BKA-Hacks nicht durch geltendes Recht gedeckt
In unserer Alex TV Sendung am 23.12. "Ich und mein Handy II" haben wir noch den Messenger Telegram als sicher eingestuft. Millionen andere Nutzer dieses Dienstes dachten das auch. Aber bereits am 24. April 2015, mitten in der Nacht. sind Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) in die Chats von Nutzern des Dienstes eingedrungen.
Die Staats-Hacker dringen in die Telegram-Accounts von acht terrorverdächtigen Rechtsextremisten ein. Ab dem folgende Morgen haben die Ermittler die Chat-Verläufe und sind nun auch Mitleser aller weiterer Kommunikation der Beobachteten.
Das BKA hat für solche Angriffe eine eigene Software geschrieben und sie seit zwei Jahren eingesetzt, allein im Jahr 2015 bei 32 Accounts, im Jahr 2016 17 mal. Ist so ein Hack überhaupt erlaubt?
Dazu muss man erst einmal wissen, wie er funktioniert:
- Voraussetzung für das Knacken des Telegram-Kontos ist das Abhören der Handykommunikation.
- Dazu braucht das BKA eine richterlich erlaubte Telekommunikationsüberwachung (TKÜ).
- Dann muss der Diensteanbieter eine Schnittstelle nach TKÜ zur Verfügung stellen über die der Datenstrom kopiert werden kann.
Aber wer ist der Diensteanbieter ? ... und wo steht sein Server? Der Diensteanbieter ist nicht der Telefonanbieter, wie man 1960 bei der Definition der TKÜ voraussetzte sondern Telegram.
Der zentrale Satz des Paragraphen 100a der Strafprozessordnung (StPO) lautet "Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden."Dabei werden die Begriffe Überwachen und Aufzeichnen grundsätzlich so verstanden, dass die Behörden sich von den Firmen, die Leitungen oder Server kontrollieren, die Daten und Informationen geben lassen - und nicht selbst mit eigenen Hacks aktiv werden. Das war ein zentraler Punkt im BVerfG Urteil zum Bundestrojaner.
Da die BKA Hacker jedoch selbst aktiv werden, in dem sie ein "neues Gerät" beim Telegram Dienst zu einer bestehenden Telefonnummer anmelden und dann auch noch den per SMS versandten Legtimationscode vom Dienstanbieter an Stelle des wirklichen Teilnehmers aktiv missbrauchen, um sich selbst anzumelden, kann das nicht mehr durch den §100 StPO gedeckt sein.
Die Oppositionsparteien Grüne und Linke sehen das Vorgehen deshalb als unzulässig an. Martina Renner von der Linken kritisiert: "Auch das BKA darf nur das machen, was erlaubt ist. Ich befürchte, dass die BKA-Beamten sich hier tatsächlich strafbar gemacht haben könnten." Auch der netzpolitische Experte der Grünen, Konstantin von Notz, meint: „Hier tun sich bislang weitgehend unbeachtet gebliebene neue Risiken für Rechtsstaat und Grundrechtsschutz auf. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich erlaubt."
Und hat es sich gelohnt über die Grenzen des Erlaubten hinaus zu gehen? Nein! Die normale TKÜ hat völlig ausgreicht, den beim Abhören ihrer Telefongespräche erfahren die Ermittler, dass die Verdächtigen in Tschechien großen Mengen pyrotechnischen Sprengstoffs erworben haben, mit dem sie ein Flüchtlingsheim angreifen wollen und kann sie am 6. Mai verhaften.
Mehr dazu bei https://motherboard.vice.com/de/article/53dnv8/bka-telegram-hack-mitarbeiter-gericht-muenchen
und http://motherboard.vice.com/de/read/3-5-gruende-warum-der-bka-hack-gegen-telegram-illegal-ist
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Erstellt: 2017-12-21 10:02:36 Aufrufe: 1743
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