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28.10.2021 Jetzt Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung!

Zivilgesellschaft appelliert an Koalitionsverhandler

SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen sich in diesen Tagen mit den Themen Justiz und Inneres befassen. Liberale und Grüne fordern in ihren Wahlprogrammen ein Ende der verdachtslosen Datensammlung.

Das 2015 von der "Großen Koalition" beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung  wurde im Juni 2017 vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für grundrechtswidrig befunden und einstweilen ausgesetzt (Az. 13 B 238/17).

Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht aus. Nach dem Gesetz soll verdachtslos von der gesamten Bevölkerung aufgezeichnet werden, wer mit wem und wo per Telefon oder Handy in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt  hat.

Elf Bürgerrechts- und Berufsverbände fordern in einem Offenen Brief an die Verhandler zum Thema Justiz und Inneres - darunter der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, die Deutsche Aidshilfe und der Deutsche Journalisten-Verband - ein Ende des Gesetzes zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Verbindungs-, Standort- und Internetdaten.

Die "verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung" sei den Organisationen zufolge die "schädlichste Altlast der Großen Koalition" und "die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat." Eine derart weitreichende "Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland" sei "für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich", so für die Arbeit von Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen und Journalisten. Die verdachtslose Datensammlung begünstige Datenpannen und -missbrauch und sei von Gerichten schon wiederholt als grundrechtswidrig verworfen worden.

Die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme JETZT beenden!

In dem Brief an die Koalitionsverhandler heißt es:

Sehr geehrte Verhandler,

mit unzähligen Überwachungsgesetzen hat die „Große Koalition“ die Grund- und Freiheitsrechte schwer beschädigt. Von einem "Ampel"-Koalitionsvertrag mit den Parteien SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwarten wir eine Beseitigung der schädlichsten Altlast der „Großen Koalition“, nämlich der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten in Deutschland.

Warum?

  • Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung ist die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste[1] Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat. Das 2015 beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet Telekommunikationsgesellschaften, Informationen über die Verbindungen ihrer sämtlichen Kunden aufzuzeichnen. Wochenlang soll nachvollziehbar sein, wer mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Bei Smartphone-Nutzung ist auch der jeweilige Standort des Benutzers festzuhalten. Die Vorratsspeicherung von Internetkennungen (IP-Adressen) soll in Verbindung mit anderen Informationen nachvollziehbar machen, wer was im Internet gelesen, gesucht oder geschrieben hat.
  • Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland ist für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich. Ohne jeden Verdacht einer Straftat sollen sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen) von über 80 Millionen Bürgern gesammelt werden. Damit höhlt eine Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Datenpannen und -missbrauch. Sie untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern. Sie beeinträchtigt insgesamt die Funktionsbedingungen unseres freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens. Die enormen Kosten einer Vorratsdatenspeicherung sind ohne Erstattungsregelung von den Telekommunikationsunternehmen zu tragen. Dies zieht Preiserhöhungen nach sich, führt zur Einstellung von Angeboten und belastet mittelbar auch die Verbraucher. Auch unter Bezeichnungen wie „Quick Freeze Plus“ ist eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung inakzeptabel. [2]
  • Es hat sich herausgestellt, dass eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung zur Aufdeckung, Verfolgung und Bestrafung schwerer Straftaten überflüssig ist. Untersuchungen belegen, dass bereits die gegenwärtig verfügbaren Kommunikationsdaten ganz regelmäßig zur effektiven Aufklärung von Straftaten ausreichen. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine Vorratsdatenspeicherung besser vor Kriminalität schützte. Dagegen kostet sie Millionen von Euro, gefährdet die Privatsphäre Unschuldiger, beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation und ebnet den Weg in eine immer weiter reichende Massenansammlung von Informationen über die gesamte europäische Bevölkerung.
  • Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung hat sich als grundrechtswidrig erwiesen und gerichtlicher Überprüfung wiederholt nicht standgehalten. Im Juni 2017 wurde die gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bereits für europarechtswidrig befunden und ausgesetzt (Az. 13 B 238/17). Die Bundesnetzagentur setzt das Gesetz nicht mehr durch. Nationale Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung hat der Europäische Gerichtshof schon mehrfach verworfen. Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss der laufenden Verfahren könnten jedoch noch Jahre der Rechtsunsicherheit vergehen.

Als Vertreter der Bürger, der Medien, der freien Berufe, der Justiz und der Wirtschaft lehnen wir eine flächendeckende und verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung geschlossen ab. Wir appellieren an Sie, in den Koalitionsverhandlungen ein klares Bekenntnis zur Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten (§113a ff. TKG) in Deutschland einzufordern und auch die sogenannte „freiwillige“ Vorratsdatenspeicherung der Unternehmen (§100 TKG) auf besondere Anlässe und verdächtige Aktivitäten zu beschränken [3]. Die aktuelle Missachtung der europäischen Grundrechte-Charta muss beendet und die freie Kommunikation wieder hergestellt werden. Seien Sie sich unserer Unterstützung dabei versichert.

Mit besten Grüßen
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung

sowie die Mitunterzeichner
- Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
- Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main
- Deutsche Aidshilfe
- Deutscher Fachjournalisten-Verband AG
- Deutscher Journalisten-Verband e.V.
- Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.
- Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.
- Humanistische Union e.V.
- Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V.
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)

Nachweise:

[1] Meinungsumfrage zu Überwachungsgesetzen: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/infas-umfrage.pdf
[2] Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zu „Quick Freeze Plus“: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/ak-vorrat-stellungnahme_qf-e.pdf
[3] Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zur „freiwilligen Vorratsdatenspeicherung“: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/ak-vorrat-stellungnahme_it-sicherheitsgesetz_oa.pdf

Mehr dazu bei http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/798/79/lang,de/


Kommentar: RE: 20211028 Jetzt Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung!

So, nun steht im Vorsitzendenkompromiss zur Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag:
"Angesichts der gegenwärtigen rechtlichen Unsicherheit, des bevorstehenden Urteils des Europäischen4 Gerichtshofs und der daraus resultierenden sicherheitspolitischen Herausforderungen werden wir die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung so ausgestalten, dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können."
Also wieder einmal "einerseits und andererseits". Wo ist da der "Fortschritt"?

Al., 25.11.21 07:51


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Erstellt: 2021-10-28 08:14:40
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