Selenskyj oder Selenskyj
Politische Spalterei könne ein Land, das wegen der Invasion andere Herausforderungen bewältigen müsse, jetzt nicht brauchen, begründete der ukrainische Präsident Selenskyj seine Abneigung gegen Präsidentenwahlen im kommenden März. Vor einem Monat hätten bereits die Parlamentswahlen in der Ukraine stattfinden müssen. Sie wurden wegen des Kriegsrechts abgesagt.
Nach verstärkten Stimmen für die Abhaltung wenigstens der Präsidentenwahlen und für "einen politischen Wettbewerb" in letzter Zeit war die Absage von Selenskyj erwartet worden. Für Wahlen unter Kriegsrecht wäre eine Gesetzesänderung notwendig gewesen. Als Gegenkandidat stünde der frühere Präsidentenberater Oleksij Arestowitsch bereit gegen seinen ehemaligen Chef ins Rennen zu gehen.
Neben logistischen Problemen wegen der Sicherheitslage müsste man eine Lösung für die Wertung der fehlenden Abstimmungsmöglichkeit für die Bewohner der russisch besetzten Gebiete und der in westliche Länder Geflüchteten finden. Doch unabhängig davon wurden auch bereits die Wahlmöglichkeiten der verbleibenen Menschen eingeschränkt.
Präsident Wolodimir Selenski unterschrieb am 14. Mai ein Gesetz, welches Parteien verbieten kann, die die russische Aggression gegen die Ukraine rechtfertigt. Dieses Gesetz wandte Justizminister Maljuska gegen die „Oppositionsplattform für das Leben“, die größte ukrainische Oppositionspartei an. Bei den Parlamentswahlen 2019 holte diese 44 Mandate. Und ausgerechnet in der Heimatstadt von Präsident Selenski, Kriwij Rig, hatte im Dezember 2020 Konstantin Pawlow von der Oppositionsplattform die Wahlen zum Bürgermeister der Stadt haushoch gewonnen, schreibt die taz.
Die taz zählt auch die elf politischen Parteien auf, die bereits am 20. März durch den Nationalen Sicherheitsrat jegliche Tätigkeit verboten worden waren, darunter
- die Kommunistische Partei,
- die Linke Opposition,
- die Progressive sozialistische Partei der Ukraine,
- die Sozialdemokratische Partei der Ukraine und
- die Union der linken Kräfte.
Die Namen dieser Parteien hören sich alle eher "links" an und von der ehemals dominierenden "Partei der Regionen", der Regierungspartei des nach dem Maidan gestürzten Oligarchen spricht schon lange niemand mehr. Trotz dieser Einhegung der erlaubten politischen Ansichten scheut man in der Ukraine wohl mögliche Auseinandersetzungen über die Zukunftsperspektiven des Landes in einem Wahlkampf ...
PS. Dass die "Einhegung" sich gegen die arbeitenden Menschen richtet, war bereits kurz nach Kriegsbeginn klar, als die gewerkschaftliche Tätigkeit beschränkt und das Tarifrecht für die Mehrheit einfach abgeschafft wurde.
Mehr dazu bei https://www.zdf.de/nachrichten/politik/selenskyj-wahlen-ukraine-krieg-russland-100.html
und https://www.deutschlandfunk.de/selenskyj-lehnt-praesidentenwahl-wegen-krieg-ab-100.html
Kommentar: RE: 20231107 Keine Präsidentenwahl in der Ukraine?
Nur mal so als Vergleich - das wäre bei uns nicht viel anders, während eines Krieges bzw. im Verteidigungsfall fallen Wahlen aus und die Legislaturperiode wird einfach fortgesetzt. Das war z.B. auch im zweiten Weltkrieg in Großbritannien so.
(1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des Bundestages oder der Volksvertretungen der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit des Bundespräsidenten sowie bei vorzeitiger Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung seiner Befugnisse durch den Präsidenten des Bundesrates enden neun Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des Bundesverfassungsgerichtes endet sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.
Rt., 07.11.23 09:50
RE: 20231107 Keine Präsidentenwahl in der Ukraine?
...und das Verbot von linken Parteien, von kommunistischen und sozialdemokratischen Parteien kennt man ja auch aus der Geschichte. Nix außergewöhnliches....
Be., 07.11.23 14:25
RE: 20231107 Keine Präsidentenwahl in der Ukraine?
Wie sollte die Ukraine denn auch wählen? Sollen die in den besetzten Gebieten NICHT wählen? Dann würde Russland sagen: Seht ihr? Das sind gar keine Ukrainer. Da sind Russen!
Wählen an der Front? Echt jetzt?
Kenne kein Land in dem während eines Krieges gewählt werden würde. Selbst Deutschland ist da keine Ausnahme.
Insofern: Alles richtig.
Eu., 07.11.23 17:49
RE: 20231107 Keine Präsidentenwahl in der Ukraine?
Ich halte Wahlen im Krieg auch für keine gute Idee. Normalerweise greifen ja Regierende auf dieses Mittel zurück um sich in nationalistischer Vernebelung und Fanatismus die Macht zu sichern.
Nun liegt der Fall jetzt ja anders. Selenskyi ist schon länger nicht mehr unumstritten und in letzter Zeit kommt es immer wieder zu Absetzbewegungen im Apparat und auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Ohne diese Stimmungen würde diese Diskussion gar nicht geführt werden.
Seine Beliebtheit scheint bei den Sofakriegern hierzulande wohl deutlich höher. Vor allem bei jenen, die nicht wahrhaben wollen in welchem geschichtlichen Nebel sie stochern.
Dazu ein kleines Zitat über die Traditionslinie der momentanen Machthaber in der Ukraine:
»Gemäß den ursprünglichen Beschlüssen führte die OUN einen faschistischen Gruß ein, der darin bestand, den rechten Arm ›leicht nach rechts, leicht über den Scheitel‹ zu heben und dabei ›Ruhm der Ukraine!‹ zu sagen (Slawa Ukraini!) und als Antwort ›Ruhm den Helden!‹ (Geroiam Slawa!).«
- aus Grzegorz Rossoliński-Liebe, »Stepan Bandera: The Life and Afterlife of a Ukrainian Nationalist: Fascism, Genocide, and Cult«
In diesem Sinne
Geroiam Slawa! zurück
Be., 07.11.23 22:57
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Tags: #Wahlen #Abstimmung #Ukraine #Parteienverbote #Diskriminierung #Ungleichbehandlung #Verhaltensänderung #Gewerkschaft #Mitbestimmung #Koalitionsfreiheit #Kriegsrecht
Erstellt: 2023-11-07 08:56:22 Aufrufe: 271
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