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11.07.2023 USA liefern geächtete Streubomben

"Nur die anderen brechen das Völkerrecht"

Nach diesem Motto rechtfertigt der Artikel von Dr. Patrick Heinemann bei lto.de die Lieferung von Streubomben durch die USA an die Ukraine. Richtig ist, dass die USA und auch die Ukraine den völkerrechtlichen Vertrag zur Ächtung dieser Massenvernichtungswaffen nicht unterzeichnet haben. Auch Russland hat das bisher nicht getan. Allerdings ist dieses Abkommen inzwischen von 111 Staaten ratifiziert worden, darunter auch von Deutschland und einigen weiteren NATO und EU-Staaten.

Was ist das verbrecherische an Streumunition?

Eine Streubombe löst sich nach ihrem Abschuss in viele kleine Sprengkürper, die damit gleichzeitig ein größeres Gebiet treffen können. Allerdings explodieren nicht alle Teile beim Auftreffen auf den Boden. Diese Blindgänger gefährden danach über Jahre vor allem Zivilisten. Perfide "Rechtswissenschaftler" sind nun auf die Idee gekommen zwischen "schlechter Streumunition" aus Russland mit 5-40% Blindgängern und "guter Streumuntion" aus US Beständen mit 2-4% Blindgängern zu unterscheiden.

Einer solchen Argumentation folgen nur wenige. Linken Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch auf Twitter: "Streubomben sind perfide Mordwerkzeuge des 21. Jahrhunderts, die den Geist des finstersten Mittelalters atmen" und für die Linken Außenpolitikerin Sevim Dağdelen ist der Einsatz von Streumunition durch die Ukraine "völkerrechtswidrig, verbrecherisch und Terror gegenüber der Bevölkerung".

Warum geht man auf so einem schmalen Grat an der Kante des Völkerrechts?

Technisch: Die Produktion gewöhnlicher Artilleriemunition läuft gerade erst schleppend an.

Politisch: Die Ukraine möchte nach den westlichen Kampfpanzern nun auch  F-16-Kampfjets und bisher bremsen die USA ihre voreilige Zusage selbst aus und die Lieferung von Streumunition soll die Ukrainer beruhigen. Wie das, wenn das Zeug dann anschließend in ihrem Land rumliegt?

Es bleibt die Frage, warum man diesen Weg gegen eine Vereinbarung einer Mehrheit der Staaten auf der Erde durchsetzt. Unabhängig von der rechtlichen Lücke birgt der Einsatz Gefahren für die Zivilbevölkerung und ist unabhängig von der völkerrechtlichen Zulässigkeit grundsätzlich ethisch verwerflich.

Na ja, letzteres gilt natürlich auch für Urangeschosse, wie im Kosovo und Irak erlebt, und sollte auch für ferngesteuerte automatisch tötende Drohnen - und eigentlich am besten für alle Waffen gelten!

Update 14.07.23: Verstoß gegen Verbot von Streumunition ist eine kriminelle Handlung SPD Pressemitteilung vom 30.07.2010

Am 1. August tritt die internationale Konvention gegen Streumunition in Kraft. Dazu erklärt der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Pflug:
Mit der 30. Ratifizierung durch das südosteuropäische Moldawien im Februar dieses Jahres wurde die Voraussetzung geschaffen, dass die internationale Konvention gegen Streumunition nun in Kraft treten kann. 19 von 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union gehören den Unterzeichnern der Konvention an. Deutschland hat das Ratifizierungsverfahren unter dem ehemaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier abgeschlossen.
Trotz des Erfolges ist noch nicht das Ende des Prozesses erreicht, da die wichtigsten Produzenten, Exporteure und Anwender von Streumunition noch nicht unterschrieben haben. Darunter sind die USA, China und Russland.
Parlamentarier sind aufgefordert, an die Staaten zu appellieren, die bis jetzt noch nicht unterschrieben haben. Notfalls sollten diese auch nicht davor zurückschrecken, bei einem Verstoß gegen die Konvention diesen als kriminelle Handlung zu sanktionieren. Die Konvention rettet Leben, da 98 Prozent der Opfer von Streu munition Zivilisten sind.
Die Konvention verbietet den Einsatz, die Entwicklung, die Herstellung, die Lagerung sowie den Im- und Export von Streumunition und verpflichtet zur Vernichtung aller Bestände.
Streumunition ist besonders gefährlich wegen ihrer breiten Flächenwirkung und der hohen Blindgängerrate. Dadurch bringt Streumunition besonders die Zivilbevölkerung in Gefahr - nicht nur während des Einsatzes, sondern noch lange nach dem Ende eines militärischen Konflikts.

Und heute: 09.07.2023, 17:40 Uhr US-Streumunition für Ukraine: Steinmeier gegen Blockade
2008 hat er als Außenminister das Osloer Übereinkommen zur Ächtung von Streumunition unterschrieben. Nun akzeptiert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im ZDF-Sommerinterview die Lieferung derartiger Munition der USA an die Ukraine.

Mehr dazu bei https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/voelkerrecht-bruch-usa-streubomben/


Kommentar: RE: 20230711 USA liefern geächtete Streubomben

Cluster munitions are a chilling reminder of what we need to do
For good reason, an uproar has greeted President Biden’s decision to ship cluster munitions -- one of the most terrible weapons of war -- to Ukraine.
Warmakers are organized. Peacemakers have got to be even more organized.

RootsAction.org, 12.07.23 15:30


RE: 20230711 USA liefern geächtete Streubomben

Die vom Netzwerk Friedenskooperative und zahlreichen weiteren Organisationen getragene Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ hat sich vorgestern in einer Pressemitteilung ebenfalls gegen die US-Lieferung von Streumunition an die Ukraine ausgesprochen. Kampagnen-Sprecherin Susanne Weipert erklärt dazu:
„Die Pläne der USA, international geächtete Streumunition an die Ukraine zu liefern, sowie der beabsichtigte Einsatz durch die ukrainische Armee, müssen von der Bundesregierung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden. Die USA und die Ukraine sowie Russland sind dem Übereinkommen über Streumunition (CCM) zwar nicht beigetreten, aber das humanitäre Völkerrecht verbietet Waffen, die unterschiedslos Kämpfer als auch Zivilist:innen treffen. Außerdem werden die Blindgänger praktisch zu Landminen, die noch Jahre und Jahrzehnte später zu Verstümmelungen oder dem Tod vollkommen Unbeteiligter führen können.
Auch Kambodscha, das bis heute unter dem Einsatz von Streumunition in den 70er Jahren leidet, warnt die Ukraine vor dieser Waffe. Die Bundesregierung muss alles in ihrer Macht Stehende tun und den Einsatz dieser Munition verhindern, der v.a. für Zivilist:innen auch nach Jahren noch eine tödliche Gefahr darstellt.“

Netzwerk Friedenskooperative, 13.07.23 17:09


RE: 20230711 USA liefern geächtete Streubomben

Anzeige gegen Steinmeier: https://www.telepolis.de/features/Verstoss-gegen-Kriegswaffenkontrolle-Anzeige-gegen-Bundespraesident-im-Wortlaut-9217691.html
und https://www.telepolis.de/features/Streumunition-Kriegseskalation-und-Strafanzeige-gegen-Steinmeier-9216750.html
Lesen!

Su., 16.07.23 16:41


RE: 20230711 USA liefern geächtete Streubomben

... und nun bestätigt das US Außenministerium, dass die Ukraine die gelieferte Munition auch einsetzt. Deutschland und die EU schweigen weiter dazu.

Pe., 21.07.23 06:58


RE: 20230711 USA liefern geächtete Streubomben

Zerfetzte Menschen durch Streubomben oder Frieden schaffen, mit weniger Waffen?
Im Grunde geht es "nur" um eine Selbstverständlichkeit: Unser Land bricht den internationalen Vertrag (das Osloer Übereinkommen gegen die Ächtung von Streumunition), der das humanitäre Völkerrecht schützt.

Ch., 25.07.23 20:33


Kategorie[21]: Unsere Themen in der Presse Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/3v4
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Tags: #Ukraine #Russland #Streubomben #Uranmunition #Völkerrecht #NATO #Militär #Aufrüstung #Waffenexporte #Drohnen #Frieden #Krieg #Friedenserziehung #Menschenrechte #Zivilklauseln
Erstellt: 2023-07-11 07:58:05
Aufrufe: 606

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