|
Freiheit in digitalen Infrastrukturen... war der Titel der diesjährigen Jahreskonferenz der Plattform Privatheit am letzten Donnerstag und Freitag in der Berliner Villa Elisabeth. Aktion Freiheit statt Angst e.V. war mit mehreren Aktiven dabei. Für das viele Forschungsgebiete umfassende Programmheft verweisen wir dorthin. Ziel der Plattform ist es ja gerade, die aus der Digitalisierung entstehenden Probleme auf die verschiedenen Gebiete Jura, Soziologie, Politik, Psychologie herunterzubrechen und die Experten von dort mit einzubinden. Im Folgenden wollen wir keine Inhaltsangabe versuchen, sondern beschränken uns auf einige Highlights, die uns ins Auge gesprungen sind. Keynote: Pay or OkayIn seinem Vortrag berichtet der österreichische Datenschützer Max Schrems (NOYB – Europäisches Zentrum für digitale Rechte) über die Probleme, wenn man vor die Wahl gestellt wird, einem Web Auftritt mit Werbung oder als Abo zuzustimmen. Die Frage nach der Datenschutzgrundverordnung ist dann nämlich, ist das noch eine freiwillige Zustimmung? Österreichische Gerichte hatten entschieden, dass von einer Freiwilligkeit auszugehen ist, wenn dies günstiger ist als ein Print Abo. Fragt man jedoch die Menschen nach der Freiwilligkeit, so ergibt sich, dass
Die Preise für Abonnements variieren in verschiedenen europäischen Staaten, so wären es für eine Familie in Österreich 35 € im Monat, in Deutschland nur 12,50 €. Allein ein Abo für die 100 Top Webseiten (Zeitungen/Zeitschriften) würde eine deutsche Familie mit 150 € im Monat belasten. Sozial schwache Menschen können sich dies nicht leisten – ist das noch freiwillig? Gleichheit verlangt auch gleiche Teilhabe. Wichtig in diesem Zusammenhang ist seine Feststellstellung, dass die wichtigen Print Verlage durch das Verfahren durchschnittlich nur 0,8 % mehr an Einnahmen generieren. Für die Verlage ist dies eigentlich unwesentlich, aber sie wollen mit einem Abo „den Fuß in die Tür des Kunden bekommen“. Wir müssen nun das Urteil des EuGH zum Fall "Zustimmen oder Abo" abwarten. Eine weitere Erkenntnis, die bei seinen Untersuchungen heraus kam war, dass entweder die Einwilligung bei einigen Webseiten DSGVO-widrig nicht abgefragt wird oder sogar trotz eines „nein“ getrackt wurde. Panel „Freiheit mit allen Mitteln?“In dem Panel „Freiheit mit allen Mitteln?“ ging es ebenfalls um GAFAM, die 5 großen Internetkonzerne, deren Umsatzgröße die Haushalte vieler europäische Staaten übertrifft. Eine wichtige Frage war beim Thema Smart Home, wer in einer Familie den Admin spielt, beziehungsweise die Entscheidungen über die Überwachung der restlichen Familienmitglieder trifft. Zur Unterscheidung zwischen analog und digital wird festgestellt, dass man in der analogen Welt circa fünf Verträge pro Jahr abschließt, während es in der digitalen Welt einige 100 pro Jahr sein können. Damit sind die Menschen völlig überfordert und lesen nicht in was sie einwilligen (AGB). Entgegen getreten wird auch der Auffassung "meine Daten gehören mir". Das ist falsch, da Daten nie normales Eigentum sind. Daten dürfen keine Handelsware sein, denn auch nach dem Verkauf sagen Sie weiter etwas über mich aus - sie bleiben „meine Daten“ (Alexander Roßnagel). Nur physische Dinge können Eigentum sein, die Kommunikationsordnung ist keine Eigentumsordnung, auch wenn der Data Act dies eventuell anders sieht. Zu den erfolgreichen Klagen gegen große Internetkonzerne und die verhängten Bußgelder wird angemerkt: Zehn Jahre wurde gegen META geklagt, am Ende war der Prozess gewonnen. Doch es nützt nichts, denn META behauptet, dass inzwischen bei ihnen alles anders geregelt wäre. So bleibt uns nur übrig, erneut zu klagen. Keynote: Digitale Infrastrukturen und Geopolitik Frau Ingrid Schneider von der Uni Hamburg untersuchte in ihrem Projekt die Globalisierung des Internets. So hat sie in verschiedenen Ländern vor allem des Südens die dortige Datenschutzgrundlagen untersucht. Dabei hat sie teilweise erschreckende Erkenntnisse über die Lebensrealität und das Gebaren der großen Internetgiganten gewonnen. In Südafrika gibt es seit 2021 den POPI Act als Grundrecht für den Datenschutz. Die Bußgelder sind für GAFAM allerdings viel zu niedrig. Fazit: Der Datenschutz ist schwach aber vorhanden. In Brasilien haben viele Menschen einen zeitlich, bzw. datenmäßig limitierten Zugang zum Internet, so dass bereits Mitte des Monats bei Vielen ihr Datenvolumen erschöpft ist. Meta hat bei den brasilianischen Telekommunikationsunternehmen durchgesetzt, dass der Zugang zu Meta in diesem Limit nicht berechnet wird. Die Folge ist, dass für viele Brasilianer das Internet praktisch nur aus den Diensten von Meta (Facebook, WhatsApp, Instagram) besteht. In Indien gibt es seit 2017 ein Grundrecht auf Privatheit. Allerdings gehen indische Gerichte bei Klagen regelmäßig von einer „angenommenen Zustimmung“ aus. Fazit von Frau Schneiders Vortrag: 82 % der Staaten auf der Welt haben Regeln zum Datenschutz, Lediglich die USA und Iran haben überhaupt keine. In den USA gilt seit den neunziger Jahren die Section 206, die die Anbieter von Internetdiensten von jeglicher Haftung frei stellt. Aufbau eines EU-weiten Offenen Web IndexDas Projekts über den Aufbau eines EU-weiten Offenen Web Index (PRIDI) wird unterstützt von der Open Search Foundation und ist sehr wichtig, um die fast 100%-ige Dominanz von Google zu brechen. Die Aufgaben des Web Index umfassen das Crawling, die Speicherung, die Analyse und die Aufbereitung der Information. Das ist ein sehr umfangreiches Unterfangen. Auch die geplante Nutzung des Web Index geht von der Suchanfrage über den Abgleich mit dem Index, dem Setzen einer Rangfolge und der Anzeige der Ergebnisse einen weiten Weg. Da Google für den Aufbau seiner Suchmaschine viele Milliarden investiert hat und mehr als zehn Jahre gebraucht hat, wäre der Offene Web Index zwar sehr wünschenswert, wird aber bei den begrenzten Mitteln der EU dafür (einige 10 Millionen Euro) kaum durchsetzbar sein. Privatheit versus individuelles Nutzerverhalten 1,8 Milliarden Bilder werden pro Tag auf Instagram hochgeladen. Es sind meist idealisierte Körper und damit Fake Bilder des Menschen. Hinzu kommen nun KI generierte Bilder, die ebenfalls nicht das reale Menschenbild wiedergeben. Natürlich gab es viele weitere Erkenntnisse aus den beiden Tage zu gewinnen. Die Vorträge und Diskussionen werden als Text und auch als Videos auf den Webseite der Plattform Privatheit sichtbar bleiben. Mehr dazu bei https://plattform-privatheit.de/p-prv/jahreskonferenzen/jahreskonferenz-2024.php Kategorie[26]: Verbraucher- & ArbeitnehmerInnen-Datenschutz Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/3Do Link zu dieser Seite: https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/8939-20241020-jahreskonferenz-der-plattform-privatheit.html Link im Tor-Netzwerk: http://a6pdp5vmmw4zm5tifrc3qo2pyz7mvnk4zzimpesnckvzinubzmioddad.onion/de/articles/8939-20241020-jahreskonferenz-der-plattform-privatheit.html Tags: #PlattformPrivatheit #Forum #GAFAM #BAT #Meta #Instagram #Brasilien #Indien #Südafrika #BRICS #Datenpannen #Datenskandale #Verbraucherdatenschutz #Verhaltensänderung #Persönlichkeitsrecht #Privatsphäre Erstellt: 2024-10-20 09:34:31 Aufrufe: 122 Kommentar abgeben |
CC Lizenz Mitglied im European Civil Liberties Network Bundesfreiwilligendienst Wir speichern nicht World Beyond War Tor nutzen HTTPS nutzen Kein Java Transparenz in der Zivilgesellschaft |