Vorwort des Verein-Vorstandes "Aktion - Freiheit statt Angst e.V." zur Taschenbuch-Sonder-Ausgabe des Bandes zur quell-offenen Software für Verschlüsselung zum Schutz vor Überwachung ●

Freiheit statt Angst hat begonnen zugleich als Motto und Synonym einer Reihe von Demonstrationen für Datenschutz und gegen staatliche Über-wachung. Diese Aktionen finden seit 2006 in Deutschland statt. Unter ihnen finden sich einige Großdemonstrationen in Berlin, die als die größ-ten Demos gegen staatliche Überwachung seit dem Volkszählungsboykott in den 1980er Jahren gelten.Unter dem englischen Titel Freedom not Fear wurden solche Demonst-rationen ab 2008 auch in Städten außerhalb Deutschlands durchgeführt. In Brüssel findet seit einigen Jahren unter diesem Titel zudem ein jährli-ches "Barcamp" statt, bei dem sich Datenschutz-Aktive aus Europa und darüber hinaus vernetzen und austauschen.
Koordiniert wurden die Veranstaltungen in Deutschland 2007 bis 2014 von dem Bürgerrechtszusammenschluss Arbeitskreis Vorratsdatenspei-cherung (AK Vorrat). Die erste Demonstration unter dem Motto Freiheit statt Angst fand am 20. Oktober 2006 in Kooperation mit der anschlie-ßenden Verleihung der Big-Brother-Awards in Bielefeld statt. Unterstützt wurde die Demonstration, an der sich hunderte Menschen beteiligten, von neun Organisationen, darunter der Chaos Computer Club, die Deut-sche Vereinigung für Datenschutz, das Forum InformatikerInnen für Frie-den und gesellschaftliche Verantwortung, der FoeBuD, die Humanistische Union und Stop-1984. Bereits einige Monate zuvor hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung unter dem Motto "Freiheit statt Sicherheits-wahn" zu einer Demonstration in Berlin aufgerufen, an der sich ebenfalls zahlreiche Menschen beteiligten.
Die jährlichen Großdemonstrationen werden von einem breiten Bündnis verschiedener Organisationen, Parteien und Einzelpersonen getragen. Im Jahr 2009 umfasste das Bündnis 167 verschiedene Organisa-tionen. Auch zahlreiche Musiker unterstützen die Kundgebungen.Seit Januar 2009 ist "Aktion Freiheit statt Angst e.V." ein gegründeter eingetragener gemeinnütziger deutschlandweiter Verein mit Sitz in Ber-lin, der sich für Grundrechte, insbesondere für die Privatsphäre des Ein-zelnen und andererseits für die Informationsfreiheit, einsetzt.
Gefordert wird ein Abbau der bestehenden Überwachungsmethoden wie unter anderem der Online-Durchsuchung, der Vorratsdatenspeiche-rung oder der Videoüberwachung und Mustererkennung. Eine weitere Forderung ist die Gewährleistung der Meinungsfreiheit, eines sicheren Arbeitnehmerdatenschutzes und des freien Informationsaustauschs über das Internet sowie ein Recht auf Verschlüsselung.Konkret wendet sich das Bündnis also zudem gegen eine flächende-ckende Erhebung biometrischer Merkmale und genetischer Daten, den Einsatz von RFID-Funkchips in Ausweisdokumenten und den Ausbau von Videoüberwachungsanlagen.

Unsere gemeinsame Erklärung lautet:

(1) Überall in der Welt werden seit Jahren Massen-Überwachung und zentralisierte Massen-Datenspeicherung durch den Staat ausgebaut und verstärkt. Die Überwachungsmaßnahmen umfas-sen die präventive und anlasslose Speicherung von Kommunika-tion, Bewegungsprofilen, Steuer- und Finanztransaktionen, per-sönlichen Beziehungen und individuellem Verhalten, Krankheits-daten und mehr. Begründet werden diese Maßnahmen in der Regel mit dem "Kampf gegen den Terrorismus" und der "Be-kämpfung der Kriminalität". Daten werden jedoch nicht mehr ge-zielt über Verdächtige gesammelt, sondern pauschal von jedem Menschen - ohne irgendeinen begründeten Verdacht.
(2) Durch die anlasslose Speicherung von Daten aus allen Lebensbe-reichen werden alle Menschen unter einen Generalverdacht ge-stellt. Der Ausbau der Sicherheitsarchitektur mittels Massen-überwachung bedeutet also eine faktische Abschaffung des Un-schuldsprinzips, welches ein wesentlicher Grundpfeiler des de-mokratischen Rechtssystems ist.
(3) Auch ist mit Massen-Überwachung keinerlei Sicherheitsgewinn verbunden, der den immensen Aufwand und die Erosion wichti-ger demokratischer Normen und Werte in irgendeiner Weise rechtfertigen würde.
(4) Indem das Eindringen in die Privatsphäre durch den Staat zum Normalfall wird, ist die Garantie der Menschenwürde nicht nur in Gefahr, sondern tatsächlich außer Kraft gesetzt: Der Mensch wird zum reinen Objekt des misstrauischen Staates. Er wird seiner Würde beraubt, indem er generell als potenzieller Straftäter oder Feind betrachtet wird.
(5) Zusätzlich zur operativen Aufrüstung durch den Einsatz der Mas-sen-Überwachung ist auch die immer stärker voranschreitende Zentralisierung von Befugnissen und die Tendenz zur Aufwei-chung der Trennung von Geheimdiensten, Polizei und Militär be-sorgniserregend.(6) In der demokratischen Grundordnung eines Rechtsstaates müs-sen diese Organe unabhängig operieren. Die Geschichte lehrt uns durch viele Beispiele, welche Gewalt ein Staat entwickeln kann, wenn diese Trennung nicht aufrechterhalten wird.
(7) Der Staat ist nur dann ein demokratischer und freier Staat, wenn er sich an die selbst auferlegten Grenzen des modernen Rechts-staatsverständnisses hält, wenn er sich selbst beschränkt und an das eigene Handeln die höchsten Wertmaßstäbe legt.
(8) Zum Rechtsstaatsverständnis gehören auch das Verbot einer pauschalen Massen-Überwachung, also der massenhaften Ver-letzung der Privatsphäre und die Sicherheit des Grundsatzes, dass Grundrechtseingriffe nur ein allerletztes Mittel sein dürfen.
(9) In einer freien und gerechten Gesellschaft muss die oberste Handlungsmaxime des Staates das Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger sein, und nicht das Misstrauen. Umgekehrt müssen die Menschen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass der Staat weitgehend auf Eingriffe verzichtet und diese nur im wohl begründeten Einzelfall und mit richterlicher Prüfung zulässt. Im demokratischen Staat muss die Garantie der Menschenwürde und der Grundrechte absolut sein.
(10) Als engagierte Bürgerinnen und Bürger, Vertreterinnen und Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen, fordern wir die Politik auf, sämtliche Eingriffsbefugnisse, Sicherheits- und Überwachungsgesetze von unabhängigen Stellen auf Wirksam-keit, Schadenspotenzial und Grundrechtskonformität hin zu überprüfen. Solange dieses nicht geschehen ist, fordern wir ei-nen sofortigen Stopp weiterer Überwachungs- und Sicherheitsge-setze.
(11) Wir wollen keine Gesellschaft der Angst, wir wollen keine Gesellschaft des Misstrauens. Wir wollen eine friedliche und freie Gesellschaft, die allen Menschen gleiche Chancen einräumt, in der niemand ausgegrenzt wird, in der niemand den allwissenden Staat fürchten muss, und Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit erhalten bleibt, Mitverantwortung zu übernehmen.
(12) Wir sind überzeugt, dass die besten Instrumente zur Be-kämpfung von Kriminalität Bildung, Armutsbekämpfung, Integra-tion und soziale Verantwortung und politische Teilhabe sind. Hier sind Politik und Zivilgesellschaft gemeinsam gefordert, Hand-lungsalternativen zu entwickeln.

Diese Erklärung steht auf der Webseite unseres Vereins "Aktion Freiheit statt Angst e.V.": https://www.aktion-freiheitstattangst.orgVerschlüsselung ist zentral, um Bürgerinnen und Bürgern einen Schutz vor Überwachung sowie eine Perspektive zur Absicherung des Briefge-heimnisses und ihrer Privatheit zu ermöglichen.
Das Buch "Super Secreto - Die dritte Epoche der Kryptographie" von Theo Tenzer enthält im dritten Teil, so wie es auch in der drei Bände-Ausgabe vorgelegt wurde, eine Übersicht an quelloffenen Software-Programmen und -Projekten zur Verschlüsselung.In Kooperation mit ihm als Autor und dem Verlag legen wir eine Son-derausgabe dieses dritten Bandes als kostengünstige, quasi zum Selbst-kostenpreis verlegte Taschenbuchausgabe mit unserem Geleit-wort/Vorwort von "Aktion Freiheit statt Angst e.V." vor, deren enthaltene Software-Übersicht wir Interessierten auf unseren Aktionen empfehlen möchten.
Wir danken Theo Tenzer für diese Zusammenarbeit und die Möglich-keit des Re-Print des Bandes als Taschenbuch-Sonderausgabe. Seine Vorwörter zu der "Super Secreto"-Ausgabe bzw. dem Teil-Band mit der Übersicht zu den Verschlüsselungs-Werkzeugen schließen sich an.Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und beim Informieren über die modernen Techniken der Verschlüsselung, um gegenüber einer Angst durch Überwachung auch ein Stück Freiheit wieder zu gewinnen.

Der Verein "Aktion Freiheit statt Angst e.V."
- stellvertretend der Vorstand:
Mathilde Furtner (Vorsitzende) und Christoph Andre (Vorsitzender)
mit Dr. Rainer Hammerschmidt (Schatzmeister)
im März des Erscheinungsjahres.


Quelle: Tenzer, Theo - Sonderausgabe mit einem Vorwort von "Aktion Freiheit statt Angst e.V.": Open-Source Verschlüsselung - Quell-offene Software zur Demokratisierung von Kryptographie, Schutz vor Überwachung, Norderstedt 2024, ISBN 9783757853150.

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