03.02.2017 Polizeikontrollen nach dem "Aussehen"?

Racial Profiling in Kölner Silvesternacht?

Die Humanistische Union (HU) hat sich eingehend mit den Vorgängen (bei der Polizei) in der Sylvesternacht beschäftigt. Während in den Medien zum Jahreswechsel 2015/16  von den Übergriffen durch "Fremde" in aller Breite berichtet wurde, hat das massive Vorgehen der Polizei zu diesem Jahreswechsel nur wenig Beachtung gefunden. Hier der Bericht der HU:

Aus der Lageabschlussmeldung des Kölner Polizeipräsidiums geht hervor, dass die  Polizei in der Silvesternacht großflächig und ohne Verdacht Männer kontrolliert habe, „die dem nordafrikanischen Spektrum zugeordnet werden konnten“. Wir als  Bürgerrechtsorganisation verurteilen die diskriminierende Polizeikontrollen, bei denen Personen allein aufgrund ihres Aussehens und ihrer mutmaßlichen Herkunft  festgehalten werden. Dieses „racial profiling“ verletzt das grundgesetzlich garantierte Diskriminierungsverbot, wie wir in unserer Pressemitteilung zum  Thema vom 24. Januar kritisieren.

Aggressiv oder nicht? Zunächst sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies, die  Männer seien aufgrund ihrer aggressiven Stimmung festgehalten worden. Im jetzt  von der taz veröffentlichten Abschlussbericht ist vom Verhalten der über 650 in  einem Polizeikessel kontrollierten Menschen aber nicht die Rede. Zu diesem offensichtlichen Widerspruch hat das Kölner Polizeipräsidium bisher nicht  Stellung genommen. Unklar ist weiterhin, warum so viele junge Männer mit nordafrikanischem Hintergrund zu Silvester nach Köln reisten.

Wir fordern Aufklärung: eine vollständige Offenlegung aller polizeiintern vorhandenen Erkenntnisse ist jetzt für die Beurteilung des polizeilichen Vorgehens in der diesjährigen Kölner Silvesternacht notwendig. Das Vorgehen der Kölner Polizei muss von einer unabhängigen Stelle kritisch untersucht werden.

Die Wirkung von Racial Profiling: Verständlicherweise wollte die Kölner Polizei besser vorbereitet als im Vorjahr verhindern, dass Frauen bedroht oder belästigt werden. Dazu wäre ein verhaltensbezogenes Einschreiten (z.B. gegen alkoholisierte Gruppen von Männern) angebracht gewesen. Das Aussortieren von Menschen nach Hautfarbe und mutmaßlicher Herkunft ist dagegen eine Menschenrechtsverletzung und kein geeignetes Mittel, um Straftaten zu verhindern. Migranten berichten immer wieder, dass sie allein aufgrund ihres Aussehens von der Polizei angehalten und kontrolliert werden, was die Betroffenen einschüchtert und gesellschaftliche Vorurteile verfestigt. Die Rechtswidrigkeit von Racial Profiling wurde gerichtlich mehrfach festgestellt.

Kommentar von Anja Heinrich, Vorstandsmitglied der Humanistischen Union und Expertin für Versammlungsrecht und Polizeikontrolle:
„Racial Profiling ist verfassungsrechtlich weder zulässig noch stellt es ein effektives Mittel dar, um potentielle Straftäter zu ermitteln. Es führt dazu, dass der polizeiliche Blick auf das Merkmal Herkunft verengt wird. Tatsächlich relevante Anhaltspunkte wie auffälliges Verhalten, Alkoholisierung etc. geraten dadurch in den Hintergrund, obwohl diese sehr relevant sein können, um potentielle Straftäter zu ermitteln. Zudem belasten Kontrollen, die sich allein auf unveränderliche Merkmale der Kontrollierten stützen, viele Betroffene sehr.

Immer wieder berichten Betroffene, dass sie aufgrund ihrer Hautfarbe oder anderer angeborener Merkmalen in Deutschland vermehrt Kontrollen ausgesetzt sind und sich aufgrund dieser Sonderbehandlung ausgegrenzt und stigmatisiert fühlen. Dies ist mit unserem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot unvereinbar. Zudem empfinde ich dies auch ganz persönlich als unerträglich.“

Mehr dazu bei

- Pressemitteilung der HU vom 24. Januar
http://www.humanistische-union.de/nc/aktuelles/aktuelles_detail/back/aktuelles/article/racial-profiling-ist-inakzeptabel-humanistische-union-fordert-eine-lueckenlose-aufklaerung-des-poliz/
- Taz vom 19.01.2017: Polizei kontrollierte nach Aussehen
https://www.taz.de/Archiv-Suche/%215373047&s=K%C3%B6ln+Lageabschlussmeldung/
- Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Schwerd an die nordrhein-westphälische
Landesregierung: „Racial Profiling“: Nach welchen Kriterien wurden Menschen am
Bahnhof Köln selektiert?
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-13912.pdf


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Tags: #Polizei #Geheimdienste #Fingerabdruck #Asyl #Flucht #Folter #Abschiebung #Migration #Überwachung
Erstellt: 2017-02-03 10:59:56
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