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23.09.2018 "Präventive Festnahmen" In Bayern vor Demo in Salzburg

PAG lässt grüßen: Polizisten "konnten die erforderlichen polizeilichen Maßnahmen konsequent durchsetzen"

So beschreibt ein Artikel der Bundespolizei die Aktion am 20. September auf dem Bahnhof Freilassing. Dort "identifizierte" die Bundespolizei im Zug nach Salzburg "unter friedlichen Demonstranten", die zum EU Gipfel nach Salzburg unterwegs waren "knapp 70 Personen, die der linksextremistischen Szene zuzuordnen waren". In dieser Gruppe wiederum wurden bei "18 Frauen und Männern Hinweise fest[gestellt], dass diese Störaktionen im Rahmen der Versammlung planten".

Da die Polizisten im Zug überfordert waren, entschied sich die Einsatzleitung für einen Halt in Freilassing, wo die "Identifikation" auf dem Bahnsteig stattfand. Nachdem der Zugverkehr für eineinhalb Stunden komplett eingestellt wurde, untersagten die Bundespolizisten 17 von 18 Personen die Ausreise nach Österreich.

Update 15.10.2018: Unsere Annahme, dass es sich um Auswirkungen des neuen bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) handelt, waren falsch. Dazu veröffentlichen wir unten auf dieser Seite ein Schreiben des Innenministeriums von Bayern. Es bleibt die Frage, was folgern wir daraus? Ist das Bundespolizeigesetz bereits jetzt so schlimm wie das neue PAG?

Damit werden in #Bayern die schlimmsten Befürchtungen der #noPAG-AktivistInnen wahr - auf Twitter sieht das dann so aus:

  • "Zug aus München wurde in Freilassing gestoppt. ID Kontrollen + teilweise DNA Abgleich"
  • Und jede/r, der nicht festgenommen wurde, wird jetzt noch einzeln komplett durchsucht. Was ist das Recht auf Versammlungsfreiheit eigentlich noch wert, wenn man es faktisch nicht ausüben kann ohne sich nackt zu machen?"
  • Einigen Menschen wurde offenbar ein AUSREISEVERBOT erteilt. Ja sind wir denn jetzt schon in der DDR angelangt? Oder besser, Bayerisch Demokratische Republik zu Söders Gnaden?! Ist der wahre Zweck der #Grenzpolizei vom Söder der Mauerbau?!"
  • Der komplette Grenzverkehr auf der Schiene zwischen Salzburg und München wurde übrigens eingestellt. Unfassbar, wie hier demokratischer Protest quasi unmöglich gemacht wird."
  • ID-Feststellungen bestätigt, 18 Menschen "in Gewahrsamnahme" um Berechtigung zum Grenzübertritt zu prüfen (WTF?), eine nicht näher definierte "StPO-Maßnahme"."
  • Neues zu den #Ausreiseverboten. Rechtsgrundlage scheint §10 PassG zu sein. Ich bin schwer gespannt, was denn die Prüfung ergibt - der §7 PassG gibt nicht viel her als Grundlage..."

Während in der Presse nicht viel zu den Aktionen der Polizei zu lesen ist, hier wenigstens eine Stellungnahme von Ulla Jelpke, die Linke:

Präventive Festnahmen: Bayerische Polizei attackiert Meinungsfreiheit

„Mehr als 20 Aktivistinnen und Aktivisten, die anlässlich des EU-Gipfels in Salzburg demonstrieren wollten, sind heute von der bayerischen Polizei präventiv festgenommen worden. Damit bewahrheiten sich alle Warnungen von Bürgerrechtsvereinigungen, Oppositionsparteien und kritischen Juristen, dass das neue bayerische Polizeigesetz zur Unterdrückung missliebiger Meinungen und zur Einschränkung von Bürgerrechten führen wird“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Ulla Jelpke, nachdem heute mehr als 50 Personen aus München auf der Fahrt zu einer Demonstration in Salzburg von der bayerischen Polizei in Freilassing angehalten wurden und mehr als 20 „präventive Festnahmen“ erfolgten. Die Abgeordnete weiter:

„Man muss sich das einmal vorstellen: Hier werden Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellung festgenommen, ohne dass ihnen das Begehen oder die Planung einer Straftat nachgewiesen werden kann oder muss. Was wir in Bayern erleben, sind Methoden, wie wir sie sonst nur von autoritären Regimen wie Erdogans Türkei kennen. Ich fordere die bayerischen Behörden auf, die Festgenommenen sofort freizulassen und sicherzustellen, dass diese ihr Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit uneingeschränkt wahrnehmen können. Angesichts der geplanten Verschärfungen der Polizeiaufgabengesetze in anderen Bundesländern sollte die bayerische Erfahrung eine Warnung sein. Noch ist es nicht zu spät, solche drastischen Einschränkungen der Grundrechte zu verhindern.“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen ...
Erinnern wir uns an den berühmten Spruch: Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.
Wir mobilisieren zur Demo am Sa., den 13. Oktober in Berlin. Auf die Straße – mit #unteilbar – für Freiheit und Rechtsstaat!
Gegen Wahrscheinlichkeitsjustiz, Prognosepolizei, Politik der Angst und die Verschärfung der Polizeigesetze.


Nachtrag zu unserem Update vom 15.10.2018: Eine bayerische Bürgerin hatte gegen die Maßnahmen in Freilassing schriftlich beim Innenministerium in München protestiert und Aufklärung zu den Rechtsgrundlagen verlangt. Sie erhielt folgende Antwort:

Bayerisches Staatsministerium des Innern und für Integration 80524 München 
Ihre E-Mail vom 23. September 2018

Sehr geehrte Frau ____,
für Ihre E-Mail vom 23. September 2018, in der Sie die präventivpolizeiliche Gewahrsamnahme mehrerer Personen im Kontext des EU-Gipfels im Salzburg thematisieren, bedanken wir uns. 

Zum Sachverhalt ist aus unserer Sicht eingangs klar zu stellen, dass alle Maßnahmen durch die örtlich zuständige Bundespolizei v. a. auf Grundlage polizeilicher Befugnisnormen des Bundespolizeigesetzes, des Passgesetzes und der Strafprozessordnung getroffen wurden. Entgegen der von Ihnen angeführten Publikation wurden die Gewahrsamnahmen weder von der Bayer. Polizei noch auf Basis der Befugnisse aus dem Bayer. Polizeiaufgabengesetz vorgenommen. 

Obschon die Maßnahmen durch die Bundespolizei in eigener Zuständigkeit getroffen wurden, erlauben wir uns gerade mit Blick auf die kontrovers geführte Debatte zum vom Bayer. Landtag im rechtsstaatlichen Verfahren verabschiedeten Bayer. Polizeiaufgabengesetz nachfolgende Ausführungen im Sinne einer objektivierenden Transparenz zum in Rede stehenden Geschehen: 

Die Bayer. Polizei sowie die Bundespolizei führten im jeweiligen Zuständigkeitsbereich im Kontext des EU-Gipfels in Salzburg verschiedene gefahrenabwehrende Maßnahmen durch. Aufgrund entsprechender Lageerkenntnisse wurden hierbei am 20. Juni 2018 unter anderem auch 18 Personen im Meridian auf der Fahrt von München nach Salzburg von polizeilichen Zugbegleitkräften einer Kontrolle unterzogen. Im Rahmen dieser Kontrolle stellte die Bundespolizei fest, dass ein Großteil der Gruppe bereits wegen politisch motivierter Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten war. Zudem wurden diverse Vermummungsgegenstände aufgefunden. Daraufhin wurde die Personengruppe auf Basis des Bundespolizeigesetzes in Gewahrsam genommen und zur Bundespolizeiinspektion Freilassing verbracht. 

Der Gewahrsam wurde durch eine Richterin vor Ort persönlich bestätigt. Letztlich wurde nach eingehender Befragung und Prüfung durch die Bundespolizei 17 Personen die Ausreise untersagt, woraufhin die Personen unverzüglich ihre Rückreise antreten konnten. 

Betreffend die von Ihnen gewünschte Auskunft zum Rechtsinstrument des präventivpolizeilichen Gewahrsams gemäß Art. 17 Bayer. Polizeiaufgabengesetz, teilen wir Ihnen mit, dass die Bestimmungen zum Gewahrsam bereits im letzten Jahr novelliert wurden. Die Grundvoraussetzungen blieben jedoch unverändert. Auch weiterhin muss eine konkrete Gefahr vorliegen. Entgegen der vielfachen Behauptung reicht eine drohende Gefahr nicht aus. Auch ist eine Gewahrsamnahme nur erlaubt, wenn andere Maßnahmen bereits erfolglos waren oder absehbar keinen Erfolg versprechen. 

In allen Fällen muss, wie auch in der Vergangenheit, unverzüglich ein Richter über die Freiheitsentziehung entscheiden. Ist der Grund der Freiheitsentziehung entfallen, wird der Betroffene sofort entlassen. 

Neu ist die Festlegung einer maximalen Gewahrsamsdauer von zuvor zwei Wochen auf nunmehr drei Monate. Spätestens nach drei Monaten muss immer erneut ein Richter über die Fortdauer der Freiheitsentziehung entscheiden. Dazu muss die Polizei auch zwingende Gründe für die Erforderlichkeit der weiteren Gewahrsamnahme vorlegen, die in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden, ansonsten ist der Betroffene unverzüglich frei zulassen. 

Übrigens wurde seit dieser Gesetzesänderungen im Jahr 2017 bei nur elf Personen ein Gewahrsam mit einer tatsächlichen Dauer von über vierzehn Tagen auf richterliche Anordnung hin vollzogen.  Für weitere Informationen zur Thematik weisen wir Sie auf unser digitales Angebot hin, einsehbar unter: http://www.polizeiaufgabengesetz.bayern.de/ 

Mit freundlichen Grüßen 
..., Inspekteur der Bayer. Polizei

Neben der Klarstellung über die Zuständigkeit auf dem Bahnhof Freilassing hat uns die Tatsache erschreckt, dass im Jahr 2017 bei "nur" elf Personen ein Gewahrsam mit einer tatsächlichen Dauer von über vierzehn Tagen auf richterliche Anordnung hin vollzogen wurde. Ein Gespräch mit diesen 11 Betroffenen wäre sicher sehr interessant.

Mehr dazu bei https://www.ulla-jelpke.de/2018/09/praeventive-festnahmen-bayerische-polizei-attackiert-meinungsfreiheit/
und https://mobile.twitter.com/watch_union/status/1042703678258466816
und https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/64017/4068326
und unsere Artikel zu den (geplanten) neuen Polizeigesetzen https://www.aktion-freiheitstattangst.org/cgi-bin/searchartl.pl?suche=PAG&sel=meta


Kommentar: RE: 20180923 "Präventive Festnahmen" In Bayern vor Demo in Salzburg

Das wird sich noch verschlimmern wenn die afd mal mitregiert dann meinen die prügelbuben und hetzweiber die hätten Legitimation.
Jaja... Schön in d

Fr., 22.09.2018 12:57


Kategorie[21]: Unsere Themen in der Presse Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/2Xy
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Erstellt: 2018-09-23 09:21:41
Aufrufe: 2199

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