5. Europäischer Datenschutztag in Berlin
Aktion Freiheit statt Angst hat auch in diesem Jahr wieder an der Veranstaltung zum 5. Europäischen Datenschutztag in Berlin teilgenommen.Ein wichtiges Thema war dabei die künftige EU-Richtlinie zum Datenschutz. Die Konsultationen zum Vorschlag der EU waren zum 15.1. beendet. Auch wir hatten eine Stellungnahme zu dem Papier der EU abgegeben. Auf der Veranstaltung haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder ihr Positionspapier verteilt und in der Diskussion dem Vertreter der EU Kommission vorgehalten.
Fast ein Streit entstand als der Vertreter der EU-Kommission die EU-Richtlinie für den Datenschutz als abschließend bezeichnete. Im Podium und auch bei den Teilnehmern aus der Versammlung wurde heftig Widerspruch geübt.
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Prof. Caspar verlangte, dass es auch im Bereich des Datenschutzes, wie es für Umweltfragen bereits geregelt ist, die Möglichkeit eines "Opting Up" gibt. Die Richtlinie muss nach oben offen sein, um lokal notwendige Erweiterung und länderspezifische Einzelregelungen festlegen zu können. Dies wird auch in unserem Papier von Aktion Freiheit statt Angst e.V. gefordert.
Prof. Roßnagel von der Universität Kassel wies in seinem Eingangsstatement darauf hin, dass der Datenschutz ständig hinter der technischen Entwicklung hinterher hinkt. Dies hat inzwischen zu über 1000 Vorschriften zum Datenschutz geführt. Es sollte eine radikaler Neuanfang unter Beachtung folgender Kriterien erfolgen:
- Privacy by Default
- Privacy by Design
- Datenschutz durch Bildung
- das zukünftige Internet of Things erfordert selbstlernende Systeme
- der (automatische) technische Datenschutz muss Kontrollen ersparen
- das alte Zweckbindungsprinzip muss technisch implementiert werden
Die Bundesjustizministerin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, kam wegen der namentlichen Abstimmung zum unsäglichen Afghanistan-Einsatz verspätet, blieb aber auch nach ihrer Stellungnahme den restlichen Tag in der Versammlung.
Sie sieht die Regierungskoalition beim Datenschutz erfolgreich und gestaltend. Sie wäre stolz, dass das Thema Datenschutz im Koalitionspapier drei Seiten einnimmt. Bedauerlicherweise hat Frau Leutheusser Schnarrenberger dann leider die missglückten Änderungen im Arbeitnehmerdatenschutz auch noch verteidigt.
Eine Vorratsdatenspeicherung möchte sie künftig nur noch anlassbezogen durchführen. Sie nannte dieses Konzept (unrichtigerweise) QuickFreeze. Leider besteht sie darin weiterhin auf einer 7 Tage-Speicherfrist für die Kommunikationsdaten bei den Provider. Sie hat die Hoffnung, dass die EU-Richtlinie in ähnlicher Form angepasst wird, die immer noch in sieben Staaten in Europa nicht umgesetzt wurde. Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, bestätigte, dass sich die EU Kommissarin V. Reding im Evaluationsprozess der Vorratsdaten-Richtlinie ebenfalls in Richtung der Ideen von Frau Leutheusser Schnarrenberger bewegt.
Ein anwesender Anwalt warnte in diesem Zusammenhang davor, dass die Bundesjustizministerin damit immer noch eine anlassfreie Vorratsdatenspeicherung von 82 Mio. Bundesbürgern beschließen würde, gegen die sofort wieder geklagt werden würde.
Andere Datenschutzexperten verwiesen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung in dem eine "Überwachungsgesamtrechnung" bei der Betrachtung der Belastung des Einzelnen gefordert wird. Zusammen mit der für die EU geplante Swift-Variante (Speicherung und Zugriff auf Bankdaten in der EU) und der EU Fluggastdatenbank (Speicherung und Zugriff auf unzählige zum Teil sehr persönliche Daten von Flugpassagieren in der EU) kann das Bundesverfassungsgericht leicht wieder zu der Auffassung kommen, dass die "Überwachungsgesamtbelastung" des einzelnen Bürgers damit sehr wohl überschritten wird.
Die Vertreterin der Verbraucherzentrale, Cornelia Tausch, beklagte im Namen der Verbraucher die geheime Sammlung von Benutzerdaten durch Firmen im Internet. Einwilligungserklärungen und AGBs sind für den Nutzer in der Regel völlig intransparent. Weiterhin forderte auch sie ein "Recht auf Vergessen".
Dieses "Recht auf Vergessen" muss durch die Technik realisierbar sein. Viele Teilnehmer sähen in der "Menschwerdung" der Technik einen großen Fortschritt, da das Vergessen auch für den Menschen zu den großen Leistungen des Gehirns zählt.
Als Beispiele für die Forderung nach "Vergessen" zählen Daten über Privatinsolvenzen, Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren u.v.m. Auch auf dieses "Recht auf Vergessen" hat Aktion Freiheit statt Angst im Statement zur EU Datenschutz-Richtlinie sehr großen Wert gelegt.
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Erstellt: 2011-01-30 13:10:59 Aufrufe: 7601
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