Endlich Kampfpanzer für die Polizei?
Die Militarisierung der Gesellschaft nimmt immer wahnsinnigere Formen an. Man könnte glauben, dass die Menschen alle 2 bis 3 Generationen "im Blut gebadet" werden wollen. Wir glauben eher, dass es entsprechende Kreise gibt, die damit ihre eigene Krise verdecken wollen.
Jedenfalls ist die leidige Kampfpanzer Diskussion in abgewandelter Form wirklich bis in die Polizei NRW vorgedrungen. T-Online.de berichtet: "... Ein 27-seitiges Geheimpapier stellt ein über 30 Jahre altes Konzept in Frage: Laut einem Experten-Arbeitskreis der Polizei Nordrhein-Westfalen sollen Polizisten in NRW künftig bereits in der Ausbildung besser auf Gewaltsituationen vorbereitet werden – und in der Öffentlichkeit wesentlich konsequenter auftreten als bislang."
Entweder haben die Polizisten in Lüzerath dieses Papier vor ihrem Einsatz bereits lesen müssen oder es ist so überflüssig wie ein Kropf.
Schlimmer als ein Papier ist jedoch auf wieviel Akzeptanz so ein Papier in den Medien und selbst bei der Gewerkschaft der Polizei trifft. Das hört sich dann so an:
- Befürchtung, das "Aushängeschild des Rechtsstaats" verliere sonst an Autorität,
- [Sylvester-] Krawalle seien "ein Angriff auf den Staat" und auf sein Gewaltmonopol,
- "körperliche Robustheit, Präsenz und Durchsetzungsfähigkeit" der Beamten müsse gestärkt werden,
- "konsequentes Einschreiten und Durchsetzen der polizeilichen Maßnahmen (...) auch bei scheinbaren Bagatellsachverhalten"
Alles deutet auf ein Ende der "bürgernahen Polizei" hin. Schauen wir mal, wie sich die Politik zu dem "Geheimpapier" verhält ...
Razzia bei Radio Dreyeckland
Gleich noch ein Beispiel für das härtere Durchgreifen, diesmal nicht körperlich sondern zur "juristischen Dehnbarkeit" von Begriffen. Der Radiosender Dreyeckland (RDL) in Freiburg wurde in der letzten Woche durchsucht. Als Grund wurde dafür ein Link auf das öffentlich zugängliche Archiv von "linksunten.indymedia" angegeben. Dieser Link wurde von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe als Beweis für die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung gewertet.
Inhalt des Artikels mit dem "bösen Link" vom Juli 2022 auf RDL war ein Bericht über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen "linksunten.indymedia". Als besonders kriminell wurde gewertet, dass RDL ein Graffity in dem Artikel veröffentlicht hatte, welches lautete: "Wir sind alle linksunten".
Hätten sie "links unten" in zwei Worten geschrieben, wäre ihnen vielleicht die Durchsuchung erspart geblieben, aber so haben sie eine "unterstützende Tendenz" zu einem verbotenen Verein sichtbar gemacht.
Und was war nun verboten?
- Das Archiv steht offen im Netz - auf einen Link dorthin verzichten wir wegen der Unlust morgens um 6h von der Polizei geweckt zu werden.
- Der Artikel vom Juli 22 berichtete über die Einstellung der Verfolgung von indymedia.
- Allerdings besteht weiter ein Tätigkeitsverbot gegen indymedia wegen eines Verstoßes gegen die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 3 des Vereinsgesetzes) aus dem Jahr 2017.
Die Staatsanwaltschaft ist jedenfalls weiter davon überzeugt, dass "das Setzen von Hyperlinks zu inkriminierten Internetinhalten eine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen kann" (OLG Stuttgart v. 24.04.2006 – 1 Ss 449/05). Warum man dazu sämtliche Datenträger von RDL und auch die Geräte der Lebensgefährtin eines Redakteurs einsammeln muss, erschließt sich uns nicht. Ein Screenshot des Links hätte doch gereicht, wenn dieser wirklich der Grund gewesen wäre ...
Mehr dazu bei https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_83302418/geheimpapier-aufgetaucht-polizisten-in-nrw-sollen-gewaltfaehig-werden.html
und https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/durchsuchung-radio-dreyeckland-linksuntenindymedia-pressefreiheit-rundfunkfreiheit-verbotene-vereinigung-verhaeltnismaessigkeit-staatsschutz/
Kommentar: RE: 20230123 Robuste Polizei statt bürgernah
siehe auch hier
https://neusprech.org/haerte-des-rechtsstaats-volle/
Ut., 25.01.23 08:09
RE: 20230123 Robuste Polizei statt bürgernah
Es war sogar noch rechtsstaatswidriger, wie netzpoltik.org jetzt rausgefunden hat:
Die Staatsanwaltschaft wollte sogar alle IP-Adressen der Menschen haben, welche die Webseite des Senders besucht hatten. Der Sender kritisiert einen tiefen Eingriff ins Redaktionsgeheimnis.
https://netzpolitik.org/2023/razzia-bei-radio-dreyeckland-staatsanwaltschaft-wollte-sogar-ip-adressen/
Me., 10.02.23 22:10
RE: 20230123 Robuste Polizei statt bürgernah
"Von vorne bis hinten rechtswidrig": Radio Dreyeckland wehrt sich gegen umstrittene Razzia
Zusammen mit der Bürgerrechtsorganisation GFF (Gesellschaft für Freiheitsrechte) wehrt sich der Sender beim Landgericht Karlsruhe gegen eine Durchsuchung seiner Redaktionsräume.
s. https://netzpolitik.org/2023/von-vorne-bis-hinten-rechtswidrig-radio-dreyeckland-wehrt-sich-gegen-umstrittene-razzia/
Br., 15.03.23 09:21
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Erstellt: 2023-01-23 09:38:11 Aufrufe: 620
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