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27.10.2020 Berliner VerfGH weist Prüfung des Videoüberwachung-Begehrens zurück

Auch "unbehebbare Mängel" müssen diskutiert werden

Vor mehr als 3 Jahren sind wir der Berliner Allianz für Freiheitsrechte (BAFF) gegen ein sogenanntes Volksbegehren der CDU beigetreten. Gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen in Berlin haben wir darüber aufgeklärt, welche Grundrechte die von den Initiatoren geforderte Ausweitung der Videoüberwachung, inklusive einer Abhörfunktion in der Öffentlichkeit, verletzen würde.

Der Berliner Senat hat sich in vielen Punkten unserer Kritik angeschlossen und den Text des "Volksbegehrens" dem Berliner Verfassungsgerichtshof zur Klärung übergeben. Zwei lange Jahre hat der Verfassungsgerichtshof geprüft - NEIN, inhaltlich hat er sich mit dem Text nicht beschäftigt. Er hat lediglich festgestellt:

Durch Beschluss vom 21. Oktober 2020 hat der Verfassungsgerichtshof die Unzulässigkeit dieser Vorlage festgestellt. Angesichts der hohen Bedeutung der Volksgesetzgebung nach der Verfassung von Berlin sei die Senatsinnenverwaltung in verfassungskonformer Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 1 Abstimmungsgesetz verpflichtet gewesen, die von ihr angeführten Bedenken gegen das Volksgesetzgebungsvorhaben vor einer Vorlage der Sache an den Verfassungsgerichtshof mit der Trägerin des Vorhabens zu erörtern. Die Versäumung dieses Verfahrensschrittes habe die Unzulässigkeit der Vorlage an den Verfassungsgerichtshof zur Folge.

Lassen wir uns diese Aussage noch mal auf der Zunge zergehen: Nach zweijähriger Prüfung steht nun fest, dass der Senat den Verfassungsgerichtshof erst anrufen darf, wenn er vorher seine Bedenken mit dem Träger des Volksbegehren erörtert hat. So weit so gut - doch warum braucht das Gericht für diese Feststellung 2 Jahre?

Niklas Schrader, Mitglied des Fraktionsvorstands von DIE LINKE im Abgeordnetenhaus von Berlin und Sprecher für Innenpolitik und Drogenpolitik meint dazu

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin am Freitag über die Vorlage des Senats, die das Video-Volksbegehren für verfassungswidrig erklärt, entschieden. Ein wenig überraschend hat der VerfGH gar keine Aussage über die Zulässigkeit des vorgelegten Gesetzentwurfes getroffen. Er hat nach zwei Jahren (!) lediglich festgestellt, dass der Senat die rechtlichen Bedenken mit der Trägerin des Volksbegehrens hätte erörtern müssen.

Dass dieser Verfahrensschritt ausgeblieben ist, führt nun dazu, dass die Vorlage des Senats unzulässig ist. Das bedeutet, dass keine Entscheidung in der Sache getroffen wurde und das Verfahren wieder einen Schritt zurück geht. Das Gericht geht sogar so weit, dass eine Beteiligung der Trägerin im Wege einer Anhörung auch dann stattfinden muss, wenn der Senat nicht nur behebbare, sondern auch unbehebbare Mängel feststellt.

Das war ja hier der Fall. Deshalb muss nun wohl die Senatsverwaltung für Inneres sich mit den Trägern des Volksbegehren zusammensetzen und eine mögliche Anpassung des Gesetzentwurfs erörtern. Danach muss erneut entschieden werden, ob ein ggf. geänderter Gesetzentwurf immer noch unbehebbare Mängel enthält, so dass er wiederum dem VerfGH zur Entscheidung vorgelegt werden muss. Das Ganze dreht nun also eine neue Schleife.

Aktion Freiheit statt Angst, als Partner in der Berliner Allianz für Freiheitsrechte (BAFF), ist mit den dadurch erfolgenden weiteren Verzögerungen nicht unzufrieden. Eine 2. Runde des Volksbegehrens wird damit sicher nicht zur Bundestagswahl im nächsten Herbst stattfinden. Trotzdem können wir nicht verstehen, dass die vielen Diskussionen zur Verletzung der Grundrechte durch stark ausgeweitete Video- und vor allem durch die beabsichtigte Audio-Überwachung - das ist ein Lauschangriff auf die Öffentlichkeit - die auch bereits im Abgeordnetenhaus stattgefunden haben, vom Verfassungsgerichtshof nicht gewürdigt wurden.

Was soll man mit einem Antragsteller diskutieren, wenn dieser die Verfassungswidrigkeit seiner Grundrechtseingriffe nicht begreift?

Die Presseerklärung des Berliner Senats dazu bei https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.1007953.php


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Erstellt: 2020-10-27 08:52:20
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