Neue digitale Zahlmethoden - ein Plus für VerbraucherInnen ?
Das wollten wir genauer wissen und haben die Veranstaltung vom Verbraucherministerium zum EU Datenschutztag vor 2 Wochen besucht. Mitveranstalter war BITKOM, so dass Datenschützer und die an den "Innovationen" interessierte Industrie ihre Beiträge vortragen konnten.
Wir beschränken uns hier auf drei Beiträge, die uns wirklich Neues gebracht haben.
Prof. Dr. Key Poustchi:
Er war vor 15 Jahren zu einem Treffen mit der Telekom und verschiedenen Banken eingeladen, um Ideen zum Internetbanking zu diskutieren. Während die Telekomunternehmen an Lösungen interessiert waren, haben sich die Banken sehr bedeckt gegeben. Die Folge ist, dass heute die Anwendungen und die Daten über Apple, Facebook, Amazon und Google laufen und die Banken haben das Nachsehen. Verschiedenste deutsche Banken haben jetzt für viel Geld Apps entwickeln lassen, um beim Internetzahlungsverkehr auf dem Markt überhaupt mitspielen zu können.
Sie sind damit erstens zu spät und machen sich zweitens gegenseitig Konkurrenz und sind nun auch chancenlos. Eine europäische vertrauenswürdige App zur rechten Zeit hätte vielleicht etwas retten können. Diese hätte einen unabhängigen Treuhänder beinhalten müssen, der für Datenschutz und Datensicherheit hätte bürgen können.
Die Internetgiganten haben für den Kunden einen riesigen Vorteil (abgesehen von der Gefahr, dass dieser Vorteil zum Nachteil der Kunden genutzt wird). Sie haben durch ihre Sammlung nicht-bankbezogenen Daten des Kunden Wissen über dessen Wünsche und Vorlieben, so dass sie alle seine Bedürfnisse "wie von selbst" befriedigen können.
Das wirkt sich in den Kundenzahlen aus
- Apple, 127 Millionen,
- Facebook, ?
- Amazon, 33 Millionen
- Google, 24 Millionen
Die vier US-Unternehmen werden durch das Nutzerverhalten weiter wachsen, denn sie besitzen eine "universelle Empfehlungsmacht". Sie machen (nicht nur) im Internetzahlungsverkehr aus Sicht des Kunden alles richtig - ihre Vorschläge entsprechen scheinbar den Kundenwünschen.
Alle Banken aus Deutschland die jetzt mit Internetzahlungsverkehr auf den Markt kommen (wollen), machen sich erstens selbst Konkurrenz und sind chancenlos weil sie den Nachteil besitzen, dass ihnen diese "universelle Empfehlungsmacht" fehlt.
Die größten Zahlungsdienstleister sind jedoch WeChat mit 800 Millionen und AliPay 600 MillionenKunden. In China nutzen 60% mobiles Banking, in der EU bisher 2%. (Fortsetzung dazu folgt im Vortrag von Herrn Müller, Verbraucherverband)
Künstliche Intelligenz ist in aller Munde: Jedoch besteht zu 95% ihr Programmcode immer noch aus "wenn-dann" Regeln der alten Schule. Circa 5% des Codes wird über neuronale Netze programmiert. Trotzdem sind 75% der Programme bereits maschinelles Lernen, das heißt, auch die "wenn-dann" Regeln gelten als künstliche Intelligenz, sobald die Maschinen aus einer großen Anzahl von Regeln "selbstständig" wählen können. Das läuft dann so ab: Es werden alle Daten gesammelt, alle möglichen Wege durchlaufen und bewertet und daraus wird ein Schluss auf die Zukunft durchgeführt.
Mastercard hat vor einigen Jahren (2015?) berichtet über die Vorhersage über das Scheidungsverhalten seiner Kunden allein aufgrund der vorliegende Bankdaten. Auch ohne "Big Data" war die Übereinstimmung mit der Entwicklung verblüffend.
Herr Müller vom Bundesverband Verbraucherschutz:
Um die AGBs von PayPal zu lesen benötigt man nach seinen Untersuchungen 24 Minuten. Darüber hinaus gibt es noch 48 Seiten zu lesen, in denen über die Datenweitergabe an Dritte referiert wird. Das ist für den Kunden unzumutbar, es kann nicht von einer "freiwilligen Einwilligung" in die AGBs gesprochen werden.
Allein in den letzten Wochen waren 700 Millionen Accounts durch Hacks offen im Internet. Der derzeitigew Zustand ist das Gegenteil von Datensicherheit.
Stefan Micklitz, Google:
Nach den vielen Vorwürfen gegen seinen Konzern sagt er, dass Google 300 Mitarbeiter für den Datenschutz beschäftigt, davon 200 in Deutschland. BDSG und die DSGVO haben also doch ihre positven Folgen ;-)
Bei Verlust eines Android Gerätes ist eine automatische Sperrung oder das Löschen bestimmter Apps (vor allem Banking) möglich. Beim Bezahlen mit Google Pay werden keine Kreditkartendaten übertragen sondern nur ein Token.
Peter Schaar, ehem. Datenschutzbeauftragter betont:
- Es gibt ein Recht auf Anonymität.
- Die Gefahr von Meta-Daten ist immens.
- Der Zahlungsverkehr ist nicht anonym. Bei den Internetgiganten werden die Daten (widerrechtlich) zusammengeführt.
- Es gibt eine Vorratsdatenspeicherung auch bei Prepaid Kreditkarten. Dies widerspricht Art. 8 der Grundrechtecharta der EU.
Friis Arne Petersen, Dänischer Botschafter in Deutschland:
In Dänemark, wie auch in Schweden "stirbt das Bargeld". In Dänemark darf zwischen 20:00 Uhr abends und 8:00 Uhr morgens kein Einkauf mit Bargeld getätigt werden. Er sieht in der Abschaffung eine Einsparung, da Dänemark pro Jahr 5 Milliarden Euro für die Herstellung von Bargeld ausgibt.
Wir verzichten hier auf einen Kommentar auf den Herrn Botschafter und freuen uns über die 200 Arbeitsplätze beim Datenschutz bei Google. ;-)
Verblüfft hat uns, dass zwar mal kurz die Blockchain erwähnt wurde, elektronische Währungen, wie Bitcoin jedoch bei Bankern, Internetgiganten und Verbraucherschützern nicht in der Diskussion sind.
Mehr dazu bei https://www.bmjv.de/SaferInternetDay
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Erstellt: 2019-02-05 20:00:35 Aufrufe: 1648
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