Die Berliner Zeitung meldet in Ihrer Ausgabe vom 19.02.2010{footnote}Berliner Zeitung: Ämter dürfen Daten von Eltern prüfen (19.02.2010){/footnote} das die flächendeckende Einführung der Schülerdatei in Berlin von der Senatsverwaltung verschoben wurde.
Die "Aktion Freiheit statt Angst e.V.", einer der Mitbegründer des Bündnis gegen die Schülerdatei{footnote}Bündnis gegen die Schülerdatei{/footnote}, begrüßt diesen Schritt, bedauert aber Gleichzeitig die weiter vorherrschende mangelnde Sensibilität gegen über Datenschutz und Datensicherheit.
Lotar Küpper, Sprecher der Arbeitsgruppe Schülerdatei im Verein erläutert:
"Die Praxis, das Eltern bei der Anmeldung Ihrer Kinder in einer neuen Schule Ihren Mietvertrag, ja sogar Ihre Strom bzw. Wasserrechnung vorzulegen hatten, hat sich in den letzten Jahren ohne jede gesetzliche Grundlage eingebürgert. Ziel war es sogenannte "Doppelanmeldungen" zu verhindern, was Eltern in Berlin per se nicht gestattet ist. Nun soll diese unsägliche Praxis, welche klar gegen jeden Datenschutz verstößt, weiter betrieben werden. Dies ist für uns ein unhaltbarer Zustand und wir empfehlen betroffene Eltern die Sachlage gerichtlich prüfen zu lassen und die Vorlage des Mietvertrages zu verweigern."
Tatsächlich warnte die "Aktion Freiheit statt Angst e.V." direkt nach der gesetzlichen Einführung der Schülerdatei in einer Stellungnahme{footnote}Stellungnahme des "Bündnisses gegen die Schülerdatei" zur geplanten Einführung einer Schülerdatei für Berlin (19.01.09){/footnote} vor den Risiken eines derartigen Projekts.
Diese haben sich laut des Artikels der Berliner Zeitung nun eingestellt:
Bei dem derzeit an 93 Schulen laufenden Pilotprojekt habe sich gezeigt, dass ein Drittel dieser Schulen nicht über geeignete Anschlüsse oder hinreichend geschützte Räume für Computer und Server verfügt. Der zuständige Abteilungsleiter Peter Radermacher räumte ein, dass es noch keine Risikoanalyse und kein Sicherheitskonzept für die zentrale Schülerdatei gebe. So sei zum Beispiel unklar, auf welche Weise Schulsekretärinnen individuelle Daten eingeben sollen.
Für das Aktionsbündnis diese Entwicklung nicht ganz überraschend. Dr. Jürgen Zöllner, Berlins Bildungssenator und treibende Kraft hinter dem Projekt Schülerdatei, benötigte nicht einmal 3 Monate von der ersten Gesetzesinitative bis zum Beschuss durch das Abgeordnetenhaus. Berlins Datenschutzbeauftragter Dr. Alexander Dix bemängelte in seiner Stellungnahme{footnote}Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion „Gesetz zur automatisierten Schülerdatei" (Drs 16/1931){/footnote} schon seinerzeit die intransparente Konzeption und warnte bereits nachdrücklich vor den Gefahren mangelnden Datenschutzes.
Lotar Küpper erklärt hierzu:
"Man darf mit Fug und Recht behaupten, das das Gesetz zu automatisierten Schülerdatei "mit heißer Nadel gestrickt wurde". Leider verfolgt die Senatsschulverwaltung auch weiter ihre intransparente Informationspolitik und bindet, wie schon bei der Gesetzesinitiative, die bestehenden Elterngremien (Landesschulbeirat etc.) nicht aktiv mit ein. Selbst dieses, der Senatsverwaltung gesetzlich verankert "beratend" zur Seite stehende Gremium, wird eher durch Zufall durch die Presse, als durch direkte Ansprache informiert."
Weiter erklärt der Sprecher der AG Schülerdatei:
Die "Aktion Freiheit statt Angst e.V." hatte ehedem einen "Runden Tisch Schülerdatei" aus der Taufe gehoben, welcher sehr effizient und auf Basis verschiedenster Meinungsbilder ganzheitliche Konzepte erarbeitete. Dies geschah zugegeben, um die Schülerdatei in Berlin zu verhindern. Wenn dieses Ziel auch nicht erreicht wurde, konnten wir doch die zentrale Speicherung und eine Pseudonymisierung sogenannter Sozialdaten erreichen. Ein neuerlicher Runder Tisch könnte nunmehr sowohl einer vertrauensvollen Einführung der Schülerdatei, als auch einer Einbindung interessierter Bürgerinnen und Bürger "zuarbeiten".
"Aktion Freiheit statt Angst e.V." fordert Bildungssenator Zöllner nunmehr auf, die weitere Umsetzung der Berliner Schülerdatei auszusetzen und die erneute Einrichtung eines Runden Tisch "Schülerdatei" zuzustimmen, zu dem alle interessierten Gremien und Interessengruppen eingeladen werden. Die "Aktion Freiheit statt Angst e.V." könnte hierzu erfahrene Mediatoren empfehlen, welche die zum Teil konträren Interessen und Meinungsbilder kompetent herausarbeiten und die konstruktive Arbeit des "Runden Tisch Schülerdatei" begleiten.
In eigener Sache:
Die Arbeitsgruppe Schülerdatei von "Aktion Freiheit statt Angst e.V." trifft sich jeden 2. Dienstag eines Monats um 19:30 im:
Café COOP
Rochstr. 3
10178 Berlin - Mitte
Nächster Termin: 09.03.2010
Interessierte Menschen sind herzlich eingeladen!
Kommentar: RE: 20100304 Bürgerrechtsorganisation begrüßt die Verschiebung der Schülerdatei in Berlin und fordert wiederholt ein Moratorium
Wahnsinn ohne Ende! Das Moratorium wurde aufgehoben - 22 Mio. Euro wurden ausgegeben. Das Ergebnis war, das sich jede Schule irgendwas angeschafft hatte, was mit nichts kompatibel war und man schrieb das Jahr 2012.
Dann kam ein neues Projekt - das elektronische Klassenbuch. Diesmal wollte man auf Kompatibilität achten. Es sollten Tablett-Computer an alle (am Projekt beteiligten) Lehrer verteilt werden und die Software war vorgegeben. Ziel war unter anderem die Kooperation der Schulen mit der Justiz bei "Problemkindern". Wieder wird die Schulschwänzerkeule für ein pädagogisches Projekt missbraucht.
Juni 2014: Alles gescheitert! Wieder wurden, diesmal 30 Millionen Euro verprasst. Nichts passt zusammen und von flächendeckender Verbreitung der neuen Technik ist man (glücklicherweise) weit entfernt. Der Senat plant nun einen neuen Anlauf, "um wenigstens die Schulen ohne Internetanschluß zu vernetzen". Solche Schulen gibt es auch 2014 noch!
Was hätte man mit den zusammen 50 Mio Euro in den Berliner Schulen wirklich an Verbesserungen bewirken können ...
Michael, 05.06.2014 11:41
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Erstellt: 2010-03-04 07:37:16 Aufrufe: 10242
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