24.03.2020 Gegen die mögliche Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr

EIN OFFENER BRIEF AN DIE BUNDESTAGSABGEORDNETEN

Anfang des Monats mussten wir berichten, dass das Verteidigungsministerium an einen ausgewählten Kreis von Mitgliedern des Verteidigungsausschuss und Militärs eine Einladung zu einer Veranstaltung mit dem Titel "Bewaffnete Drohnen – politische, ethische und rechtliche Aspekte" am 24.3. verschickt hat. Die Veranstaltung sollte  "Experten, Vertreter der Zivilgesellschaft und Mitglieder aller Fraktionen des Deutschen Bundestages" zusammenbringen, um die vom Bundestag 2013 beschlossene breite gesellschaftliche Debatte mit "ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung" durchzuführen.

Die an der Drohnen-Kampagne beteiligten 150 zivilgesellschaftlichen Organisationen haben gestern in einem offenen Brief die Abgeordneten über dieses Vorhaben des Verteidigungsministeriums informiert und statt dessen eine wirklich breite gesellschaftliche Debatte über die Bewaffnung von Drohnen und deren Gefahren gefordert.

Zur möglichen Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr:
EIN OFFENER BRIEF AN DIE BUNDESTAGSABGEORDNETEN

Berlin, den 23. März 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie wissen darf laut dem geltenden Koalitionsvertrag eine parlamentarische Entscheidung über eine mögliche Bewaffnung von Drohnen erst nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung” stattfinden.  Das Bundesministerium der Verteidigung hat neulich beteuert, dass die Diskussion dieser Fragen „eine breite gesellschaftliche Debatte" beinhaltet.

Mit guten Gründen sind wir besorgt, dass das BMVg diese wichtige und schon lang versprochene „gesellschaftliche Debatte" nur hinter verschlossenen Türen und weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen will.

Angeblich um „eine offene Debatte über eine mögliche Bewaffnung der durch die Bundeswehr eingesetzten Drohnen anzustoßen" hatte am 02. März das BMVg alle Bundestagsfraktionsvorsitzende zu einer Podiumsdiskussion („Bewaffnete Drohnen - politische, ethische und rechtliche Aspekte") für den 24. März in das Verteidigungsministerium eingeladen.  Über diese Einladung gab es keine Berichte in den Leitmedien.

In einem weiteren Brief vom 06. März an eine Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion hat das BMVg seine sehr bedenklichen weiteren Pläne skizziert.  Innerhalb von nur drei Monaten nach der o. g. Podiumsdiskussion soll im Verteidigungsministerium ein „Diskussionspapier" stehen, das nach „finaler Abstimmung" mit den Bundestagsfraktionen an den Bundestag versandt werden soll. Erst danach soll „die weitere Behandlung des Themas in den Gremien des Deutschen Bundestags" beginnen.

Die Bundestagsfraktionen sollen unter Führung des BMVg und im Haus des BMVg die wesentlichen Entscheidungen treffen? Wo bleibt hier die „breite gesellschaftliche Debatte"?  Wie kann die Bevölkerung sich über den Verlauf informieren und einbringen?

Wird das Verteidigungsministerium etwa seine Türen für die deutsche Bevölkerung öffnen, damit sie sich an der Diskussion beteiligen darf? Werden alle Journalistinnen und Journalisten eingeladen, die sich melden? Werden die Diskussionen, die im Verteidigungsministerium stattfinden, aufgezeichnet und auf der Webseite des Bundestags gepostet wie bei parlamentarischen Debatten üblich?

Die geplante Podiumsdiskussion am 24. März wurde zwar am 17. März durch einen Brief des Verteidigungsministeriums wegen „der anhaltenden COVID-19 Pandemie" vertagt, jedoch will das BMVg „dieses Format als offenen Dialog baldmöglichst" nachholen.

Die schwerwiegende Entscheidung des Bundestags für oder gegen die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr darf aus guten Gründen nur nach einer breiten gesellschaftlichen Debatte stattfinden. Als Präzedenzfall wird diese Entscheidung bis weit in der Zukunft alle bewaffnungsfähigen Drohnen der Bundeswehr betreffen: ob Heron TP, „Eurodrohne“ oder auch weitere Drohnen, darunter eventuell in der Zukunft auch autonome Drohnen.  Eine Entscheidung für bewaffnete Drohnen würde diese umstrittene Waffe in die Hände von auch zukünftigen deutschen Regierungen geben, welche Politik auch immer sie verfolgen.

Deswegen fordern wir alle Bundestagsfraktionen dazu auf,

  1. alle Pläne, Drohnen für die Bundeswehr zu bewaffnen, bis nach der Beendigung der Coronavirus-Krise zu stornieren, um die „gesellschaftliche Debatte" zu ermöglichen; und
  2. konkrete Vorstellungen der Fraktion dazu, wie eine breite gesellschaftliche Debatte vor einer parlamentarischen Entscheidung über die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr gestaltet werden kann, umgehend zu veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen
Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschuss Friedensratschlag
Elsa Rassbach, Sprecherin CODEPINK Germany, AGs Kampfdrohnen in Attac u. DFG-VK
Laura v. Wimmersperg, Moderatorin der Berliner Friedenskoordination

i. A. der Drohnen-Kampagne

Weitere Informationen zur Drohnen-Kampagne:
Die in 2013 gegründete „Drohnen-Kampagne" hat am 20. Dezember 2019 unseren zweiten Appell, „Keine Kampfdrohnen!", veröffentlicht.  (Siehe: https://drohnen-kampagne.de/appell-12-2019/ ).
Dieser Brief wird durch Aktion Freiheit statt Angst, eine der ca. 150 Unterstützer-Gruppen im bundesweiten Netzwerk „Drohnen-Kampagne“, per Email verschickt.  (Siehe: https://drohnen-kampagne.de/appell-keine-kampfdrohnen/unterstutzergruppen/ )

Mehr dazu bei https://drohnen-kampagne.de/
und der Brief als PDF https://www.aktion-freiheitstattangst.org/images/docs/20200323Drohnen_Brief_MdB.pdf
und https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/7193-20200306-friedensbewegung-muss-an-ethischer-debatte-beteiligt-werden.htm


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Erstellt: 2020-03-24 09:52:25
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