23.04.2011 Schulfrei für die Bundeswehr

Schulfrei für die Bundeswehr am Berliner Robert-Blum-Gymnasium

Mit freundlicher Genehmigung der Zeitung gegen den Krieg zitieren wir den Beitrag von Frank Brendle aus der Osterausgabe 2011.

Am Berliner Robert-Blum-Gymnasium hat die Bundeswehr künftig schulfrei: Ende März dieses Jahres beschloss die Schulkonferenz mit großer Mehrheit, eine „Zusammenarbeit im Bildungsbereich mit der Bundeswehr" abzulehnen. Jugendoffiziere und Wehrdienstberater müssen draußen bleiben.
Wenn dieses Beispiel Schule macht, wird es für die Bundeswehr eng. Denn nach dem Wegfall der Wehrpflicht müssen mindestens 27000 Jugendliche jährlich neu auf dem freien Arbeitsmarkt rekrutiert werden - mehr als zuvor. Dabei geht die „Nachfrage" der Jugendlichen nach einem Ausbildungsplatz beim Militär rapide zurück: Konnten die Wehrdienstberater im Jahr 2009 noch vor rund 290000 Schülerinnen und Schüler die Vorzüge der Bundeswehr ausmalen, interessierten sich ein Jahr später nur noch knapp 200000 Jugendliche (bzw. deren Lehrerinnen und Lehrer) dafür.
Einigermaßen konstant sind dagegen die Einsatzzahlen der Jugendoffiziere: Sie erreichten voriges Jahr 139000 Schülerinnen und Schüler. Im Gegensatz zu Wehrdienstberatern werben Jugendoffiziere nicht für den Arbeitsplatz Bundeswehr, sondern für die „Sicherheitspolitik" der Bundesregierung. Lehrer können sie für einen 90-minütigen Vortrag nebst Diskussion in den Sozialkunde- oder Politikunterricht buchen.
Für die Bundeswehr ist das eine einmalige Chance, das „freundliche Desinteresse" am Militär und die Ablehnung der Kriegspolitik zu wenden, indem sie gezielt jene Altersgruppe beeinflusst, deren politische Bewusstseinsbildung gerade erst beginnt. Vor knapp zweieinhalb Jahren hat die Bundeswehr damit begonnen, sogenannte Kooperationsverträge mit den Bildungsministerien der Länder zu schließen. Darin werden Vorträge von Jugendoffizieren als sinnvolle Bereicherung des Unterrichts empfohlen. Rechtsverbindlichkeit für die Lehrer hat das zwar nicht, aber die politische Signalwirkung ist unverkennbar: Das Abkommen sei „hilfreich, um Hemmschwellen und Bedenken seitens der Schulleitungen abzubauen", und habe bereits zu einem Anstieg der Zahl der Schulbesuche geführt, freuten sich die Jugendoffiziere aus Nordrhein-Westfalen in einer ersten Bilanz.
Kriegspropaganda
Rechtlich gesehen hat Unterricht neutral zu erfolgen und muss kontroverse Positionen auch als solche darstellen. Manche Parteienvertreter (bevorzugt Grüne) ziehen daraus den Schluss, zusätzlich zu Jugendoffizieren auch Friedensbewegte einzuladen. Die meisten Friedenorganisationen lehnen einen solchen Deal allerdings ab, könnten sie das doch schon personell und materiell kaum stemmen. Außerdem würde ein gemeinsamer Auftritt mit Jugendoffizieren deren (falschen!) Status als „Experten" in Sachen Sicherheitspolitik bekräftigen. Dabei sind sie keineswegs Fachleute in dem Sinn, dass sie einen Gegenstand nach bestem Wissen und Gewissen darzustellen suchen. Das verrät schon ein Blick in ihre Arbeitsgrundlage: Das offizielle „Handbuch: Der Jugendoffizier" formuliert als Ziel, die „Zustimmung der Bevölkerung" zur Bundeswehr zu erhalten. „Jugendoffiziere sind Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr", heißt es weiter, außerdem „müssen sie sich immer an politische Grundsatzaussagen, Analysen und Hintergrundinformationen" des Verteidigungsministeriums halten. Für diese Art von Informationspolitik hält der militärische Sprachgebrauch ansonsten die Bezeichnung „psychologische Kriegsführung" bereit. Das ist keine pädagogisch wertvolle Bereicherung eines Unterrichts, sondern Militärpropaganda. Genauso gut könnte man den Pressesprecher des Energiekonzerns RWE als „Experten in Sachen Atomtechnologie" einladen: Alles sicher, bis aufs Restrisiko.
Während die Bundesregierung laut Aussagen gegenüber dem Parlament hofft, dass die Nachfrage nach Jugendoffizieren zunimmt, wächst die Kritik an dieser Form der militärpolitischen Indoktrination. Die Lehrergewerkschaft GEW, aber auch terre des hommes und etliche Schüler-/Leh-rer-Initiativen wenden sich dagegen, bereits Minderjährige fürs Militär zu begeistern. Am Berliner Robert-Blum-Gymnasium ist jetzt ganz Schluss.
Schafft viele solche Gymnasien!



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Tags: #FsaMitteilung #Schulfrei #Bundeswehr #Militaer #RobertBlum #Gymnasium #Wehrdienstberater #Kriegsdienst
Erstellt: 2011-04-29 08:11:18
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