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Auftrag an die neue Kommissionspräsidentin Kaum im Amt, hat Ursula von der Leyen von uns Post bekommen. Zusammen in einer Allianz aus 30 Bürgerrechtsorganisationen haben wir in einem Brief an die EU-Komissionspräsidentin und mehrere Mitglieder der aktuellen Kommission, so u.a. an die für Justiz zuständige Ressortchefin Věra Jourová gefordert, endlich wissenschaftlich zu untersuchen, dass eine Vorratsdatenspeicherung (VDS) nichts an Sicherheit bringen kann und dass diese auch in den Staaten abzuschaffen ist, die sich noch immer nicht an das Urteil des EuGH halten.
Zivilgesellschaft fordert eine angemessene Bewertung der Datenspeicherung Von Diego Naranjo, EDRi
Zur Vorbereitung eines möglichen Vorschlags für neue Rechtsvorschriften führt die Europäische Kommission informelle Dialoge mit verschiedenen Interessengruppen, um die Möglichkeiten von Rechtsvorschriften zur Datenspeicherung zu untersuchen, die den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) entsprechen. Im Rahmen dieser Dialoge hat sich EDRi bereits am 6. Juni 2019 mit der Generaldirektion Migration und Inneres der Kommission (GD HOME) getroffen.
Am 22. Juli 2019 richteten 30 Organisationen der Zivilgesellschaft ein offenes Schreiben an die designierte Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und die Kommissare Avramopoulos, Jourová und King und fordern die Kommissionen der Europäischen Kommission auf, eine unabhängige Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit bestehender und potenzieller gesetzgeberischer Maßnahmen zur Datenspeicherung durchzuführen. Darüber hinaus fordern die Unterzeichner, dafür zu sorgen, dass die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung nicht dazu führt, dass die ePrivacy Verordnung in ihrer jetzigen Form angenommen wird.
Kommissionspräsidentin von der Leyen
1. Vizepräsident Timmermans
CC:
Kommissar Avramopoulos,
Kommissar Jourová,
Kommissar King
Sehr geehrte Präsidentin von der Leyen,
Sehr geehrter 1. Vizepräsident Timmermans,
Die unterzeichnenden Organisationen sind Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in digitalen und vernetzten Räumen einsetzen. Wir schreiben, um Vorschläge zur Einhaltung der EU-Grundrechtecharta und der Rechtsprechung des EuGH zur Datenspeicherung vorzulegen.
Die EU-Mitgliedstaaten (und die EWR-Länder) haben das CJEU-Urteil vom 8. April 2014, mit dem die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie außer Kraft gesetzt wurde, unterschiedlich weit umgesetzt. Die EDRi-Studie 2015 berichtete, dass sechs Mitgliedstaaten1 Gesetze zur Datenspeicherung behalten haben, die ähnliche oder identische Merkmale enthalten wie diejenigen, die als gegen die EU-Charta verstoßend befunden wurden. Andere Tatsachen weisen in die gleiche Richtung.2 Obwohl personenbezogene Daten von Millionen Europäern illegal gespeichert wurden, hatte die Europäische Kommission keine Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Am 21. Dezember 2016 hat der EuGH sein Urteil in der Rechtssache Tele2/Watson zur "Datenspeicherung im nationalen Recht der Mitgliedstaaten" gefällt. Nach diesem Urteil kam der Juristische Dienst des Rates unmissverständlich zu dem Schluss, dass "eine allgemeine und willkürliche Aufbewahrungspflicht aus Gründen der Kriminalitätsverhütung und anderer Sicherheitsgründe auf nationaler Ebene nicht mehr möglich wäre als auf EU-Ebene, da sie ebenso gegen die grundlegenden Anforderungen verstoßen würde, wie es das Fetshalten des Gerichtshofs in zwei Urteilen in der Großen Kammer zeigt. 3
Am 6. Juni 2019 verabschiedete der Rat "Schlussfolgerungen über das weitere Vorgehen bei der Vorratsspeicherung elektronischer Kommunikationsdaten zum Zwecke der Verbrechensbekämpfung", in denen behauptet wird, dass "die Vorratsspeicherung von Daten ein wesentliches Instrument zur effizienten Ermittlung schwerer Kriminalität ist". Der Rat beauftragte die Kommission, "im Rahmen einer umfassenden Studie über mögliche Lösungen für die Datenspeicherung, einschließlich der Prüfung einer künftigen Gesetzesinitiative, weitere Informationen zu sammeln und gezielte Konsultationen durchzuführen".
Obwohl das Konzept der pauschalen Datenspeicherung durch die Strafverfolgungsbehörden weiter verfolgt wird, ist nie nachgewiesen worden, dass die wahllose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten von über 500 Millionen Europäern notwendig, verhältnismäßig oder sogar wirksam war.
Die flächendeckende Datenspeicherung ist eine invasive Überwachungsmaßnahme für die gesamte Bevölkerung. Dies kann die Erfassung sensibler Informationen über soziale Kontakte (einschließlich Geschäftskontakte), Bewegungen und das Privatleben (z.B. Kontakte zu Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Psychologen, Beratungsstellen usw.) von Hunderten von Millionen Europäern umfassen, ohne dass ein Verdacht besteht. Die Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Daten untergräbt das Berufsgeheimnis und hindert die Bürger daran, vertrauliche Mitteilungen über elektronische Kommunikationsnetze zu tätigen. Die gespeicherten Daten sind auch für kriminelle Organisationen und nicht autorisierte staatliche Akteure aus aller Welt von großem Interesse. Mehrere erfolgte Datenschutzverletzungen wurden dokumentiert.4 Die pauschale Datenspeicherung untergräbt auch den Schutz journalistischer Quellen und gefährdet damit die Freiheit der Presse. Insgesamt schadet es den Grundlagen für eine offene und demokratische Gesellschaft.
Die unterzeichnenden Organisationen standen daher in einem konstruktiven Dialog mit den Dienststellen der Europäischen Kommission, um sicherzustellen, dass das weitere Vorgehen die folgenden Vorschläge enthält:
- Die Europäische Kommission gibt eine unabhängige, wissenschaftliche Studie über die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit bestehender und potenzieller gesetzgeberischer Maßnahmen zur Datenspeicherung in Auftrag, einschließlich einer Folgenabschätzung für die Menschenrechte und eines Vergleichs der Kriminalitätsraten;
- Die Europäische Kommission und der Rat stellen sicher, dass die Debatte über die Datenspeicherung die Beratung zur ePrivacy Verordnung nicht behindert.
- Die Europäische Kommission beauftragt die EU-Grundrechteagentur (FRA) mit der Erstellung einer umfassenden Studie über alle bestehenden Rechtsvorschriften zur Datenspeicherung und der Einhaltung der Menschenrechts-Charta und der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH/Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte;
- Die Europäische Kommission erwägt die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die Gesetze zur illegalen Datenspeicherung weiter durchsetzen.
Wir freuen uns auf Ihre Antwort und stehen Ihnen weiterhin zur Verfügung, um die notwendigen Initiativen zur Aufrechterhaltung des EU-Rechts in diesem Politikbereich zu unterstützen.
Signatories:
European Digital Rights (EDRi)
Access Now
Chaos Computer Club (CCC)
Bits of Freedom
Asociatia pentru Tehnologie si Internet (ApTI)
Epicenter.works
Electronic Frontier Norway (EFN)
Dataskydd.net
Digital Rights Ireland
Digitalcourage
Privacy International
Vrijschrift
FITUG e.V.
Hermes Center for Transparency and Digital Human Rights
Access Info
Aktion Freiheit statt Angst
Homo Digitalis
Electronic Privacy Information Center (EPIC)
Iuridicum Remedium (IuRe)
La Quadrature du Net
Associação D3 – Defesa dos Direitos Digitais
IT-Political Association of Denmark (IT-Pol)
Panoptykon Foundation
Open Rights Group (ORG)
Electronic Frontier Finland (Effi ry)
Državljan D
Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD)
//datenschutzraum
Föreningen för Digitala Fri- och Rättigheter (:DFRI)
AK Vorrat
1) https://edri.org/edri-asks-european-commission-investigate-illegal-data-retention-laws/
2) See, for example. Privacy International, 2017, National Data Retention Laws since Tele-2/Watson Judgment: https://www.privacyinternational.org/sites/default/files/2017-12/Data%20Retention_2017.pdf
3) Council document 5884/17, paragraph 13
4) A recent example can be found here: https://techcrunch.com/2019/06/24/hackers-cell-networks-call-records-theft/
Mehr dazu bei https://edri.org/civil-society-calls-for-proper-assessment-of-data-retention/
und https://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdatenspeicherung-Zivilgesellschaft-sieht-neue-EU-Kommissionspraesidentin-am-Zug-4478085.html
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