20.04.2020 Atombomben in Büchel wurden heimlich modernisiert

Neue Bomben für alte Flieger

Mehr als .20-mal haben wir vor einer Modernisierung der auf dem Bundeswehr Fliegerhorst Büchel lagernden US Atombomben gewarnt. Nun ist es tatsächlich geschehen, obwohl der Bundestag 2010 fraktionsübergreifend einen Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland gefordert hatte.

Die Zeit und Spiegel berichten, dass die USA ihre in Deutschland stationierten Atomwaffen modernisiert haben. Die geheime Operation fand bereits im Herbst 2019 statt. Die US-Luftwaffe hat die rund 20 Bomben vom Typ B61 vom Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz mit einer militärischen Transportmaschine für zwei Tage in die USA geflogen haben, um die Software des Waffensystems zu erneuern.

Die Bundesregierung  war darüber kurz zuvor in Kenntnis gesetzt worden und habe sich mit Kräften der Bundeswehr "für den Fall von Problemen beim Transport der Waffen" bereitgehalten.

Über den Fliegerhorst in Büchel und die "nukleare Teilhabe" Deutschlands dokumentieren wir hier aus dem Panopticon Blog eine Untersuchung zu den rechtlichen und politischen Gegebenheiten.

Der Fliegerhorst in Büchel

Der Fliegerhorst Büchel ist ein Fliegerhorst der Bundeswehr. Er befindet sich bei Büchel in der Verbandsgemeinde Ulmen im Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz. Der Fliegerhorst dient dem taktischen Luftwaffengeschwader 33 (TaktLwG 33) als Basis.

Büchel gilt deutschlandweit als einziger Standort, an dem noch US-Atomwaffen gelagert werden. Die deutsche Luftwaffe bildet hier im Rahmen der innerhalb der NATO vereinbarten nuklearen Teilhabe Jagdbomberpiloten für den Einsatz mit diesen taktischen Atomwaffen aus, um dann mit Bundeswehr-Tornados die Atombomben ins Zielgebiet zu fliegen und abzuwerfen. Die Codes zum Scharfmachen der Atombomben kennen nur US-Militärs, ihr Abwurf aber wäre die Aufgabe deutscher Soldaten.

Doch die deutschen Tornados gelten dafür mittlerweile als unbrauchbar.

"Die deutschen Kampfflugzeuge vom Typ Tornado, die für ihren möglichen Abwurf vorgesehen sind, wurden in den 1980er Jahren gebaut. Heute sind sie technisch überholt und reparaturanfällig. Experten bezweifeln, dass sie die hochmoderne russische Luftabwehr überwinden könnten. Die längst überfällige Entscheidung über einen Nachfolger für den alternden Tornado hat die Bundesregierung bisher nicht getroffen." ( https://www.dw.com/de/usa-modernisieren-atombomben-in-deutschland/a-52856021 )

Rechtliche Situation

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages zur "Nukleare Teilhabe"  und "Nichtverbreitungsvertrag (NVV)" sowie  "Zwei-plus-Vier-Vertrag"

"Die den Umgang mit Kernwaffen betreffenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich primär aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (auch: Atomwaffensperrvertrag) von 1968 sowie aus dem sog. „Zwei-Plus-Vier"-Vertrag von 1990."

Der Nichtverbreitungsvertrag

"Der Nichtverbreitungsvertrag (NVV) regelt die Proliferation, also die Weitergabe und Verbreitung von Kernwaffen sowie des zu ihrer Herstellung benötigten Materials. Der Vertrag verpflichtet die Nichtkernwaffenstaaten zum Verzicht auf Nuklearwaffen. Diese Staaten – die EU selbst ist nicht Mitglied des NVV – verpflichten sich überdies, waffenfähige Nuklearmaterialien ausschließlich für friedliche Zwecke zu verwenden (Art. IV NVV) sowie keine Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen, mit denen man solche herstellen könnte. Die Nuklearmächte verpflichten sich im Gegenzug, das Wissen und die Technik, die für den Bau von Atomwaffen notwendig sind, nicht weiterzugeben.Die mangelnde Bereitschaft der Kernwaffenstaaten, ihre Arsenale tatsächlich abzurüsten, verdeutlicht das Auseinanderklaffen zwischen juristischem Anspruch und politischer Wirklichkeit des NVV, der immerhin in Art. VI als vertragsmäßiges Ziel die „Beendigung des nuklearen Wettrüstens" sowie die „vollständige Abrüstung unter strenger internationaler Kontrolle" formuliert."

Die „nuklearen Teilhabe"

"Der NVV steht einer sog. „nuklearen Teilhabe" nicht entgegen; darunter versteht man „Zwei-Schlüssel-Vereinbarungen", die festlegen, dass der Kernwaffenstaat und der Staat, in dessen Hoheitsgebiet Kernwaffen stationiert sind, nur gemeinsam über deren Einsatz entscheiden können (sog. „Sekundärmitwirkung").Eine durch den NVV verbotene Weitergabe von Kernwaffen an einen Nichtkernwaffenstaat bzw. die Erlangung der alleinigen Verfügungsgewalt über Kernwaffen durch einen Nichtkernwaffenstaat erfolgt weder im Rahmen der „nuklearen Teilhabe" noch im Rahmen einer bloßen Stationierung von Kernwaffen auf dem Territorium eines Nichtkernwaffenstaates.
Mit dem NVV konform sind überdies Beratung, Planung und Übungen von Mitgliedern eines Verteidigungsbündnisses im Bereich der nuklearen Verteidigung sowie die Stationierung von Nuklearwaffen auf dem Territorium eines Nichtkernwaffenstaates."

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag

"Deutschland hat im „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland" vom 12. September 1990 (sog. „Zwei-plus-Vier-Vertrag") völkerrechtsverbindlich auf den Besitz von Atomwaffen verzichtet. In Art. 3 dieses Vertrages heißt es: „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihren Verzicht auf Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über atomare, biologische und chemische Waffen. Sie erklären, daß auch das vereinte Deutschland sich an diese Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 für das vereinte Deutschland fort."

Wie sieht es mit der Finanzierung der stationierten Atomwaffen in Büchel aus?

Ko-Finanzierung ausländischer Nuklearwaffenpotentiale durch Deutschland:

"Im Gegensatz zum Übereinkommen über Streumunition von 200812 enthält der NVV kein explizites Unterstützungs- oder Ko-Finanzierungsverbot, also ein entsprechendes Verbot für Nichtkernwaffenstaaten, Kernwaffenstaaten bei der Entwicklung oder Modernisierung ihres Atomwaffenpotentials (finanziell) zu unterstützen".

Weiter heißt es laut wissenschaftlichem  Dienst:

"Eine offizielle deutsche Staatspraxis zur Finanzierung ausländischer Nuklearwaffenpotentiale gibt es nicht. Auf Nachfrage der Wissenschaftlichen Dienste erklärte das Auswärtige Amt, ihm sei nicht bekannt, dass die Bundesregierung in der Vergangenheit (z.B. im Rahmen der „nuklearen Teilhabe") an der Finanzierung ausländischer Atomwaffenarsenale eines NATO-Partnerstaates beteiligt gewesen sei. In der Fachpresse ist über eine angeblich unter strengster Geheimhaltung erfolgte Ko-Finanzierung des israelischen Nuklearwaffenpotenzials durch Deutschland in den 1950er und 60er Jahren berichtet worden;20 offiziell erhärten lassen sich diese Angaben nicht."

Sowie:

"Im Ergebnis schließt die fehlende Staatspraxis eine Möglichkeit zur Finanzierung ausländischer Atomwaffenpotentiale rechtlich nicht aus. Auch aus dem allgemeinen Völkerrecht ergibt sich derzeit kein Finanzierungs- und Unterstützungsverbot für ausländische Atomwaffenpotentiale. Da jenseits des NVV kein allgemeines völkerrechtliches Verbot existiert, Kernwaffen zu besitzen und das eigene nukleare Arsenal zu modernisieren, wäre die finanzielle Unterstützung dieser Potentiale auch keine Hilfe oder Unterstützung bei der Begehung eines völkerrechtswidrigen Handelns (wrongful act)."

Fazit: Die zur Zeit geltenden völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands aus dem NVV und dem „Zwei-Plus-Vier-Vertrag" beziehen sich auf das Verbot eines Erwerbs von eigenen Atomwaffen. Die  sogenannte „nukleare Teilhabe", wie sie im Hinblick auf die in Deutschland stationierten US-Atomwaffen gehandhabt wird, verstößt ebenso wenig gegen den NVV wie auch die KoFinanzierung eines ausländischen (z.B. französischen oder britischen) Nuklearwaffenpotentials. Diese Finanzierung ließe sich zwar nicht aus dem EU-Haushalt, aber aus dem deutschen Verteidigungshaushalt  bewerkstelligen und gelte auf der Grundlage einer entsprechenden bilateralen völkerrechtlichen Vereinbarung, welche auch die „Gegenleistung" der Finanzierung regelt.

Dazu nochmal der WD des Bundestages:

"In diesem Zusammenhang bleibt die Frage, was sich Deutschland von der (kostspieligen) Ko-Finanzierung eines ausländischen Nuklearwaffenpotentials politisch und rechtlich verspricht. Ginge es Deutschland um eine rechtliche und/oder politische Zusicherung des nuklearen Schutzschildes durch Frankreich / Großbritannien, so bliebe festzuhalten, dass die französischen und die (in die NATO-Planung einbezogenen) britischen Atomwaffen immer schon als Teil einer europäischen Abschreckungsstrategie verstanden wurden.Neben Art. 5 des NATO-Vertrages existiert im EU-Vertrag von Lissabon zudem die europäische Bündnisklausel (Art. 42 Abs. 7 EUV), die Frankreich – und bis zum Wirksamwerden des „Brexit" auch Großbritannien – rechtlich verpflichtet, im Falle eines Angriffs auf Deutschland (oder einen anderen EU-Mitgliedstaat) auch militärischen Beistand zu leisten;diese Beistandsverpflichtung würde im Fall eines atomaren Erstschlags als ultima ratio auch den nuklearen Beistand einschließen."

Quellen:

Mit freundlicher Genehmigung von Nadine R., Panopticon Blog

Mehr dazu bei https://panopticon.blog/2020/04/13/der-fliegerhorst-buechel/
und https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-04/nato-usa-atomwaffen-modernisierung-deutschland-buechel
und alle unsere Artikel über Büchel https://www.aktion-freiheitstattangst.org/cgi-bin/searchartl.pl?suche=Buechel&sel=meta


Kommentar: RE:20200420 Atombomben in Büchel wurden heimlich modernisiert

Da trifft es sich doch gut, dass unsere Verteidigungsministerin erst gestern für Nachschub an neuen Fliegern gesorgt hat.

Bi., 20.04.2020 09:48


Kategorie[21]: Unsere Themen in der Presse Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/395
Link zu dieser Seite: https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/7239-20200420-atombomben-in-buechel-wurden-heimlich-modernisiert.htm
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Erstellt: 2020-04-20 08:05:15
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