"Registermodernisierung" hört sich unverdächtig an
"Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren [..] und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist." Das Bundesverfassungsgericht im Mikrozensus-Urteil 1969 |
Kann sich noch Jede/r an SPD-Finanzminister Peer Steinbrück erinnern, der im Sommer 2007 die Kritik gegen eine "einheitliche Steuer-Identifikationsnummer" (Steuer-ID) als "konstruierten Erregungszustand in der Sommerpause" betitelte. Niemand brauche Angst vor der Gefahr eines "glasernen Bürger" zu haben.
Die KritikerInnen, unter ihnen der ehemalige Datenschutzbeauftragte Peter Schaar, befürchteten bereits damals, dass der Staat in Zukunft die Steuer-Identifikationsnummer als Personenkennzahl nutzen werde und mit ihrer Hilfe verschiedenste Datensätze verknüpfen könne. Genau das möchte die Regierung nun wieder in einer Sommerpause machen. Die beabsichtigte "Registermodernisierung" könne Einsparungen von 6 Milliarden Euro (pro Jahr?) bringen.
Doch die Grundrechte, wie die informationelle Selbstbestimmung und verschiedene Urteile des BVerfG, wie das Volkszählungsurteil von 1983 und das oben zitierte Mikrozensus-Urteil von 1969 sprechen dagegen.
Es geht auch anders: So hat Österreich ein verschlüsseltes Personenkennzahlsystem eingeführt. Dabei ist die Kennzahl nur der unabhängigen Datenschutzbebehörde zugänglich und die anderen Behörden nutzen weiter die Identifikationsschlüssel für ihren Fachbereich. Damit wird verhindert, dass eine Zusammenführung der Daten aus verschiedenen Bereichen erfolgen kann (Profilbildung). Die deutsche Bundesregierung will aber weiterhin die übergreifende Verknüpfung aller Daten.
Der Bundesdatenschutzbeaftragte Kelber lehnt bisher die "Gesamtkonzeption eines verwaltungsübergreifenden, unveränderlichen Ordnungsmerkmals zur Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger, wie sie der in den Eckpunkten des Konjunkturpakets skizzierten Registermodernisierung zugrunde liegt" aus verfassungsrechtlichen und aus datenschutzrechtlichen Gründen ab. Er sieht in dem geplanten Gesetz eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots der Zweckbindung.
Das sehen wir auch so und die Ausweitung der Steuer-ID zur übergreifenden Personenkennziffer haben wir schon damals befürchtet - wieder ist die Salami etwas kleiner geworden ...
- 24.06.2019 Steuer-ID soll zur verbotenen Personenkennziffer werden
- 25.01.2019 Innenminister baut zentrale Datenbank für alle
- 12.09.2014 Steuer-ID wird zur Personenkennzahl
- 29.12.2009 Stoppt das ELENA Projekt
Mehr dazu bei https://netzpolitik.org/2020/registermodernisierung-eine-nummer-sie-alle-zu-finden/
und die Bundesdrucksache zum Registermodernisierungsgesetz http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2020/0563-20.pdf mit 124 Seiten
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Erstellt: 2020-08-26 08:01:46 Aufrufe: 949
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