Zwischenbericht zum Afghanistaneinsatz
Mit dem Urteil "strategisch gescheitert" hat die Enquete-Kommission des Bundestags heute ihren Zwischenbericht über die Bewertung des Bundeswehreinsatz in Afghanistan vorgelegt. Dies ist nach 18 Monaten insofern ein Zwischenbericht, als dass die Kommission in den nächsten 18 Monaten Verbesserungsmaßnahmen entwickeln und vorschlagen wird.
Der "größte, teuerste, opferreichste Kriseneinsatz der westlichen Staatengemeinschaft endete mit einem strategischen Scheitern." Die Mängelliste ist lang und beinhaltet für Deutschland vor allem folgende Punkte:
- keine fortlaufende, selbstkritische Bestandsaufnahme hinsichtlich der sehr hoch gesetzten Ziele,
- keine Abstimmung zwischen den zuständigen Ministerien - also Außen-, Innen-, Verteidigungs- und Entwicklungsministerium,
- "Ressortegoismen" wurden gepflegt, (kritisiert die Dominanz des militärischen Teils ...)
- Ausrüstung und Fähigkeiten der Bundeswehr wurden in Teilen nicht dynamisch genug an die Bedrohungslage in Afghanistan angepasst,
- Personelle Ressourcen bei zivilen Einsatzkräften und bei der Polizei [waren] gemessen am Ziel des Staatsaufbaus nicht ausreichend,
- bei der Verteilung von Geldern habe man die "Aufnahmefähigkeit und die Kapazitäten der afghanischen Partner" überschätzt, (deutet auf Korruption hin ...)
Positiv und negativ
Positiv ist nach immerhin 18 Monaten, dass überhaupt eine Bewertung des Kriegseinsatzes in Afghanistan durch eine Kommission des Bundestags erfolgt ist, negativ ist unserer Meinung nach, dass diese Arbeit hinter verschlossenen Türen stattgefunden hat. Ein öffentliches Tribunal nach 20 Jahren Krieg wäre angesichts der aufgewendeten Milliarden und des Leids der Zivilbevölkerung angemessener gewesen. Das Thema "Ressortegoismen" deutet an, dass die "Dominanz des Militärischen" die zivilen Projekte nur als Beiwerk gesehen hat und damit den gleichen Fehler gemacht hat, der auch am Ende des Hollywood Streifens "Der Krieg des Charlie Wilson" über den 1. Afghanistan Krieg des USA benannt wird, der die Taliban erschuf und ihnen die Macht verschaffte: das Fehlen eines strategischen zivilen Ziels. Das Überschütten einer korrupten Elite mit Waffen wird nie eine starke Zivilgesellschaft entstehen lassen.
Das gleiche Fazit mit einigen regionalen Feinheiten lässt sich auch für die Bundeswehreinsätze in Mali und Niger vermuten. Auf einen entsprechenden Bericht müssen wir sicher noch ein Jahr warten. In der Zwischenzeit wird mit einem "robusten Einsatz" ohne jegliche Einbindung anderer Ressorts, wie etwa des Entwicklungsministeriums ein Einsatz gegen die Huthi Milizen im Jemen gestartet.
Es werden die gleichen Fehler wiederholt. Wie sagte kürzlich ein CDU Politiker zum Einsatz im Roten Meer: "Der Einsatz der Bundeswehr im Roten Meer sichert die Lieferketten und damit die Arbeitsplätze in Deutschland." Die Arbeitsplätze der jeminitischen Bevölkerung oder viel wichtiger, ihr Hunger spielen in der Strategie der Bundesregierung scheinbar keine Rolle.
Die fehlende öffentliche Diskussion müssen wir mangels Bereitschaft im Bundestag wieder selbst anstoßen und rufen schon mal dazu auf, damit bei den diesjährigen Ostermärschen zwischen dem 29. März und 1. April zu beginnen.
Mehr dazu bei https://www.tagesschau.de/inland/afghanistan-einsatz-bundestag-100.html
Kommentar: RE: 20240219 Bundeswehr "strategisch gescheitert"
Schaut mal auf Telepolis den Artikel "Lieber Bundestag: Afghanistankrieg war kein 'strategischer Fehler', sondern Aggressionsakt"
Im Bundestagsbericht fehlt die Frage nach der Legitimität des Einmarsches in Afghanistan. Welches Recht hatten deutsche Soldaten in das Land einzufallen und dort rumzuballern?
https://www.telepolis.de/features/Lieber-Bundestag-Afghanistankrieg-war-kein-strategischer-Fehler-sondern-Aggressionsakt-9632259.html
Mi., 19.02.24 22:37
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Erstellt: 2024-02-19 08:50:45 Aufrufe: 413
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