA
 
Der Deutsche Bundestag möge beschließen,
dass die Vorratsspeicherung gemäß dem 6. Abschnitt des Sozialgesetzbuch IV, §§95 ff. (Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises) aufgehoben wird.

Unterschreiben beim Deutschen Bundestag:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=8926


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Tags: #Pressemitteilung #AktionFreiheitstattAngst #Vorratsdatenspeicherung #ELENA #Datenschutz #Gewerkschaft #Arbeitnehmer #Arbeitnehmerdatenschutz
Erstellt: 2010-01-11 21:01:58
Aufrufe: 15406

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