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Hinweisgeber, Enthüller oder AufdeckerWikipedia schreibt zum Begriff Whistleblower: Ein Whistleblower (im deutschen Sprachraum zunehmend auch Hinweisgeber, Enthüller oder Aufdecker) ist eine Person, die für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringt. Dazu gehören typischerweise Missstände oder Verbrechen wie Korruption, Insiderhandel, Menschenrechtsverletzungen, Datenmissbrauch oder allgemeine Gefahren, von denen der Whistleblower an seinem Arbeitsplatz oder in anderen Zusammenhängen erfährt. Im Allgemeinen betrifft dies vor allem Vorgänge in der Politik, in Behörden und in Wirtschaftsunternehmen. Obwohl wir seit Jahren über Whistleblower berichten, fehlt diese Erklärung in unserer Rubrik "Begriffserklärungen". Das wollen wir hier mit einer Würdigung einiger bekannter Whistleblower korrigieren. Die verwendeten Informationen und Bilder stammen aus Wikipedia und können unter Angabe der Quelle und bei Fotos dem Namen des Urhebers gemeinfrei genutzt werden. Denn nicht umsonst sind wir seit Anfang 2017 in der Initiative Transparente Zivilgesellschaft von Transparency International und setzen uns für offene und transparente NGOs, Behörden und Unternehmen ein. Nicht ohne Erfolg, denn inzwischen hat auch die EU einen Schutz für Whistleblower auf ihrer Agenda (EU-Parlament und Rat für Whistleblowerschutz). Nun muss "nur noch" die Umsetzung in nationale Gesetze erfolgen. 1929: Carl von Ossietzky deckte in einem Artikel in der Weltbühne die verbotene Aufrüstung der Reichswehr auf. Ossietzky wurde kurz nach der "Machtübernahme" der Nazis am 6. April 1933 in das neu errichtete Konzentrationslager Sonnenburg bei Küstrin verschleppt. 1934: Herbert von Bose – Pressechef des konservativen Vizekanzlers in der Frühphase der Regierung Adolf Hitler, Franz von Papen. Von Bose gab heimlich geheime Informationen und Unterlagen über von den Nationalsozialisten verübte Gräueltaten an den britischen Journalisten Claud Cockburn und anderen ausländischen Presseleuten zur Veröffentlichung in ihren Heimatländern weiter. Er wurde von der SS erschossen. 1938: Nazim Hikmet Nâzım Hikmet wandte sich 1918 als sozialistisch geprägter Mensch gegen Mustafa Kemal Atatürk und musste aus dem besetzten Istanbul in eine Provinz Anatoliens fliehen. Nachdem 1929 sein erster revolutionärer Gedichtband 835 Satır (dt. 835 Zeilen) erschien, wurde Nâzım mehrmals inhaftiert, insgesamt für 28 Jahre. Er hat es trotz Verfolgung, Publikationsverbot und Exil geschafft, die türkische Literatur nachhaltig zu prägen. Bis 1965 bestand für ihn ein striktes Publikationsverbot in der Türkei. Am 6. Januar 2009 erhielt der zu Lebzeiten ausgebürgerte Dichter posthum die türkische Staatsbürgerschaft zurück. 1963: Werner Pätsch, ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, der die Verletzung von Post- und Fernmeldegeheimnis durch deutsche, amerikanische und britische Geheimdienste sowie die Beschäftigung ehemaliger Nazis aufdeckte. Daniel Ellsberg ist einer der bekanntesten Whistleblower der US-Geschichte. Er brachte 1971 die geheimen Pentagon-Papiere an die Öffentlichkeit, die die Täuschung der Öffentlichkeit über den Vietnamkrieg durch mehrere US-Regierungen enthüllten. Der US Offizier Hugh Thompson berichtet:
VOR 50 JAHREN, WÄHREND DES MASSAKERS VON MY LAI, BEI DEM US-SOLDATEN 500 VIETNAMESISCHE ZIVILISTEN VERGEWALTIGT UND ERMORDET HABEN, HABEN ICH UND MEINE FLUGBESATZUNG VERHINDERT, DASS NOCH MEHR UNSCHULDIGE ZIVILISTEN GETÖTET WURDEN, INDEM WIR AMERIKANISCHE SOLDATEN BLOCKIERTEN UND DROHTEN, SIE ZU TÖTEN. 1972/73: US-Präsident Richard Nixon musste 1974 wegen der Watergate-Affäre zurücktreten, die maßgeblich aufgrund der von dem Whistleblower William Mark Felt (Deckname Deep Throat) gelieferten Informationen publik wurde. Wilhelm Schlötterer versuchte während seiner Tätigkeit in der bayerischen Finanzverwaltung in den 1970er Jahren, gegen Einflussnahmen von Spitzenpolitikern zugunsten wohlhabender Freunde und Prominenter in Steuerangelegenheiten vorzugehen. Er machte die Missstände auch publik, was ihm erhebliche berufliche Nachteile einbrachte. In einem Buch schrieb er 2009 unter anderem, dass Franz Josef Strauß ein Vermögen von 400 Millionen D-Mark hinterlassen habe, was ihm eine Anzeige der Strauß-Familie einbrachte. Im Juni 2012 wurden Zeugenaussagen bekannt, die seine Version zu stützen scheinen. 1981: Klaus Förster, der Leiter der Steuerfahndungsstelle in Sankt Augustin, deckte das Geldwäschesystem mit dem Kloster der Steyler Missionare und weitere „Waschanlagen“, getarnt als angeblich gemeinnützige Vereine wie die „Staatsbürgerliche Vereinigungen“, auf. Die Ermittlungen, die er angefangen hatte und selbst nicht zu Ende bringen durfte, mündeten in die bedeutendsten Parteispendenskandale der Bundesrepublik Deutschland, wie den Flick-Parteispendenskandal und den Parteispenden-Prozess gegen den CDU-Bundesschatzmeister Walther Leisler Kiep und seinen Generalbevollmächtigten Uwe Lüthje. 1985: Herbert Amry, ein österreichischer Diplomat und Nahost-Experte. Er machte 1985 die österreichische Regierung beharrlich auf illegale Waffengeschäfte einer staatseigenen Rüstungsfirma mit dem damals kriegführenden Iran aufmerksam. Kurz darauf starb er plötzlich mit 46 Jahren an Herzversagen. Einige Jahre später lösten seine Enthüllungen eine Staatsaffäre in Österreich aus, den Noricum-Skandal. 1986: Mordechai Vanunu, ein israelischer Atomtechniker, der 1986 westlichen Medien verriet, dass Israel die Atombombe besitzt; er wurde vom israelischen Geheimdienst von Italien nach Israel verschleppt und wegen Geheimnisverrates von einem israelischen Gericht zu einer 18-jährigen Haftstrafe verurteilt. 1998: Paul van Buitenen, EU-Kontrollbeamter, der sich 1998 öffentlich gegen die betrügerischen Machenschaften einiger Mitglieder der Europäischen Kommission wandte; als Folge seiner Aktion musste die ganze Kommission zurücktreten; eine weitere Folge war, dass Paul van Buitenen vier Monate lang beurlaubt wurde (mit Halbierung seines Entgelts) und danach an eine „ungefährliche“ Stelle versetzt wurde; von 2004 bis 2009 war er Mitglied des Europaparlaments für die niederländische Kleinpartei Europa Transparant. 2001: William Binney, der 32 Jahre beim US-Geheimdienst NSA war und dann 2001 zum Whistleblower wurde, als nach 9/11 das Inlandsüberwachungsprogramm Stellar Wind gestartet wurde. Stellar Wind, ursprünglich für die Auslandsspionage entwickelt, wurde für die Überwachung innerhalb der USA erweitert. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter Thomas Drake, der bereits ab 2003 über ungesetzliche Überwachungsmaßnahmen und eine von ihm festgestellte Geldverschwendung des Geheimdiensts an die Öffentlichkeit gegangen war, meinte dazu, dass er Obama selbst gewählt habe und damals große Hoffnungen in ihn gesetzt habe. Diese seien aber sehr enttäuscht worden; Obama habe die Geheimhaltungspraxis des Staates auf ein Niveau gebracht, das selbst George W. Bush „nicht einmal beabsichtigt habe“. Obama sei in dieser Hinsicht „schlimmer als Bush“, die Amerikaner seien von ihm getäuscht worden („hoodwinked“). Drake war wegen seines Whistleblowings unter dem Espionage Act angeklagt worden und ihm drohte eine 35-jährige Haftstrafe; die Anklage fiel 2011 im Prozess allerdings in allen Anklagepunkten in sich zusammen. Drake wurde nur wegen „Zweckentfremdung“ eines NSA-Computers zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt, wobei er selbst half, diesen Anklagepunkt zu finden, damit der Staat sein „Gesicht wahren“ konnte. Katharine Gun, Übersetzerin beim britischen Geheimdienst GCHQ, gab der Öffentlichkeit preis, dass UN-Behörden und -Delegierte vom britischen Geheimdienst abgehört werden; sie konnte ihre Beteiligung an den Vorbereitungen zum Irak-Krieg nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren; vom Gericht wurde sie freigesprochen. 2006-2014: Gustl Ferdinand Mollath wurde 2006 durch Gutachter festgestellte Schuldunfähigkeit gerichtlich in den psychiatrischen Maßregelvollzug eingewiesen nachdem er Geldgeschäfte seiner Ehefrau aufgedeckt hatte und diese zur Anzeige bringen wollte. Nachdem mehrere Instanzen über fünf Jahre diese Einweisung bestätigt hatten, wurden 2011 zahlreiche Zweifel an den Vorwürfen gegen Mollath und an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens laut. Nach einem erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahren wurde im Jahr 2014 in einer neuen Hauptverhandlung Mollath wiederum freigesprochen, diesmal wurde zudem festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung (zum Zeitpunkt der neuen Hauptverhandlung) nicht vorlagen. Joseph C. Wilson, Ehepartner der gesetzeswidrig enttarnten CIA-Geheimagentin Valerie Plame. Wilson hatte vor dem Irakkrieg öffentlich die von ihm aufgedeckte Tatsache verbreitet, dass Saddam Hussein entgegen den Verlautbarungen der US-Regierung keinen Atomwaffenrohstoff aus dem Niger gekauft hatte. Dies löste als Racheakt die Aufdeckung der Agententätigkeit seiner Ehefrau durch US-Regierungskreise aus. Lewis Libby, ein Berater von Vizepräsident Dick Cheney, wurde für den Verrat später zu einer Haftstrafe verurteilt, aber unmittelbar anschließend von Präsident George W. Bush begnadigt. 2010: Chelsea Manning, damals Bradley Manning, spielte vermutlich 2010 der Plattform WikiLeaks ein vom US-Militär zurückgehaltenes Video zu den Luftangriffen in Bagdad vom 12. Juli 2007 und zahlreiche weitere Dokumente zu. In dem Video ist zu sehen, wie aus einem US-Kampfhubschrauber Zivilisten erschossen werden, unter ihnen auch Reporter von Reuters, begleitet von zynischen Kommentaren der Hubschrauberbesatzung. Außerdem soll Manning Depeschen US-amerikanischer Botschaften an WikiLeaks weitergeben haben, welche veröffentlicht wurden und weltweit für erhebliches Aufsehen sorgten. Manning stand in den USA vor Gericht, ihm drohte eine lebenslange Haftstrafe wegen Geheimnisverrats und möglicherweise „Zusammenarbeit mit dem Feind“. Am 30. Juli 2013 wurde er in 19 von 21 Anklagepunkten für schuldig befunden und am 21. August 2013 zu 35 Jahren Haft und einer Geldstrafe von 100.000 US-$ verurteilt. Am 17. Mai 2017 wurde Manning freigelassen.
Julian Paul Assange ist ein australischer investigativer Journalist, Politaktivist, ehemaliger Computerhacker, Programmierer und Gründer sowie Sprecher der Enthüllungsplattform WikiLeaks. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, geheimgehaltene Dokumente allgemein verfügbar zu machen. WikiLeaks veröffentlicht interne Dokumente, unter anderem von US-Streitkräften und -Behörden. WikiLeaks enthülltemutmaßliche Kriegsverbrechen und Korruption, u. a. ein Video von der Ermordung von Reuters Journalisten im Irak ("Collateral Murder Video"). 2010: Sean Hoare, ein ehemaliger Reporter der eingestellten Boulevardzeitung News of the World belastete 2010 als erster den damaligen britischen Regierungssprecher Andy Coulson und packte über die illegalen Recherchepraktiken der Zeitung aus. Er starb im Juli 2011.
2013: Edward Joseph „Ed“ Snowden ist ein US-amerikanischer Whistleblower und ehemaliger CIA-Mitarbeiter. Seine Enthüllungen geben Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten – überwiegend jenen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens. Diese lösten im Sommer 2013 die NSA-Affäre aus. Daniel Hale, der Whistleblower und früherer Geheimdienstmitarbeiter war einer der drei Drohnen-Whistleblower*innen in dem Film "National Bird". Der junge Daniel Haie, wurde am 9. Mai in den USA verhaftet Ihm drohen bis zu 50 Jahre Haft für "Spionage". Daniel ist Mitglied der Organisation "About Face: Veterans Against the War" (früher "Iraq Veterans Against the War"], und trug bei Veranstaltungen oft ein Button, mit dem er den WikiLeaks-Whistleblower Chelsea Manning unterstützte. Daniel wird beschuldigt, 11 streng geheime oder geheime Dokumente einem Reporter gezeigt zu haben. Die Anklageschrift nennt den Namen des Reporters nicht, aber ungenannte Regierungsquellen haben Medienportalen erzählt, dass es sich bei dem Reporter um den Investigativjournalisten Jeremy Scahill von "The Intercept" handelt. 2015 veröffentlichte "The Intercept" einen Sonderbericht mit dem Titel "Die Drohnen-Papiere", der die interne Arbeitsstruktur des Programms der US Streitkräfte bei Anschlägen in Afghanistan, Yemen und Somalia offengelegt hatte. In allen 3 Fällen geht es um die Veröffentlichung von Kriegsverbrechen.
... to be continued ... Mehr dazu bei Wikipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Whistleblower Kommentar: RE: 20210216 Whistleblower Wunderbar, an dieser Stelle mal der großen und mutigen Whistleblower zu gedenken. Das alles waren keine Verräter sondern haben Machenschaften aufgedeckt, die sich gegen Menschenrechte richteten und Kriegsverbrechen bekannt machten. Sie alle riskierten Folter und Gefängnisstrafen, kurz sie setzten ihr Leben für ihre Enthüllungen ein. Wir fordern Freilassung für Julian Assange und den Schutz aller Whistleblower. Ti., 16.02.21 11:18 Kategorie[28]: Begriffserklärungen Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/3eh Link zu dieser Seite: https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/7549-20210216-whistleblower.html Link im Tor-Netzwerk: http://a6pdp5vmmw4zm5tifrc3qo2pyz7mvnk4zzimpesnckvzinubzmioddad.onion/de/articles/7549-20210216-whistleblower.html Tags: #Begriffserklärungen #Definitionen #Whistleblower #Wikipedia #Schutz #Transparenz #Informationsfreiheit #Anonymisierung #Meinungsfreiheit #Pressefreiheit Erstellt: 2021-02-16 10:41:02 Aufrufe: 875 Kommentar abgeben |
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