18.12.2010: DAV: EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung muss evaluiert werden!
In einer Pressemitteilung vom 15.12.2010 hat sich der Deutsche Anwaltverein gegen die Vorratsdatenspeicherung und für eine wirkliche Evaluierung der zugehörigen EU Richtlinie ausgesprochen.Berlin (DAV). Der Bundestag debattiert am Donnerstag über die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten. Anlass gibt ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Darin fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für die Abschaffung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Auch der DAV hat die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung von Anfang an als einen unverhältnismäßigen und damit verfassungswidrigen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kritisiert. Durch die anlasslose Speicherung aller Telefon-, E-Mail- und Internet-Verkehrsdaten für ein halbes Jahr wird das gesamte Telekommunikationsverhalten aller Bundesbürger erfasst. Mit diesen Daten ist es unter anderem möglich, weitreichende Sozial- und Bewegungsprofile zu erstellen. Die in der freiheitlichen Gesellschaft unabdingbare unbefangene Kommunikation wird dadurch erheblich beeinträchtigt. Der DAV fordert die Änderung der EU-Richtlinie.
„Denn – ungeachtet aller Sicherheitsauflagen und Zugriffsbeschränkungen – die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen das strikte nationale Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat, ohne dass ein konkreter Anlass vorliegt“, sagt Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident. Millionen von Menschen seien betroffen, die sich überhaupt nicht verdächtig gemacht haben. Auch wenn eine anlasslose Speicherung unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht formulierten Vorgaben verfassungsrechtlich theoretisch möglich wäre, sollte darauf verzichtet werden.
„Die für eine freiheitliche Gesellschaft unabdingbare unbefangene Kommunikation würde erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden“, sagt Ewer weiter. Zumal es auch fraglich sei, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit Inkrafttreten der verbindlichen EU-Grundrechtecharta im Dezember 2009 überhaupt noch Bestand hat. Dermaßen einschneidende Maßnahmen seien nach europäischem Recht nur dann verhältnismäßig, wenn belegt werden könne, dass sie zwingend notwendig und alternativlos seien. Dazu sei bislang aber nichts vorgetragen worden. Schließlich kommen Länder auch ohne die Vorratsdatenspeicherung aus.
Der DAV fordert den Gesetzgeber jetzt auf, die EU-Richtlinie kritisch zu hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen. „Es ist richtig, wenn die deutsche Politik den für Anfang 2011 angekündigten Evaluierungsbericht der EU-Kommission abwartet, bevor sie selber aktiv wird und Konzepte auf nationaler Ebene vorlegt“, so Ewer weiter.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im März 2010 das deutsche Umsetzungsgesetz für verfassungswidrig und dementsprechend für nichtig erklärt.
Pressemitteilung vom 15.12.2010
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Erstellt: 2010-12-18 08:24:23 Aufrufe: 3516
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