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Vom industriellen Massenkonsum zum individualisierten Digitalkonsum?Aktion Freiheit statt Angst hat gestern an der Konferenz "Netzwerk Verbraucherforschung" im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz teilgenommen. Wie auch die von uns immer wieder gern besuchten Veranstaltungen des Forum Privatheit handelte es sich auch hier um eine interdisziplinäre Konferenz, auf der die Probleme des Verbraucherschutzes von Experten aus verschiedenen Bereichen diskutiert werden. Für eine vollständige Inhaltsangabe verweisen wir auf die kommende Dokumentation des BMJV, wir wollen aber hier die Statements vorstellen, die aus unserer Sicht für den Verbraucherschutz wichtig sind. Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, stellte in seinem Eingangsvortrag fest:
Prof. Dr. Wolfgang König, Technische Universität Berlin, sprach zur "Genese und Zukunft der Konsumgesellschaft". Er behauptet den Wechsel von der Arbeitsgesellschaft zu einer Konsumgesellschaft zu beobachten. Die Voraussetzungen dafür sind Geld, Zeit und eine ausreichenden Marktversorgung. Er beklagt die fehlenden Nachhaltigkeit. Es gibt kein globales Modell, deshalb sieht er eine Regulierung als notwendig an. Prof. Dr. Steffen Mau, Humboldt-Universität zu Berlin, "Auf dem Weg in die Scoring-Gesellschaft?" Das System nimmt dem einzelnen Menschen unter Umständen Lebenschancen ohne die Möglichkeit seines Einflusses auf das Scoring Ergebnis. Genauso schlimm, ist, das Ergebnisse des persönlichen Score auch auf Freunde und Bekannte "abfärben" können. Dieses Überschwappen in fremde Bereiche und zu fremden Personen geschieht, weil die Auswertung beziehungsweise der Algorithmus arbeitet ohne den jeweiligen Kontext zu betrachten. Die Differenzierung schlägt über in Diskriminierung, sie führt zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft und könnte den Menschen bei uns unter Umständen die Möglichkeit auf Arbeit, Wohnung und Sozialhilfe nehmen. Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Universität Kassel, über "Quantifizierung der Persönlichkeit – aus grundrechtlicher und datenschutzrechtlicher Sicht" Scoring kommt immer dadurch zu Stande, wenn rasch Daten, die zu verschiedenen Zwecken erhoben wurden gemeinsam ausgewertet wurden. Das ist eine Zweckänderung, die dem Art. 6 Datenschutzgrundverordnung widerspricht. Für eine DSGVO-entsprechende Nutzung der Daten wird entweder eine "freiwillige Einwilligung" eingefordert oder als Begründung werden lediglich die "berechtigten Interessen des Unternehmens" angegeben. Geht es bei Nutzung des Scores jedoch nur um individuelle Preisgestaltung oder um Werbung, so kann nach seiner Meinung nicht von "berechtigten Interessen" ausgegangen werden. Sein Fazit: Wir erleben durch das Scoring eine automatische Anpassung an den Durchschnitt. Es ist verführerisch oder sogar zwanghaft gewünscht der "Mehrheit" anzugehören. So kann nur konformes Verhalten entstehen. Wir brauchen ein digitales Antidiskriminierungsgesetz ! Prof. Dr. Wolfgang Ullrich, Kunst- und Konsumtheoretiker, Leipzig, über "Demonstrativer Konsum im Social Web. Über Influencer, Hipster, Moralisten und andere Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein, Universität des Saarlandes, "Von „mental maps“ zur Aktivierung am Point of Sale" Im Podiumsgespräch mit den verbraucherpolitischen Sprechern der Parteien stach nur Renate Künast, Bündnis 90/Grüne, mit zukunftsweisenden Ideen hervor. Vor allem müssen internationale offene Standards geschaffen und durchgesetzt werden. Für Systeme mit künstlicher Intelligenz muss es rechtliche Rahmen geben. Entsprechende Siegel oder Label wären ein erster Schritt, müssen jedoch von staatlichen Stellen autorisiert werden. Eine Selbstbestätigung durch die Unternehmen reicht nicht! Zur Zeit arbeitet eine Kommisssion der Bundesrepublik zur Ethik bei der Digitaliserung, vor Jahren hat sehr erfolgreich eine Enquete-Kommission über Jahre gearbeitet und eine Katalog von Forderungen aufgestellt. Die Nachfolgeregierung hat diese unberücksichtigt gelassen. Die Politik ist gefordert Entscheidungen zu treffen! Als die Gentechnik vor 20 Jahren aufkam wurde sie EU-weit verboten, weil ihre Folgen vorher bereits diskutiert worden waren und sich Widerstand zeigte. Dies wurde bei der Digitalisierung verschlafen. Sie fragt deshalb: Wo ist die soziale Innovation bei der Digitalisierung? Prof. Dr. Jörn Lamla, Universität Kassel, stellte in der Zusammenfassung des Tages fest, dass die Politik zu wenig Vorgaben macht und vor allem zu wenig entscheidet. Wir brauchen eine Hintergrundarchitektur, die die gewünschten Möglichkeiten bestimmt. Nur so ist es möglich, von dem Weg "affektiv gesteuert" zu einer "moralisch und nachhaltig gesteuerten Entwicklung zu kommen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das kürzlich erschienene Buch von Shoshana Zuboff, Surveillance Capitalism and the prospects of an information civilization. Der Tag hat einiges an Anregungen gebracht, hoffentlich auch für die beteiligten PolitikerInnen und die Vertreter des Verbraucherministeriums ... Mehr dazu bei https://www.bmjv.de/netzwerk-konferenz-2018 Kategorie[26]: Verbraucher- & ArbeitnehmerInnen-Datenschutz Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/2Yb Link zu dieser Seite: https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6665-20181026-tagung-netzwerk-verbraucherforschung.html Link im Tor-Netzwerk: http://a6pdp5vmmw4zm5tifrc3qo2pyz7mvnk4zzimpesnckvzinubzmioddad.onion/de/articles/6665-20181026-tagung-netzwerk-verbraucherforschung.html Tags: #Grundrechte #Menschenrechte #Überwachung #Videoüberwachung #Verammlungsfreiheit #Freizügigkeit #Unschuldsvermutung #Verhaltensänderung Erstellt: 2018-10-26 18:52:15 Aufrufe: 1241 Kommentar abgeben |
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