Vorratsdatenspeicherung laut EU-Juristen "nicht mehr möglich"
Eine rechtliche Einschätzung belegt, dass innerhalb der EU nach dem Urteil des EuGH vom 8. April eine erneute Einführung einer Vorratsdatenspeicherung nicht mehr möglich ist.
Pressemitteilung des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vom 23.06.2014:
Im Vorfeld der anstehenden Beratungen der Justizministerkonferenz (JMK)[1] sind dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung interne Informationen zugespielt worden. Danach hat der Juristische Dienst des EU-Rates den EU-Justizministern in nicht-öffentlicher Ratssitzung am 6./7. Juni u.a. mitgeteilt, dass die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in Ziffer 59 seines Urteils zur Vorratsdatenspeicherung "nahe legen, dass eine allgemeine, voraussetzungslose Speicherung von Daten künftig nicht mehr möglich ist".
Heiko Stamer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung erklärt dazu: "Die EU-Juristen bestätigen, dass die von der EU-Kommission geprüfte und von deutschen Innenministern und Polizeigewerkschaftsfunktionären geforderte Wiedereinführung einer verdachtslosen Totalerfassung unseres Kommunikations- und Bewegungsverhaltens keine rechtliche Grundlage hätte. Ich erwarte von unseren Justizministern, dass sie sich für die Grundrechte und gegen die absurden Forderungen einer neuerlichen Totalprotokollierung einsetzen."
Dementsprechend sind nach Meinung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung alle Justizminister aufgefordert, auf ihrer dieswöchigen Konferenz dem Antrag des Landes Sachsens zuzustimmen, 'von gesetzgeberischen Maßnahmen zur Wiedereinführung einer anlasslosen und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung abzusehen'.[2] "Wegen der grenzüberschreitenden Kommunikation und aus Verantwortung für die Privatsphäre in den übrigen EU-Staaten fordern wir darüber hinaus ein ausdrückliches EU-weites Verbot anlassloser Vorratsdatenspeicherung.
Europa muss ein Raum der Freiheit werden und keiner des Misstrauens oder des Generalverdachts.", stellt Stamer abschließend fest.
Hintergrund: Aus Sicht der im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammen geschlossenen Datenschützer, Bürgerrechtler und Internetnutzer ist eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich: Sie beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation in Bereichen,
in denen Menschen auf Vertraulichkeit angewiesen sind (z.B. Kontakte zu Psychotherapeuten, Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Eheberatern, Kinderwunschzentren, Drogenmissbrauchsberatern und sonstigen Beratungsstellen) und gefährdet damit die körperliche und psychische Gesundheit von Menschen, die Hilfe benötigen, aber auch der Menschen aus ihrem Umfeld. Wenn Journalisten Informationen elektronisch nur noch über rückverfolgbare Kanäle entgegen nehmen können, gefährdet dies die Pressefreiheit und beeinträchtigt damit elementare Funktionsbedingungen einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft. Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schafft Risiken des Missbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen über unsere persönlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen.
Telekommunikationsdaten sind außerdem besonders anfällig dafür, von Geheimdiensten ausgespäht zu werden und Unschuldige ungerechtfertigt strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen. Nach aktuellen Meinungsumfragen lehnen rund 80% der Bundesbürger eine Sammlung ihrer Verbindungs- und Standortdaten ohne jeden Verdacht und Anlass ab.[3]
Fußnoten:
[1] http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/Regierungsportal/de/jm/Justizministerkonferenz/Tagesordnung/index.jsp
[2] http://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/192933
[3] http://www.presseportal.de/pm/13399/2710893/n24-emnid-umfrage-zur-datenvorratsspeicherung-mehrheit-der-deutschen-lehnt-datenvorratsspeicherung
Diese Pressemeldung im Internet http://www.vorratsdatenspeicherung.de/
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Erstellt: 2014-06-23 12:00:48 Aufrufe: 3167
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